Seite:Die Gartenlaube (1897) 593.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

so ziemlich gleich aussehen. Bald sind sie etwas länger oder kürzer, bald breiter oder schmäler. Um dieses festzustellen, braucht man nicht erst aus allen Weltgegenden Fische aufzusammeln und ganze Stöße von Büchern durchzustudieren.“

Da ich unter derartigen Fragen schon oft gelitten habe, so riß mir die Geduld, und unwillkürlich „platzten heraus auch mir die geheimsten Gedanken.“

„Mein Herr“, so rief ich aus, „Sie kennen die Fische wohl nur geräuchert oder gebraten und

Datei:Die Gartenlaube (1897) b 593.jpg

Knurrhahn.
Flughahn und Seeschwalbe.
Auf Bäume kletternde Schlammspringer.

schwimmen haben Sie dieselben wohl nur in der Suppe gesehen, sonst würden Sie nicht so reden.“

Die Gliedmaßen zeigen bei den Fischen größere Verschiedenheiten als bei anderen Tierarten, da sie den verschiedenartigen Zwecken dienen müssen.

Die Fische benutzen ihre Flossen keineswegs ausschließlich zum Schwimmen, sondern häufig sind sie gezwungen, mit Hilfe der Flossen sich zwischen Schilf und Schlingpflanzen hindurchzuarbeiten oder am Boden der Gewässer vorwärts zu schieben. Bei einer Fischart des Mittelmeeres, dem Knurrhahne (Trigla), sind sogar zu diesem Zwecke die drei vorderen Strahlen von dem übrigen Teile der Brustflossen abgetrennt und so gestellt, daß sie ihrer Form nach an die Beine einer Spinne erinnern. Man kann es oft im Aquarium beobachten wie der Knurrhahn mit diesen beinartigen Flossenstrahlen am Boden eines Behälters dahinkriecht (vergl. die nebenstehende Abbildung).

In ähnlicher Weise benutzt wohl auch unser Seeskorpion (cottus scorpius) die drei stacheligen Strahlen seiner Bauchflossen, die ja zum Schwimmen ganz ungeeignet sind. Die Fischer der baltischen Badeorte nennen diese Strahlen geradezu „die Beine“ des Fisches. Man braucht sie nur nach dem Seebullen (lettisch juhras bullis) zu fragen, so zeigen sie ihn auf seinen „Beinen“ stehend gern als eine Besonderheit des Strandes.

Einige brasilianische Welse verlassen ihre Teiche, wenn diese austrocknen, und wandern meilenweit über trockenes Land, auf die Stacheln ihrer Brustflossen gestützt, nach anderen wasserhaltigen Becken. Sie erreichen hierbei die Geschwindigkeit eines gemächlich dahinschreitenden Mannes. Der nebenstehend abgebildete Schlammspringer (Periophthalmus Koelreutheri) in Loango huscht eidechsenartig mit seinen breiten Brustflossen am Meeresufer und an Bäumen so geschwind dahin, daß er schwer zu fangen ist.

Doch nicht allein zu Wasser und zu Land, auch durch die Luft bewegen sich einige Fische mit Hilfe ihrer Flossen. Die sogenannten fliegenden Fische schnellen aus dem Meere empor und schießen bis 400 Meter weit durch die Luft indem sie ihre großen Brustflossen gleich Fallschirmen aufspannen. Die Seeschwalbe (Exocoetus volitans) legt eine Strecke von 200 bis 400 m durch die Luft zurück, während der Flughahn nach Brehm nur 100 bis 200 m durch die Luft schießt (vergl. die obenstehenden Bilder.) Aber die Flossen sind nicht bloß Bewegungsorgane, sie werden auch oft von den Fischen zum dauernden Festhalten an den verschiedenartigsten Gegenständen benutzt. Der Schlammspringer klammert sich mit seinen breiten Brustflossen an die Zweige der erkletterten Bäume und ist imstande, durch die Kraft der Brustmuskeln seine Körperlast zu tragen. Da aber häufig die Muskelkraft nicht ausreichen würde, um im reißenden Strome oder in der brandenden Flut dauernd einen Fisch in der eingenommenen Stellung zu erhalten, so findet man bisweilen die Flossen zu Haftscheiben umgewandelt, welche den Fisch befähigen, nach Art eines Schröpfkopfes dauernd an Schiffen, Steinen und anderen Gegenständen zu haften. Ich erinnere nur an die Schiffshalter (Echeneis remora).

Einige Welse Indiens besitzen derartige Haftscheiben als Hautfalten am Bauche, unabhängig von den Flossen entwickelt. Bei diesen Welsen wird die Thätigkeit der Haftscheiben von den kräftigen Stacheln der Brustflossen unterstützt, mit denen sie sich zwischen den Steinen der reißenden Gebirgsströme feststellen. Auch das Einhorn (siehe S. 592), ein Fisch des Roten Meeres, benutzt seinen Rückenstachel in ähnlicher Weise.

Die Hauptbestimmung der Stacheln wird aber wohl die von Schutzorganen sein. Hierfür spricht schon der Umstand, daß es

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 593. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_593.jpg&oldid=- (Version vom 22.12.2016)