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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

Erster Textabschnitt: ( gemeinfrei ab 2025)




Wildbad.
Von A. Freihofer.0 Mit Abbildungen.


„Ins Wildbad will er reiten, wo heiß ein Quell entspringt,
Der Sieche heilt und kräftigt, der Greise wieder jüngt.

Unter den Wildbädern des Kontinents ist eines „das Wildbad“ schlechthin, das weltberühmte im württembergischen Schwarzwald, im grünen Thal der Enz, inmitten frischer Matten und dunkler Tannenwälder. Ist auch das Städtchen klein und nicht an der breiten Heerstraße des modernen Verkehrs gelegen, so ist Wildbad doch ein Weltbad ersten Ranges; unter den etwa zehntausend Badegästen, die es jährlich besuchen, fehlt es nie an fürstlichen Häuptern, berühmten Staatsmännern, Kriegs- und Geisteshelden, wie an Krösussen der Alten und Neuen Welt. Da man aber nach Wildbad kommt, um ernstliche Leiden zu heilen, so fehlt auch der bescheidene Badegast nicht und den Armen und Aermsten ist von der württembergischen Regierung eine Stätte bereitet, wo sie in Wahrheit die Sorgen draußen lassen können.

Wildbad ist ein königliches Bad, es steht unter staatlicher Verwaltung, seine Bauten und Einrichtungen werden aus staatlichen Mitteln bestritten. Dank dem fortschrittlichen Geist, der in Schwaben Regierung und Volk beseelt, wird hier nicht gekargt: das Wildbad steht auf der Höhe der Zeit, vor allem in seinen Badeeinrichtungen und allem, was sonst den Heilzwecken zu dienen hat, aber auch in dem Komfort, ohne den heutzutage ein königliches Bad, in welchem Könige absteigen, nicht gedacht werden kann. Das ist freilich erst seit wenigen Jahrzehnten so, und doch ist Wildbad auch in vergangenen Zeiten eines der vornehmsten unter den Bädern gewesen.

Dem Volksmund ist Wildbad geläufig durch dichterische Verherrlichung. Ludwig Uhlands Ballade vom „Ueberfall im Wildbad“, der unser Leitvers entnommen ist, kennt man soweit die deutsche Zunge klingt. Dieses Lied vermittelt uns auch die älteste Kunde von dem Bade. In den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung, als Süddeutschland unter Römerherrschaft seine erste Kulturblüte erlebte und das benachbarte Baden-Baden den Luxus der Alten Welt sah, war unser Wildbad eine unentdeckte Wildnis. Aber vielleicht damals schon war alemannischen Jägern, die in diesem herrlichen Waldrevier pirschten, der heilreiche Quell

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 540. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_540.jpg&oldid=- (Version vom 30.8.2023)