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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

Triumphzuge, der Teilnehmer wie Zuschauer in gleichem Maße befriedigte. Tücher wehten aus allen Fenstern, zarte Hände ließen einen Regen duftiger Blumenspenden herabgleiten, und an gar vielen Punkten wurden den Festteilnehmern reellere Genüsse zur Stärkung und Erquickung kredenzt.

Die Landsknechtswache am Waffenplatz des Frauenthores.

Feuerwehr und Turner, Herolde zu Pferd, das Fähnlein Landsknechte, das tags vorher am Frauentor so treu gewacht, Zieler, Pritschenmeister und Preisfahnenträger, alle in altdeutscher Tracht, eröffneten den Zug, der über ein Dutzend Musikkorps mit sich führte. Dann kamen die Gäste aus dem Ausland, namentlich Nordamerikaner, unter welchen die New Yorker Independent-Schützen besonders zahlreich vertreten waren, und Schweizer, die freundlichst begrüßt wurden. Lebhafte Begrüßung ward auch den österreichischen, speziell den Tiroler Schützen zu teil, die aber nicht eigentlich zu den Gästen gerechnet wurden; sie sind Fleisch und Blut von unserem Fleisch und Blute; es war auch, als wollte jeder einzelne den österreichischen Schützen beweisen, mit welcher Teilnahme die Deutschen im Reiche die Kämpfe verfolgen, die sie ausfechten müssen, um ihre Nationalität zu bewahren. Und nun kamen die Schützen der letzten Feststadt, die Mainzer, begleitet von Herolden und Marschällen und der Musik in mittelalterlicher, malerischer bunter Tracht. Sodann aus stolzem, vom Direktor C. Hammer entworfenen Prachtwagen Frau Germania mit dem Bundesbanner, geleitet von den Nürnberger Schützen, denen die Vorstandschaft des deutschen Schützenbundes und des Gesamtausschusses folgte. Ein prächtiges Bild war es, als Schützenmeister Heerdt-Mainz an der Tribüne, die auf dem großen malerischen Marktplatze Nürnbergs aufgeschlagen war, das Bundesbanner der Feststadt übergab und namens derselben Bürgermeister Dr. von Schuh versprach, dieses Kleinod, ein Symbol deutscher Zusammengehörigkeit und Brüderlichkeit, deutscher Energie und Kraft, getreulich zu behüten und zu bewahren. Brausender Jubel erfüllte die Lüfte bei dem Hoch auf den Deutschen Schützenbund. Die Scene ist der Gegenstand der Hauptillustration Seite 529.

So hübsch der Zug der Schützen mit den fliegenden, oft altehrwürdigen Bannern sich ausnahm, so hatte man es doch für notwendig gefunden, denselben durch eingefügte historische Gruppen zu beleben. Die erste führte in die Zeit Barbarossas, des Kaisers, welcher der Stadt Nürnberg zur Reichsfreiheit verhalf. In reichem Schmuck hoch zu Roß, begleitet von Fürsten und Edelleuten, Gesandten der lombardischen Städte und aller Nationen, zog die imponierende Gestalt mit dem mächtigen roten Barte dahin. Kreuzfahrer zu Pferde, Krieger zu Fuß und Troßknechte folgten dem Oberhaupte des Reiches. Viel bewundert ward Frau Minne auf einem von Minnesängern, Spielleuten und sonstigem fahrenden Volke umgebenen Wagen, auf dem Siegfried das Drachenungeheuer erlegt.

In den malerischen Straßen Nürnbergs, die in einem Schmuck prangten, wie er anderwärts kaum wieder vorkommt, bot diese Gruppe ebenso wie die beiden folgenden ein ungemein farbenschönes anziehendes Bild, auf dem Staffage und Hintergrund so vorzüglich zusammengepaßt waren, daß sie in eins verschmolzen.

Vom Festplatz: Festhalle und Gabentempel.

Riesigen Beifall errang sich sodann der Einzug Kaiser Maximilians I., der so oft in Nürnberg geweilt, in seine und des Reichs allzeit getreue Stadt, eine sehr dankbare Darstellung, da sie in Nürnbergs höchste Blütezeit fällt. Ein großer Teil des Zuges war dem Dürerschen, von Kaiser Maximilian veranlaßten Triumphzuge nachgebildet, der ja das Großartigste ist, was es in dieser Beziehung giebt. Nicht nur Ritter und Reisige, Patrizier und der Rat, Feuer- und Armbrustschützen geleiten den Kaiser, der unter einem Baldachin reitet, und die anmutig lieblichen Damen in dem prächtigen Reisewagen – wir verweisen auf die Abbildung Seite 526 auch die Kaufmannschaft mit den Handelsherren zu Fuß und zu Pferd, mit allegorischem Wagen, mit altem Frachtwagen, dem Geleite und den

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 525. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_525.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2021)