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verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

Hilfsmittel der modernen Imkerei nicht bedienen. Das giebt sich sogar schon äußerlich zu erkennen, denn die Bienenstände der Neuzeit schauen der Hauptsache nach anders aus als die bisher vorgeführten.

Bienenzucht im Schwarzwald.

Sehen wir uns nun einmal einen solchen an, z.B. den eines deutschen Berufsimkers (S. 478), der lediglich von den Erträgen seiner Zucht lebt. Er hat vielleicht, wie das so häufig der Fall ist, vor Jahren mit den vom Vater ererbten Strohstülpern angefangen zu imkern und ist dann zum neuen Betriebe in modernen Bienenwohnungen übergegangen. Dabei hat er alles versucht, wovon er sich für seine Zucht Erfolg versprach, und das Bewährte beibehalten. So finden wir die besten Bienenwohnungen der Gegenwart auf seinem Stande in eleganten Pavillons, in hübsch zusammengestellten Kastenstapeln und neuen und alten Bienenhäusern vertreten. Auch der alte Erbstülper fehlt nicht, da ihn der moderne Imker, wenn auch weniger zur Honiggewinnung, so doch zu Betriebszwecken, sehr gut verwenden kann. Die Mehrzahl der deutschen Berufsimker befaßt sich nämlich nicht ausschließlich mit der Gewinnung von Honig und Wachs, viele fertigen in der Zeit, wo sie mit ihren Bienen so gut wie gar nichts zu thun haben, wie in den Monaten Oktober bis Februar und auch wohl weiter hinaus, Bienenwohnungen und Bienenwirtschaftsgeräte zum Verkauf, handeln mit guten überwinterten Zuchtstöcken und in der Schwarmzeit, im Juni, mit Bienenschwärmen, die gerade reichlich von den runden Strohstülpern erfolgen.

Betreten wir einen so großen Bienenstand, wie den auf unserer Illustration dargestellten, zu einer Zeit, wo die Nektarquellen der Blüten reichlich fließen, so müssen wir uns über die ungemeine Regsamkeit der kleinen Honigvögel wundern. Rastlos, mit fröhlichem Gesumme, ein Bild regsten Fleißes, arbeiten sie auf solch einem Musterstande. In Gärten, Wiesen, Feld und Wald haben sich Millionen von Blütenkelchen geöffnet, die fortwährend von den Bienen besucht werden. Schwer beladen kehren sie mit dem kostbaren Nektar, der ohne sie nutzlos verkommen müßte, in ihre Behausungen heim. Und wie dankbar sind sie für die süße, gespendete Gabe, indem sie bei ihren Besuchen die Blüten durch die Uebertragung des Blütenstaubes befruchten. Sie bewirken dadurch eine bessere Frucht- und Samenernte, ja bei einzelnen Gewächsen sind sie es allein, welche die Befruchtung der Blüten bewerkstelligen. Zu dieser Zeit hat der moderne Imker erst recht alle Hände voll zu thun. Dabei ist er aber insofern in großem Vorteil gegen den Imker alter Schule, als er sich die drei bedeutendsten Hilfsmittel der neueren Bienenzucht zu nutze machen kann. Als erstes unter ihnen ist die Wohnung mit beweglichem Bienenbau zu nennen, der der Imker, ohne Bienen und Bau zu schädigen, zu jeder Zeit die Wachstafeln entnehmen und wieder einfügen kann; das zweite Hilfsmittel ist die sogenannte Honigschleuder, eine Centrifugalmaschine, welche den Honig aus den Wachszellen schleudert, und das dritte die Kunstwabe, d. h. der künstlich hergestellte Bienenbau.

Wanderbienenstand in der Lüneburger Heide.

So sehen wir denn auch den Imker auf unserer Illustration S. 478 gar emsig damit beschäftigt, wie er honiggefüllte Rähmchen, die er soeben den Bienenstöcken entnommen hat, in die Honigschleuder schiebt. Ein paar Umdrehungen der Kurbel derselben genügen, den Honig auszuwerfen, der nun so rein und klar, wie er aus den Blüten gekommen ist, ohne irgend welche Beimischungen von Blumenmehl und Wachsteilchen, in ein untergesetztes Honiggefäß fließt. Das Wachswerk bleibt in den Rähmchen unbeschädigt und wandert mit diesen entweder nach zwei- oder mehrmaligem Ausschleudern in die Bienenstöcke zurück oder am Ende der Saison zum Gebrauche für nächstes Jahr in den Wabenschrank. Wir sehen den letzteren oberhalb der Honigschleuder neben dem langen Gazebeutel, der zum Auffangen der Schwärme dient, offen stehen und wohl gefüllt. Nicht selten schleudert der Imker der neuen Schule einem einzigen Bienenvolke 5 bis 20, ja in Ausnahmefällen wohl gar 50 Kilo Honig aus. So leicht wird ihm jedoch die Honiggewinnung aus dem im Vordergrunde offen stehenden runden Lüneburger Stülper nicht. Da hat er, wie der Heidimker, erst die Bienen zu töten, die honiggefüllten Wachswaben stückweise loszubrechen, zu zerquetschen und den Honig auszupressen. Das ganze Wachsgebäude wird vernichtet und muß bei einer Neubevölkerung des Korbes mit Bienen von diesen selbst neu gebaut werden. Das gestaltet sich alles ganz anders und vorteilhafter bei den Stöcken mit dem beweglichen Bau. Unter Benutzung der Vorräte seines Wabenschrankes, der leeren Wachswaben, füllt unser Imker seine Stöcke, sobald die Bienen anfangen, fleißig Honig einzutragen. Diese ersparen dabei die Zeit, die das Bauen der neuen Zellen erfordert. Viel Honig wird aber auch dabei verbaut. Denn um ein Pfund Wachs zu schwitzen, verbrauchen die Bienen 6 bis 20 Pfund Honig. Der leere Wachsbau ist daher von höchstem Werte.

Diese Erfahrung hat zur Erfindung der sogenannten Kunstwabe geführt, d. h. zu künstlich hergestelltem Bienenbau aus Wachs. Man erfand Guß- und Preßmaschinen zu dem Zwecke. Mit den ersteren, z.B. der Rietscheschen Gußform, kann sich jeder seine Kunstwaben selbst anfertigen. Die Preßmaschinen, sogenannte Walzwerke, werden von den Kunstwaben-Fabrikanten zur Massenanfertigung der Kunstwaben benutzt, denn der Verbrauch der letzteren ist ganz außerordentlich groß. Einer

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verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1897, Seite 477. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_477.jpg&oldid=- (Version vom 7.7.2023)