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verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

Jacobsen, geboren in Möckmark bei Sörup, später Hufner in Sanftrup, jetzt Rentner in Norderbrarup. Jacobsen ist noch immer der Mittelpunkt des ganzen Werkes, unablässig und mit rührendem Eifer ist er bemüht, dasselbe stetig zu vervollkommnen. Alljährlich am 27. Dezember, dem Geburtstage seiner heimgegangenen Tochter, vereinigt er eine Anzahl Vertreter aus denjenigen Gemeinden um sich, die sich im Besitze einer „Spende“ befinden. Da wird dann Bericht erstattet über den Gebrauch, der von den einzelnen Geräten im verflossenen Jahre gemacht worden, es werden die gemachten Erfahrungen ausgetauscht und Maßnahmen und Vorschläge beraten, die der weiteren Förderung des Werkes dienen können. Ueberall empfindet man die Veranstaltung als eine wahre Wohlthat. In einem uns vorliegenden Schreiben aus Angeln heißt es: „Unendlich viel Dank wird sicherlich dem Wohlthäter seitens der Leidenden auf stillem Schmerzenslager gezollt, doch entzieht sich dieser Dank wohl meist der öffentlichen Kenntnis.

Ist die Idee der „Margarethenspende“ nicht eine solche, welche in jeder Gemeinde unseres Vaterlandes in der einen oder anderen Weise Verwirklichung finden sollte? Wir wenden uns an Behörden wie an Private, um sie zu ähnlichem Wirken zu veranlassen. In erster Linie richtet sich unsere Aufforderung an gemeinnützig denkende und schaffensbereite Männer und Frauen! Männer und Frauen sagen wir, es will uns bedünken, als ob hier eine herrliche Aufgabe vorläge, der sich vor allem unsere Frauen, einzeln oder in Vereinen, mit freudigem Eifer widmen sollten!



Blätter und Blüten.

Deutsche Schüler- und Studentenherbergen. Im Jahre 1884 gründeten einige Menschenfreunde für die Schüler höherer Lehranstalten, also Gymnasiasten, Realschüler, Seminaristen usw., welche man in Oesterreich kurzweg Studenten nennt, zu Hohenelbe in Böhmen die erste deutsche Studentenherberge. Diese Einrichtung verfolgte den Zweck, Schülern, die Ferienausflüge machen, geeignete Unterkunft und Verpflegung zu bieten. Der erste Versuch fand eine überaus beifällige Aufnahme, und bald öffneten mehr solcher Herbergen in Oesterreich und später auch in Deutschland ihre gastlichen Thore. Heute finden wir sie in den Sudeten, im Glatzer, Riesen-, Jeschken- und Isergebirge, ferner im nördlichen Böhmen und Mittelgebirge, in der Böhmischen Schweiz, endlich im Lausitzer, im Erzgebirge und im Böhmerwald.

Diese Herbergen werden von den betreffenden Gebirgsvereinen, von Gemeinden und Privatleuten unterhalten und stehen unter der Centralleitung in Hohenelbe, die seit Anbeginn in den Händen von Guido Rotter liegt und der in Prosper Piette in Marschendorf ein hochherziger Förderer der ganzen Sache zur Seite steht. Sie sind teils in Gasthöfen, teils, wo es irgend angeht, in Schul-, Gemeinde- oder Privathäusern untergebracht. Ihre Ausstattung ist einfach, aber zweckentsprechend. Sie enthalten neben Bett- und Waschgerät einen Tisch mit Schreibzeug und ein paar Stühle. Jeder Schüler höherer Lehranstalten, der das 16. Lebensjahr überschritten hat, kann durch Vermittlung des Direktors seiner Schule sich eine Legitimationskarte aus Hohenelbe erbitten. Diese berechtigt ihn während der Ferienzeit zur Benutzung der Herbergen, die ihm einmal auf der Hinreise und einmal auf der Rückreise unentgeltliches Unterkommen für die Nacht gewähren. In vielen derselben wird auch das Frühstück, ja sogar das Abendbrot teils kostenlos, teils zu ermäßigten Preisen verabreicht. Ferner sind in den betreffenden Ortschaften Auskunftsstellen errichtet, an denen die jungen Leutchen von zuverlässiger Seite mit Rat und That unterstützt werden. Reisehandbücher, Landkarten und Liederbücher, die wohl hier und da auch in den Herbergen zu finden sind, bieten geistige Nahrung und sorgen für das weitere Fortkommen des frohgemuten Wanderers.

Die Herbergen haben in vergangenem Jahre, in dem sich ihre Anzahl auf 103 (mit 480 Betten und 45 Notlagern) belief, den Angehörigen sowohl von Hoch- wie Mittelschulen Deutschlands und Oesterreichs in 6246 Fällen Unterkunft gewährt.

Und aus welchen Erwägungen heraus hat man nun wohl die Gründung dieser Herbergen unternommen? Etwa um der Unterstützung Unbemittelter willen? Durchaus nicht. Gerade diese Auslegung sollte peinlichst vermieden werden. Die Frage, ob arm, ob reich, wird nicht gestellt. Jeder hat die gleichen Rechte. Aber der Sinn für Gastfreundschaft soll in die jungen Gemüter eingepflanzt, Mut und Selbstvertrauen sollen gestärkt werden, die dem künftigen Manne, der auf eigenen Füßen stehen muß, nicht fehlen dürfen. Und nicht allein das, auch die Liebe für die Natur, die Schönheiten des eigenen Vaterlandes sowie anderer Länder soll erweckt und damit nicht nur der friedliche Verkehr mit den Nachbarn gepflegt, sondern auch das Deutschtum gefestigt oder, wo es abhanden gekommen ist, wieder aufgerichtet werden.

Und darum wäre es zu wünschen, daß die von unseren deutschen Brüdern in Böhmen ins Leben gerufene menschenfreundliche Institution, die sich nun schon seit 13 Jahren so trefflich bewährt hat, mehr und mehr bekannt würde und allüberall Nachahmung fände.

Der Deutsch-Oesterreichische Alpenverein hat im Jahre 1889 in seinem Wirkungskreis eine ähnliche Einrichtung getroffen und der Harzklub will heuer in dem seinen die ersten Versuche anstellen. Dort wurde in Bad Sachsa am Südharz die erste Schülerherberge eröffnet, in welcher zu sehr mäßigen Preisen gute Unterkunft und Verpflegung gewährt wird. Möchten noch recht viele andere dem schönen Beispiele folgen!

Die heimlichen Raucherinnen. (Zu dem Bilde S. 393) Der Künstler führt uns in die Räume von Versailles zur Zeit, wo das Regiment der gestrengen Maintenon die ehemalige Lebenslust unterdrückt und die früheren glanz- und geräuschvollen Vergnügungen der Hofgesellschaft gewaltsam beschnitten hatte, freilich ohne hiermit die leichtsinnigen Herzöge und Prinzessinnen zu dem gewünschten Lebenswandel zu bekehren. Sogar Ludwigs XIV. gutmütiger und beschränkter Sohn Louis, der erste in der langen Reihe der französischen Dauphins, welche seither den Thron des Vaters nicht mehr bestiegen, wußte sich in dem hübschen Schloß Choisy mit Freunden und Freundinnen über die klösterliche Stille von Versailles zu trösten. Reiten, Jagen, Tanzen, Fechten und das neue, von der guten Sitte schwer verpönte Tabakrauchen wurden dort aufs lustigste betrieben. Daß auch zarte Damenlippen die im Anfang allein üblichen holländischen Thonpfeifchen nicht verschmähten, zeigt unser Bild. Zwei junge Prinzeßchen haben sie von Choisy mitgebracht und begehen nun die unerhörte Frevelthat, dieselben nach glücklich überwundenem Galaempfang abends in ihren Gemächern anzustecken. Ein gemütliches Plauderstündchen soll sie noch für den langweiligen Zwang des Tages entschädigen. Aber der wachehabende Diener scheint demselben Bedürfnis zum Opfer gefallen zu sein. Die Vorsaalthüre öffnet sich unbemerkt, und herein tritt, angezogen von dem merkwürdigen Duft – glücklicherweise nicht der „Sonnenkönig“ selbst, noch die strenge Maintenon, sondern der Dauphin, dessen gutmütiges Gesicht zwischen dem Schrecken über solche Tollkühnheit und dem Lachen kämpft. Sehr schlimm wird es also den beiden hübschen Sünderinnen nicht ergehen, und eine kleine Angst als Strafe für ihr keckes Unternehmen kann ihnen auf keinen Fall schaden! Bn.     

Die Drei Zinnen und die Rienzschlucht. (Zu dem Bilde S. 401.) Eine alte Völkerscheide ist das Toblacher Feld im Pusterthal, jene flache, von mächtigen Bergzügen umstarrte Erhebung, von welcher die Wasser westwärts durch die Rienz in die Etsch, ostwärts zur Drau und dem Schwarzen Meere abfließen. Hier war’s, wo in den Tagen der Völkerwanderung die kriegerische Kraft der Bayern den von Südosten her andrängenden Schwärmen der Slovenen Halt gebot, um dieselben nachher in jahrhundertlangen Kämpfen immer weiter gegen Osten zurückzutreiben. Heute ist das ganze Gebiet des Pusterthals, dessen Mittelpunkt das Toblacher Feld bildet, zur deutschen Zunge gehörig; aber hart im Süden, wo in das grüne Thal die gewaltigen hellen Felsmauern der Südtiroler Dolomitberge hereinragen, zieht die italienische Staats- und Sprachgrenze und genug welsche Laute kann auch der Reisende vernehmen, der aus der Südbahnstrecke zwischen Franzensfeste und Lienz das Pusterthal befährt.

Der Rienzfluß tritt auf das Toblacher Feld aus einer engen Thalspalte, die von Süden, von der italienischen Grenze, herabzieht. Durch diese Thalspalte führt eine prächtige uralte Straße, der Ampezzaner Straßenzug, nach Italien hinüber; eine Straße, auf welcher schon in Römerzeiten die Legionen marschierten auf der dann im Mittelalter ein lebhafter Handelsverkehr zwischen Venedig und den Alpenländern getrieben ward, und die in der Gegenwart wegen ihres Reichtums an prächtigen Landschaftsbildern berühmt geworden ist. Die Italiener nennen sie strada d’Allemagna. Die erste etwa zehn Kilometer lange Strecke dieser Thalschlucht ist das Höhlensteiner Thal. Bei der vielbesuchten Poststation Höhlenstein (Landro) erschließt sich jener romantische Blick in die oberste Thalschlucht der Rienz, welchen unser Bild darbietet. Val Rimbianco heißt ihr welscher Name. In schäumenden Stürzen wälzt sich die Rienz zwischen finstren Bergwänden hier herab; im Hintergrunde aber steigen wie riesige zertrümmerte Türme die „Drei Zinnen“ empor, deren bedeutendste die stolze Höhe von 3003 Metern erreicht. Diese Felstürme gehören zu dem Stilvollsten und Imponierendsten, was die Hochgebirgsnatur in Tirol geschaffen hat; sie sind recht eigentlich der ausgezeichnetste Typus der Südtiroler Kalkalpen. Die höchste der Drei Zinnen ward 1869 zum erstenmal erstiegen, seitdem zählt sie lange nicht mehr zu den schwierigsten Aufgaben für die Kletterzunft der Alpenfreunde. Immerhin gehört ein schwindelfreies Haupt und ein wohlgeschulter Fuß dazu, um durch steile Schnee- und Felsrinnen, über schmale Felsbänder und in engen Kaminen die luftige Höhe zu erreichen. Von ihr schweift dann freilich der reichbelohnte Blick weit umher durch die bizarren Gestalten der Dolomitberge, hinab in die grünen Thäler und nördlich bis zur eisgepanzerten Tauernkette. M. H.     

Auf dem Deck eines Bodenseedampfers. (Zu dem Bilde S. 405.) Herrlicher und großartiger gestaltet sich von deutscher Seite aus der Einzug in die Alpenwelt nirgends, als wenn man ihr an schönem Sommertage über den strahlenden Spiegel des Bodensees entgegenfährt. Wie majestätisch heben sich die leuchtenden Hochspitzen der Algäuer Alpen, die gewaltigen Massen der Silvrettagruppe mit der Seesaplana, der Churfirsten und des firnumpanzerten Säntis über die grüne Fläche des Schwäbischen Meeres! Welche Fülle ungezählter anderer Alpenriesen läßt uns nicht die Schweiz im blauen Ferndust erschauen! Und wie lieblich ist dieser Welt erhabener Größe das anmutige Gelände vorgelagert,

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verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1897, Seite 407. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_407.jpg&oldid=- (Version vom 7.7.2023)