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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

werden, wie Schmeißer schreibt, „Angehörige aller Berufsarten, ehemalige Seeleute, Offiziere, Aerzte, Apotheker, Kaufleute, Buchhalter, mit überraschender Geschwindigkeit Bergbausachverständige, sobald sie die Luft der Goldfelder atmen und das gelbe Metall auf natürlicher Lagerstätte zu Gesicht bekommen.“ Ja, selbst wenn ihnen nur ausgesuchte Fundstücke vorgelegt werden, vermögen sie ohne weiteres über den Wert des betreffenden Unternehmens ein empfehlendes Urteil abzugeben. Die Aktien steigen und sie selbst fahren nicht schlecht dabei, wohl aber die Käufer, die hängen bleiben! Schon jetzt hat die Reklame der australischen „Sachverständigen“ sehr zweifelhafter Befähigung und Vertrauenswürdigkeit nicht wenig Unheil, auch bei uns, angerichtet und wird sicher noch mehr anstiften. Aber bei der Neigung der Welt, um das goldene Kalb zu tanzen, ist das leider nur zu erklärlich.

Das Gold Westaustraliens findet sich sowohl im Alluvium, im angeschwemmten Lande, als in Quarzgängen. Das leicht zu bearbeitende Alluvium ist so recht das Arbeitsfeld des armen Mannes.

Mit den einfachsten Werkzeugen ausgerüstet, können die Digger hier in Gesellschaft zu drei und vier die leicht mit Picke und Schaufel zu bearbeitende goldhaltige Erde zu Tage fördern. Und gerade hier finden sich die bedeutendsten Klumpen, der schwerste, bis jetzt geförderte wog 10 Kilogramm. Auch viele der goldhaltigen Quarzgänge sind sehr reich, aber hier sind Sprengungen durch Pulver oder Dynamit geboten und Pochwerke, um das harte Gestein zu zerkleinern. Aus diesem wird dann durch Auswaschen und chemische Prozesse das Gold gewonnen. Näheres darüber haben wir bereits in einem Aufsatz über die südafrikanischen Goldfelder (vergl. „Gartenlaube“, Jahrgang 1895, S. 42) mitgeteilt. Die meisten derartigen Anstalten in Australien sind freilich noch recht primitiver Art, wie unsere Abbildung des Goldbergwerkes Londonderry zeigt. Diese Grube bietet ein besonders schroffes Beispiel für das Trügerische der Golderzlagerstätten. Unweit des Schachtes fand man ein Nest von erstaunlichem Reichtum, so daß das Bergwerk rasch zum Werte von mehr als 15 Millionen Mark gegründet wurde. Die Blockhütte der Grube barg zeitweilig Schätze, wie sie selten auf einem Bergwerke lagern. Als aber die neugebildete Gesellschaft daran ging, die wunderbare Lagerstätte in umfangreichen Abbau zu nehmen, da gewahrte man mit Bestürzung, daß das Nest nur geringe Ausdehnung besaß. Noch dreimal fand man ähnliche reiche Nester; die übrigen Gangteile sind arm.

Alluvium wie Quarz sind beide häufig sehr goldreich, und wo gute Verkehrsmittel sich bieten, ist der Abbau reichlich lohnend. Ein Uebelstand ist es aber, daß bei den wenigsten der Goldlagerstätten ausreichendes Wasser für größere Pochwerke sich wird beschaffen lassen. Allerdings kennt die heutige Wissenschaft auch Methoden, durch die eine Scheidung des Goldes aus dem Gestein auf trockenem Wege bewirkt wird. Daß aber auf alle Fälle viele der jetzt bearbeiteten Felder keinen lohnenden Ertrag geben werden, damit wird man ganz sicher zu rechnen haben. Und nach den Untersuchungen unseres genannten fachkundigen Landsmannes wird auch bei mancher jetzt reichen Grube der Gewinn baldigst abnehmen, vielleicht ganz aufhören. Freilich dürften auf dem ausgedehnten Feld auch viele neue wertvolle Fundstätten aufgedeckt werden. Noch ist die Goldausbeute Westaustraliens in beständigem Wachsen begriffen und die stets von sechs berittenen Polizisten geleitete Goldeskorte bringt wöchentlich steigende Mengen des edlen Metalls in die Hauptstadt der Kolonie. So mag auch in diesem trostlosen Wüstengebiet das Glück über gar manchen das Füllhorn seiner Gaben ausschütten, die ihm ermöglichen, unter besseren wirtschaftlichen Verhältnissen in seine Heimat zurückzukehren, denn in diese Oede auf lange Zeit gebannt zu sein, erscheint ein entsetzliches Los. E. J.     

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Das Goldbergwerk Londonderry.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_251.jpg&oldid=- (Version vom 6.7.2023)