Seite:Die Gartenlaube (1897) 249.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

des kapitalistischen Großbetriebs. Der geschulte Bergmann ersetzte den waghalsigen Glücksjäger. Der wandte sich nun neuen Feldern zu. In Trupps von zwei bis vier, ausgerüstet mit Picke, Schaufel und Zinnschüssel, einem blechernen Kochgeschirr und etwas Proviant, wollenen Decken und einem bescheidenen Vorrat an Kleidern, durchzogen die alten Digger das noch unerforschte Land, in der so oft getäuschte Hoffnung, daß auch ihnen endlich einmal das große Los beschert werde. Welche Teile der Welt haben diese unternehmenden Männer nicht erprobt! Sie sind von Australien nach Neuguinea hinübergewandert, sie haben Südafrika durchforscht, mit glänzendem Erfolg, wie man weiß, sie haben auch unsre dortige Kolonie besucht, allerdings ohne ihre Erwartungen erfüllt zu sehen, ja sie haben sich endlich auch dem bisher gemiedenen Westaustralien zugewandt und sind furchtlos in seine entsetzlichen Wüstenlandschaften eingedrungen, um dort reichen Lohn für ihren Wagemut zu finden. Jetzt weiß man, daß Gold in Westaustralien in einem Gebiet sich findet, das von der Süd- bis Nordküste des Kontinents reicht und das 1½ mal so groß ist als das Deutsche Reich. Den vielen schon jetzt bloßgelegten Fundstätten wird eine weit längere Reihe mit der Zeit sich gewiß zugesellen.

Briefe aus der Heimat.

Man kann den Australkontinent einem Teller vergleichen, dessen Rand im Westen erheblich niedriger ist als im Osten, Dafür ist er aber im Westen desto breiter. Auf diesem Westrand, dem Gebiet der Goldfunde, zeigt die Karte dichtgesät eine Menge von Seen in allen Größen und Gestalten. Sie lassen dem unkundigen Auge das breite Tafelland als ein reich und schön bewässertes Gefilde erscheinen. Diese Seen sind aber nur nach seltenen, heftigen Regengüssen gestillt und dann nur auf kürzeste Zeit. Danach sinkt das Wasser unter die sandige Oberfläche hinab, leicht durch Nachgraben erreichbar, immer aber ist es salzig. Da muß denn dem Wasser in umfangreichen Destillationsapparaten sein Salzgehalt entzogen werden, um für Menschen und Vieh genießbar zu sein. Aber so „kondensiertes“ Wasser schmeckt fade und will selbst Pferden nicht munden. Dabei kosten vier Liter zu guten Zeiten 25 bis 50 Pfennig, in Zeiten der Trockenheit muß aber wohl auch eine Mark dafür gezahlt werden; denn Quellen trinkbaren Wassers sind äußerst selten, und Versuche, durch Brunnen oder Tiefbohrungen Trinkwasser zu erschließen, sind fast immer fehlgeschlagen. Besseren Erfolg hat man dadurch gehabt, daß man die atmosphärischen Niederschläge von den oft recht umfangreichen Graniterhebungen durch Gräben zu Sammelbecken führte. Auf diese Weise gewinnt man während der Regenzeit einen für mehrere Monate ausreichenden Vorrat von Süßwasser, der von eigens dazu angestellten Wärtern an die Fuhrleute verkauft wird.

Auch das Kamel, das bereits vor mehr als dreißig Jahren durch den um die Erschließung Australiens hochverdienten Großkaufmann und Squatter Sir Thomas Elder eingeführt wurde, findet hier gute Verwendung. Bis zu 80 Stück ziehen diese „Schiffe per Wüste“ in langer Reihe hintereinander schwerbeladen dahin, geleitet von afghanischen Führern, die mit ihnen aus der gemeinsamen Heimat herüberkamen.

Die Entfernungen zwischen den einzelnen Wasserplätzen sind meist ganz gewaltig. Daher führt ein jeder der mächtigen Lastwagen, der hier „mit müder Qual schleicht durch die sandige Heide“, einen großen eisernen Wasserbehälter mit. Und auch der Oberbergrat Schmeißer, der nach seinen Untersuchungen der Goldfelder Transvaals ersucht wurde, die westaustralischen Goldfelder zu bereisen und über deren Wert zu berichten, führte in seinem eigens für eine solche Reise gebauten Wagen einen 20 Liter fassenden Filterbehälter mit sich. Um das jeden Morgen frisch eingefüllte, wenn möglich abgekochte Wasser zu kühlen, wurde dasselbe in einen aus dichtem Drell gefertigten Wassersack gefüllt. Durch die Poren des Stoffes dringt etwas Wasser an die Oberfläche und indem es dort an der trockenen Luft rasch verdunstet, kühlt es den Inhalt des Behälters ab. Ein derartiger Sack fehlt in keinem australischen Haushalte.

Ein solches Reisen im eigenen Gefährt ist in den kaum angesiedelten Teilen Australiens bei weitem das bequemste, denn das Fahren in den australischen Postwagen, wie sie im Innern verkehren, erfordert nicht wenig Mut. Mit ihrem kaum der Weide entnommenen wilden Gespann jagen diese

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_249.jpg&oldid=- (Version vom 6.7.2023)