Seite:Die Gartenlaube (1896) 0877.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

Nr. 52.   1896.
Die Gartenlaube.


Illustriertes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.

Abonnements-Preis: In Wochennummern vierteljährlich 1 M. 75 Pf. In Halbheften, jährlich 28 Halbhefte, je 25 Pf. In Heften, jährlich 14 Hefte, je 50 Pf.


Zum Jahreswechsel.

Nun, eh’ der Ring der letzten Stunde
Sich an des Jahres Kette reiht,
Noch einmal sei in trauter Runde
Ein Wort dem scheidenden geweiht;
Daß, wenn die Mitternacht ertönt
Von Turm zu Turm im Winterwinde,
Das neue Jahr uns heiter finde
Und mit dem alten ganz versöhnt.

Es hat mit Nieten und mit Losen
Gespielt nach seiner Ahnen Brauch;
Wohl fügt’ es Dornen zu den Rosen,
Doch Rosen zu den Dornen auch.
Zwei Weggenossen jeder fand,
Verdruß und Glück, auf seinen Pfaden,
Und beide sind von Gottes Gnaden
Für Den, der ihren Wink verstand.

Mit beiden treulich schritt verbunden
Ihr wunderlicher Sohn, Humor,
Der auch in nebelgrauen Stunden
Sein heilsam Lächeln nicht verlor.
Und eine noch, die höchste Kraft,
Die Liebe, hat uns treu geleitet,
Die über Gräber Blumen breitet,
Auf Erden schon den Himmel schafft.

Und also – – horcht! die Glocken singen;
Die Augen leuchten hoffnungsklar:
Mit Segenswunsch und Gläserklingen
Sei uns willkommen, junges Jahr!
Was mit dem alten nicht geschieden,
Erhalt’ es uns: den frohen Mut,
Den Fleiß, der Liebe sanfte Glut,
Und eines noch – den Völkerfrieden!
 Ernst Lenbach.


Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 877. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0877.jpg&oldid=- (Version vom 15.7.2023)