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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

Nr. 33.   1896.
Die Gartenlaube.


Illustriertes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.

Abonnements-Preis: In Wochennummern vierteljährlich 1 M. 75 Pf. In Halbheften, jährlich 28 Halbhefte, je 25 Pf. In Heften, jährlich 14 Hefte, je 50 Pf.


Ist’s erlaubt?
Nach einer Originalzeichnung von L. Meggendorfer.


Der laufende Berg.

Ein Hochlandsroman von Ludwig Ganghofer.

     (9. Fortsetzung.)

Während Rufel der Straße folgte, klangen ihm aus der Daxenschmiede die Hammerschläge entgegen. Aber sie tönten nicht hell und gleichmäßig – es war etwas Gereiztes in der unruhigen Hast, mit der sie aufeinander folgten – und plötzlich endeten sie mit einem dröhnenden Schlag, als hätte Schorschl seinen Ingrimm über irgend eine böse Sache den schuldlosen Amboß entgelten lassen.

Rufel lauschte und lauschte; doch in der Schmiede blieb es still, und über der Esse war keine Spur von Rauch zu sehen.

Als Rufel zur Schmiede kam, sah er, daß ein Bauer einen wackligen Schubkarren, der noch mit mancherlei anderem der Reparatur bedürftigen Eisengerät beladen war, vor dem Thor der Werkstätte niedersetzte.

Es war der Bauer, dem der Leiterwagen gehört hatte. Er guckte in die leere Werkstätte. „He! Schmied!“

Nichts rührte sich, keine Antwort ließ sich hören.

Der Bauer ging zur Hausthür, stieß sie auf und rief: „He! Schorschl! Wo bist denn?“

Alles blieb stille.

„Natürlich! Ich hab’ mir ’s ja eh gleich’ denkt! … Jetzt kann ich wieder abfahren!“ Brummend faßte der Bauer nach seinem Karren und schob ihn wieder davon.

Mit beiden Armen über den Zaun gelehnt, hatte Rufel diesen Vorgang beobachtet.

„Nu also? Wo is er jetzt, der Herr Dax? Könnt’ Arbeit haben … und wo steckt er nu wieder?“

Da klangen aus dem Garten der Schmiede schmachtend gezogene Trompetentöne:

„Du, Du, liegst mir im Herzen,
Du, Du, liegst mir im Sinn …“

Wie rein und schön das klang! Es paßte so recht zu diesem klaren, von der scheidenden Sonne goldig angehauchten Herbstabend! Doch Rufel schien für poetische Naturstimmungen und musikalische Genüsse nicht das richtige Verständnis zu besitzen – denn er schnitt eine gar säuerliche Grimasse.

„Trumpeten blost ’r! … Und blost m’r wieder e Loch in mein’ Sack! … Nu will ich ihm aber doch e Wörtche sagen!“

Er trat in den Hof, aber dann kehrte er wieder um und wanderte seufzend davon. „Ich hab’s versprochen! Ich will heut’ nix mehr zu ihm mahnen gehen!“

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 549. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0549.jpg&oldid=- (Version vom 19.7.2023)