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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

der ersten Etage je ein Wohnzimmer, von denen das erstere für den Beobachter bestimmt ist und das zweite dazu dient, Fachgelehrten, die auf dem Brocken specielle wissenschaftliche Untersuchungen ausführen wollen, zeitweilige Unterkunft zu gewähren.

Im dritten Stockwerke befindet sich das „Instrumentenzimmer“, das zur Unterbringung aller der Instrumente bestimmt ist, die im Zimmer funktionieren, dann auch zur Aufbewahrung der Reserveapparate dient. Außerdem kann der Beobachter im Instrumentenzimmer seine schriftlichen Arbeiten verrichten.

Es wird nun zunächst der Luftdruck beobachtet, und zwar mittels eines Fuesschen sogenannten kompensierten Gefäßbarometers, dem zur fortdauernden Aufzeichnung des Luftdruckes noch ein Barograph zur Seite steht. Beide Instrumente befinden sich im Instrumentenzimmer und sind gleichzeitig die einzigen, die überhaupt im Zimmer funktionieren. Die Temperatur wird auf der Plattform in der sogenannten englischen Hütte bestimmt, und zwar werden momentane Ablesungen zu den vorgeschriebenen Beobachtungsterminen veranstaltet und außerdem wird die Temperatur durch einen Thermographen fortlaufend registriert. Zur Messung der Luftfeuchtigkeit wird ein Hygrometer und zu derjenigen des Windes ein Anemometer benutzt. Außerdem ist noch ein Wolkenspiegel vorhanden, mittels dessen Zugrichtung und Geschwindigkeit der oberen Wolken ermittelt werden kann, während für die Messung der Dauer des Sonnenscheins ein Sonnenschein-Autograph und für die Bestimmung der Intensität desselben ein Aktinometer benutzt wird.

Das meteorologische Observatorium auf dem Brocken

Die mit diesen Instrumenten auszuführenden Beobachtungen werden im Winter durch die Bildung von Rauhreif und Eisbehang sehr erschwert. Die Instrumente überziehen sich bei eintretendem Nebel sofort mit Eis; dieses wird immer dicker, bis es schließlich ein Freihalten der Skala der Instrumente nicht mehr zuläßt. Außerdem ist die Gefahr einer Verletzung der Instrumente bei Rauhreif besonders groß, da häufig der Reifansatz das Instrument in seiner Lage verändert und ein Betasten desselben an unrichtiger Stelle ein Zerbrechen herbeiführt.

Auch sonst ist im Winter die Wetterbeobachtung mit großen Schwierigkeiten verknüpft die sich zu ungeahnter Höhe steigern, wenn stürmischer Ostwind und Nebel sich einstellen. Da bei letzterer Windrichtung häufig Kältegrade von 15° eintreten, so überziehen sich beim Hinaustreten ins Freie die Augenlider durch den gefrierenden Nebel sofort mit einer Eiskruste, und innerhalb weniger Minuten sind die Augen zugefroren, weshalb man auf dem Brockengipfel im Winter bei strenger Kälte die äußerste Vorsicht anwenden muß, um im Freien nicht auf elende Weise umzukommen.

Daß die ganz im Freien aufgestellten Instrumente, wie z. B. die Regen- und Schneemesser, hinsichtlich der Zuverlässigkeit der mit ihnen gewonnenen Resultate am ungünstigsten dastehen, bedarf nach den obigen Ausführungen keiner Erörterung.

Es ist deshalb die Frage, ob der Brockengipfel der niederschlagreichste Punkt Deutschlands ist, nach einjährigen Messungen, auch wenn letztere höhere Werte als jede andere Station Deutschlands ergeben haben, noch nicht zu bejahen, da eben die Messung der Niederschläge noch zu mangelhaft ist. Sicher werden aber fortgesetzte Beobachtungen zu Ergebnissen führen, die den Meteorologen in Stand setzen werden, tiefer in die vielfachen Geheimnisse der Witterung unserer Heimat einzudringen. R. S.     


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Das Ehe-Idyll Eugens von Beauharnais.

Von R. Artaria.

In der St. Michaelskirche zu München erhebt sich ein von Thorwaldsen gemeißeltes Grabmal: in der Mitte eine heldenhaft schöne Männerfigur in griechischer Tracht, rechts Klio, die seine Thaten aufzeichnet, links der Genius mit der umgekehrten Fackel. Der hier Verewigte ist Eugen von Beauharnais, dessen edle Gestalt jetzt durch ein interessantes Buch[1] ins Gedächtnis der Gegenwart zurückgerufen wird. Es ist kein Zufall, daß der von der historischen Forschung neuerdings so eifrig gehobene Memoirenschatz der napoleonischen Zeit auch in Deutschland allgemeinem Interesse begegnet. Was die Zeitgenossen über Napoleon I. und seine Familie wußten oder zu wissen glaubten, war vielfach unrichtig, erst aus der unbefangenen Vergleichnng der Quellen lassen sich allmählich die sicheren Umrisse der Vielgenannten gewinnen, welche der so märchenhaft Gestiegene mit sich emportrug und schließlich in seinen Sturz wieder hinabriß. Es ist eine bunte und fragwürdige Gesellschaft: tapfere Marschälle mit stark befleckten Händen, schöne Frauen von bedenklichem Lebenswandel; nur wenige stehen makellos nach unseren heutigen Begriffen da.

Unter diesen der erste ist Eugen Beauharnais, der schöne, tapfere und ritterliche Mann, der einzige der Napoleoniden, welchen die europäischen Fürsten nach dem Sturz des Kaiserreiches weiter als ihresgleichen behandelten. Von einem „Liebesroman“, wie ihn die untengenannte Sammlung höchst interessanter Briefe Eugens und seiner Nächsten zu verheißen scheint, konnte wohl bei einem zwischen Staatsgeschäften und Feldzügen stets Geteilten, der sich auf einfachen Befehl des Allgewaltigen verheiratete, keine Rede sein. Wenn aber dem erzwungenen Bunde eine so zärtliche starke Neigung folgt, eine so innige Sehnsucht der durch Kriegszüge lange getrennten Gatten, wie sie aus diesen Blättern spricht, eine solche Seligkeit der Wiedervereinigung, dann verweilt der Blick voll Anteil auf diesem Liebespaar, dessen Ehe eine ebenso ideale, wenn auch von äußerem Glück viel begünstigtere war als die des gleichzeitigen preußischen Königspaares Friedrich Wilhelm III. und Luise.

Eugen Beauharnais hatte hartes Mißgeschick nur in der ersten Jugend erfahren, wo er, nachdem sein Vater, der verdienstvolle General, in der Schreckenszeit auf dem Schafott geendigt hatte, von den brutalen Machthabern zu einem Tischler in die Lehre gegeben wurde, während Hortense, die spätere Königin von Holland, zu einer Näherin kam. Der Sturz der Schreckensherrschaft führte beide wieder in ihre frühere Sphäre zurück und die Witwe Beauharnais, die schöne, trotz ihrer Armut höchst lebenslustige und ziemlich leichtfertige Josephine, ließ den Sohn unter General Hoche seine militärische Laufbahn beginnen. Der noch nicht Fünfzehnjährige begab sich vor dem Ausmarsch zu General Bonaparte, um den konfiszierten Degen seines Vaters für sich zu erbitten, und gefiel durch sein offenes, freimütiges Wesen dem jungen General so sehr, daß dieser sich veranlaßt sah, der Mutter des prächtigen Jungen einen Besuch zu machen. Bekannt ist, daß er bei dieser Gelegenheit sein Herz vollständig an die ältere, aber höchst anmutige Josephine verlor und sich in kürzester Frist mit ihr vermählte, allerdings gegen den heftigen Widerspruch ihrer Kinder, die hierin eine Kränkung des väterlichen Andenkens sahen.

Bald aber lernte Eugen in dem jungen Stiefvater sein Heldenideal verehren. An seiner Seite machte er den italienischen Feldzug mit, zeichnete sich hier, wie im egyptischen, durch Tapferkeit und Umsicht aus und kehrte, ein achtzehnjähriger Kapitän, als fertiger Mann mit dem Unternehmer des Staatsstreichs nach Paris zurück! Seine Mutter sollte bald Gelegenheit haben, dem gereiften und klugen Geist des Sohnes dankbar zu sein: sie hatte sich in

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 540. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0540.jpg&oldid=- (Version vom 20.10.2022)
  1. Der Roman des Prinzen Eugen. Von Albert Pulitzer. Autorisierte Uebersetzung aus dem Französischen. Wien, W. Braumüller.