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Die Gartenlaube.

Beilage zu No 31. 1896.



Zwei Künstler von echt deutscher Eiqenart, der Berliner Bildhauer Erdmann Encke und der Frankfurter Maler Eugen Klimsch, sind in der zweiten Juliwoche dieses Jahres vom Tode hingerafft worden. Beide standen noch in bestem Mannesalter. – Erdmann Encke, der am 26. Januar 1843 in Berlin geboren war, wo er auch die Akademie besuchte und dann Atelierschüler Albert Wolffs wurde, hat in seiner 1880 enthüllten Statue der Königin Luise im Berliner Tiergarten, in den Sarkophagen des Kaisers Wilhelm I. und der Kaiserin Augusta im Charlottenburger Mausoleum Werke hinterlassen, die seinem Namen bleibende Dauer sichern. Feines künstlerisches Empfinden, edle Natürlichkeit in der sorgfältigen Technik bringen diese durch die Bedeutung ihres Gegenstandes doppelt wertvollen Werke zum Ausdruck. Auch sonst ist die Arbeit seines schaffensfreudigen Lebens hauptsächlich der Reichshauptstadt und ihrer Umgebung zu gute gekommen.

Eugen Klimsch.
Nach einer Aufnahme von Hofphotograph Prof. E. Hanfstaengl in Frankfurt a. M.

Erdmann Encke.
Nach einer Aufnahme von Hofphotograph J. Baruch in Berlin.

Sein erstes größeres Werk, das Denkmal des Turnvaters Jahn, steht auf der Hasenheide. Der künstlerische Ausschmuck des Berliner Rathauses enthält auf der Vorderfront die Bronzestatue des ersten brandenburgischen Kurfürsten, die Herrscherhalle im Zeughaus die Kolossalgestalten des Großen Kurfürsten und Friedrichs des Großen von ihm. In Spandau befindet sich sein Standbild Joachims II. Die ungemein anmutende Gruppe, welche die Kurfürstin Elisabeth ihren Sohn in der Religion unterrichtend darstellt, fand Aufnahme in der Nationalgalerie. Das schleichende Lungenleiden, dem Encke am 8. Juli in seiner Villa in Neu-Babelsberg erlag, entriß ihn einer Welt noch unausgeführter Entwürfe. – Der Maler Eugen Klimsch, der am 9. Juli in seiner Vaterstadt Frankfurt a. M. in einem Anfall von geistiger Umnachtung aus dem Leben schied, hat nicht in Kolossalwerken wie Encke, vielmehr in Werken kleinsten Umfangs sein bestes Können offenbart, aber er vertrat als Künstler dieselbe ideale Richtung wie jener. Er war am 29. November 1839 als Sohn eines Lithographen geboren, der sich als Illustrator bereits besonderen Ansehens erfreute. Von diesem empfing er seine erste künstlerische Ausbildung, vor allem eine ausgezeichnete technische Schulung als Zeichner. In München war er dann längere Zeit Atelierschüler bei Professor Andreas Müller. 1865 begründete er das eigene Atelier in seiner Vaterstadt. Als phantasievoller Illustrator namentlich auf dem Gebiete der Darstellung fröhlichen Kinderlebens errang sich Eugen Klimsch früh einen Namen; aber auch seine farbenfrischen Gemälde, die in kleinen Formaten poetische Scenen idyllischen Liebesglücks und verwandte Stoffe darstellen, fanden, wo sie auf größeren Ausstellungen erschienen, allgemeinen Beifall. Am eigentümlichsten und reizvollsten hat sich Klimschs liebenswürdiges Talent jedoch in den zierlichen Miniaturen ausgesprochen, die er für Ehrenurkunden und ähnliche Zwecke in Gouache und Aquarell in sauberster Ausführung malte. Seine leichtbeschwingte kräftiggestaltende Phantasie und zeichnerische Kunstfertigkeit vereinigten sich hier zur Hervorbringung kleiner Meisterwerke von hohem künstlerischen Zauber. Eugen Klimsch, dessen Söhne sich gleichfalls der Kunst gewidmet haben, war erst neuerdings als Nachfolger Frank Kirchbachs Professor am Städelschen Kunstinstitut geworden.

Die goldene Hochzeitsreise aufs Wetterhorn. In den Junitagen dieses Jahres wurde in Grindelwald eine goldene Hochzeit gefeiert, die einzig in ihrer Art dasteht; denn das greise Jubelpaar hat zur Verherrlichung seines Festtages das Wetterhorn bestiegen und somit eine Tour ausgeführt, vor der Tausende Neuvermählte in der Vollkraft der Jugend sicher zurückschrecken würden. Die ungewöhnliche goldene Hochzeitsreise erscheint jedoch durchaus natürlich, wenn wir erfahren, daß der Jubilar als einer der bewährtesten Führer in den Alpen weit und breit berühmt ist. Christian Almer aus Grindelwald hat seit mehr als vierzig Jahren als Führer gewirkt und zahlreiche Berggipfel bestiegen – vom Montblanc bis zu den Dolomitzacken in Südtirol. Er steht bereits im 72. Lebensjahre, und seine Frau, das „Schlunegger-Gritli“, ist um ein Jahr älter. Fürwahr, das greise Jubelpaar muß sich eiserner Gesundheit und unverwüstlicher Kraft erfreuen, daß es eine derartige Vergnügungstour unternehmen und glücklich ausführen konnte! Bei schlechtem Wetter, unter strömendem Regen trat es den Weg an, und Frau Almer sah in ihrem weißen Schleier und grauen Filzhütchen recht frisch und munter, beinahe jugendlich aus. Den Jubilaren schlossen sich zwei Söhne und eine Tochter Almers an. Trotz des schlechten Wetters wurde die Klubhütte beim Gleckstein glücklich erreicht, und hier verbrachte die Gesellschaft im warmen Sonnenschein einen fröhlichen Tag. In der Frühe des 22. Juni ging es weiter bergauf, und morgens 61/2 Uhr war der Berggipfel erreicht, den Almer vor 42 Jahren mit einem jungen Tannenbaum geschmückt hatte. Der Abstieg wurde rüstig vollzogen, und abends 7 Uhr war das Jubelpaar wieder in Grindelwald angelangt. Es war noch so kräftig und munter, daß es an dem Feste teilnehmen konnte, welches zu seinen Ehren im Hotel Adler begangen wurde. – Mögen den braven Alten noch viele glückliche Jahre in ihrer herrlichen Alpenheimat beschieden sein!

Der Bergführer Christian Almer aus Grindelwald und seine Frau am Tage ihrer goldenen Hochzeit.
Nach einer Photographie von J. Moegle in Thun.

„Für den häuslichen Herd“ nennt sich eine in Stuttgart bei J. Roth erschienene Sammlung von Plaudereien, Skizzen, Briefen und Lebensbildern aus dem Frauenleben, deren Inhalt für junge Frauen in unterhaltender Form viele gute Ratschläge giebt. Nicht nur für den Herd im eigentlichen Sinne, sondern für alle Schwierigkeiten des modernen Haushalts, wo die stilvolle Einrichtung so oft außer Verhältnis zu den kleinen Mitteln steht und wo ein ungeschultes Mädchen für alles um geringen Lohn perfekte Dienste leisten soll. Das hübsche Büchlein weist in reichhaltigen Kapiteln über der Geselligkeit gebrachte Opfer, Dienstbotenangelegenheiten, schriftstellernde Frauen, praktische und unpraktische Naturen, Detailfragen der Küche und Flickstube, Sparsamkeit und wirtschaftliche Einteilung etc. immer wieder auf das eine, was not thut: die zielbewußte organisierende Thätigkeit der gebildeten Hausfrau, hin. Wenn sich in einem Schlußkapitel noch der Blick über die eigenen Wände hinaus nach der sozialen Hilfsthätigkeit richtete, welche sich ja sehr wohl auch mit der gewissenhaftesten Hausthätigkeit vereinigen läßt, so würde das Büchlein sich durch eine neue Seite aus der Reihe ähnlich verdienstvoller Schriften herausheben. Vielleicht finden wir dieses Kapitel künftig in einer zweiten Auflage! Einstweilen empfehlen wir es gerne unseren Leserinnen.

Das Land der Haselnüsse könnte man die türkischen Uferlandschaften des Schwarzen Meeres rings um die alte Stadt Trapezunt nennen. Dort ist die Haselnuß eine der wichtigsten Früchte und ihre Kultur ernährt zahlreiche Menschen. Das beweist die Statistik. Der Wert der alljährlich von dem Hafen von Trapezunt ausgeführten Haselnüsse beträgt im Durchschnitt fast zwei Millionen Mark! Im Jahre 1891 wurden dort allein 17½ Millionen Kilo entschälter Haselnußkerne verfrachtet und zumeist nach den westlichen Häfen des Mittelmeers versendet. Die Kultur der Haselnuß findet gegenwärtig auch in Deutschland größere Beachtung. Der Strauch liefert in fünf bis sechs Jahren sehr gute Erträge.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 532a. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0532_a.jpg&oldid=- (Version vom 13.3.2024)