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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)


Sehenswürdigkeiten der Ausstellungen 1896.

Berliner Ausstellung: der Wasserturm und das
Hauptrestaurationsgebäude.

Trotz aller Klagen, die so laut über die zu häufige Wiederholung der Ausstellungen erhoben werden, kehren die Ausstellungen doch alle Jahre wieder. Die schaulustige Menge drängt sich zu ihrem Besuch und die „ausstellungsmüde“ Industrie verfehlt nicht, sie zu beschicken. Es geht nicht anders! Die Ausstellungen sind unentbehrlich geworden. Mögen sie diesen und jenen beunruhigen, ihm Mühe und Kosten bereiten, sie bringen doch einen unschätzbaren Nutzen. Sie sind ja einmal eine Heerschau auf dem Felde friedlicher Arbeit; die höchsten Errungenschaften und die besten Leistungen menschlichen Könnens treten auf ihnen miteinander in Wettbewerb, und auf jenem Plan ist nicht nur der Lorbeerkranz der ruhmreichen Anerkennung, sondern auch vielfach ein klingender Lohn zu erwerben. Neue Erfindungen, Verbesserungen auf allen Gebieten der Industrie und Technik werden da den Besuchern vorgeführt, werden dadurch bekannt und finden leichteren Absatz: Ausstellungen sind ein mächtiges Mittel der Anpreisung, ohne die in unserem Zeitalter ein Geschäft oder Unternehmen nicht gut blühen kann. Außerdem besitzen aber die viel gelästerten Ausstellungen auch ihre ideale Seite. Sie sind periodische Bildungsanstalten im besten Sinne des Wortes und zwar dienen sie nicht allein dem Fachmann, der das Gebotene mit sachkundigem Auge prüft, sondern auch der Allgemeinheit. Millionen Menschen besuchen alljährlich die Ausstellungen und kaum einer verläßt ihre Räume, ohne seinen Wissenskreis erweitert zu haben. Jede gute Ausstellung ist ein lebendiges höchst nützliches Buch, das sich sozusagen selber dem Besucher vorliest, und dieses Buch hat auch den Vorzug, daß es nicht langweilig ist, daß es die augenfällige Belehrung, die es enthält, mit reichhaltiger Unterhaltung verknüpft. Von diesem Standpunkte ist der Besuch jeder Ausstellung jedermann nützlich und man kann nur wünschen, daß die Zahl der Besucher immer mehr steigen möge.

Auch in diesem Jahre öffneten sich von dem Maimonat an die Pforten verschiedener Ausstellungen dem schaulustigen Publikum. Dampf, Gas und Elektrizität setzen auf ihnen die vollkommensten und sinnreichsten Maschinen in Bewegung, aber neben dem rein Technischen und Industriellen kommt noch vieles andere zur Geltung. Die Ausstellungen, wie sie geplant wurden und nun glücklich zustande gekommen sind, stehen auch im Dienste der Wissenschaft; sie werden dem Volke verschiedene Zweige derselben vermitteln, vor allem aber die lehrreichsten Anschauungen über einzelne Abschnitte der Völkerkunde und Völkergeschichte verbreiten!

Innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches übt in diesem Sommer die Berliner Gewerbe-Ausstellung die größte Anziehungskraft aus; sie wurde bereits im Eröffnungsmonat Mai von 1200000 Personen besucht. Ein Vierteljahrhundert ist gerade verflossen seit Berlin zur Kaiserstadt, zur Hauptstadt des Reiches wurde. In dieser Zeit ist es riesig gewachsen und fröhlich emporgeblüht. Als Sitz hoher Behörden, als Pflegestätte der Kunst und Wissenschaft zeichnet sich die Großstadt durch das regste geistige Leben aus und dabei hat sie dem Handel und Wandel gastlich ihre Thore geöffnet: weit und breit ist die Berliner Industrie berühmt. Fürwahr, Berlin ist groß und fleißig genug, um in einer eigenen Ausstellung ein glänzendes Gesamtbild regster Thätigkeit, eine Fülle beachtenswerter Errungenschaften auf den verschiedensten Gebieten menschlichen

Nürnberger Ausstellung: Ausstellung einer Nürnberger Fabrik mechanisch-optischer Lehrmittel und Spielwaren: Modell einer Lokomotive und des Oberbaus einer Eisenbahn.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 436. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0436.jpg&oldid=- (Version vom 13.7.2023)