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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

zu liegen scheint. Ein Tierkörper trägt einen Sattel, von dem aus nach entgegengesetzter Richtung hin ein Kamel und ein Giraffenkopf hervorragen. Oftmals sprüht die Brandung hoch empor und es sieht aus, als ob die beiden Tiere gegen die andrängenden Wogen kämpften. Unter- und oberhalb der Hammerhusschlucht haben die Felsen Höhlen gebildet, genannt der nasse und der trockene Ofen. Letzteren kann man bei ruhigem Wetter zu Fuß, ersteren mit einem Boot erreichen.

Klippen in der Hammerhusschlucht.

Der Aufenthalt in diesen seltsam gebildeten Höhlen erregt die Phantasie gewaltig. Das heimliche Rauschen und Gurgeln der eindringenden Meereswellen erzeugt eine wunderbare Musik, welche Meister Böcklin in seinem herrlichen Gemälde „Die Brandung“ uns versinnbildlicht hat: in einer Höhle, an einen Granitfelsen gelehnt, umtost von dem wild brandenden Meere, streicht ein phantastisches Weib über die Saiten einer Harfe. Wir hören das Lied, es ist die uralte Weise, bald zart und sanft klingend, bald rauschend in gewaltigen Accorden, welche das Meer von Anbeginn der Welt ertönen läßt. Bei Tage dringt der Sonnenschein in diese granitnen Höhlen. Die Felswände hallen nur von dem Singen des Meeres wieder, selbst die Besucher werden schweigsam. Nachts aber treiben Necke und Nixen hier ihr unheimliches Wesen, und mancher Fischer, der im Mondenschein bei den Höhlen vorbeistreifte, weiß wunderbare Geschichten zu erzählen.

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     Die Heiligtumsklippen.

Die Randsklippen. 

Weiter gen Süden ragt noch ein einzelner Felsen hinaus in das Meer, von welchem herab der Sage nach ein Mönch mit Namen Johannes den Heiden das Christentum gepredigt haben soll. Die Sache ist ziemlich zweifelhaft, da dieses Felsengebilde wohl zum Halten von Reden recht ungeeignet ist und nur den Namen Johns Kapelle seiner Form wegen erhalten hat.

Auf dem Wege nach der Stadt Rönne steht der größte auf der Insel vorhandene Runenstein. Es ist dies eine Gedenktafel aus der Zeit, als die Einwohner schon zum Teil Christen waren, wenngleich sie in ihren Sitten und Gebräuchen noch vielfach am Heidentum festhielten. Auf der glatten Seite des roh gespaltenen Steines befindet sich in keineswegs künstlerischer Ornamentierung ein verschlungenes Band von Runenschriftzeichen, welche nur besagen, daß ein treuer Sohn und Bruder seinen verstorbenen Eltern und Geschwistern diesen Denkstein gesetzt habe.

Die Ostküste der Insel weist sanftere Formen auf. Hier findet man auch Wälder und Haine, welche der Landschaft

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 418. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0418.jpg&oldid=- (Version vom 21.9.2022)