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Die Gartenlaube.

Beilage zu No. 22. 1896.



Julius Sturm. Ein religiöser Dichter, der neben Karl Gerok die deutsche Zionsharfe mit edler Kunst und andächtigem Schwung geschlagen, ist dahingeschieden! Julius Sturm starb am 2. Mai in Leipzig. Am 21. Juli 1816 zu Köstritz geboren, hat er fast das achtzigste Lebensjahr erreicht.

Julius Sturm.
Nach einer Photographie von Max Heinz in Waldenburg. i. Schles.

Sein Leben war eine Pfarrhausidylle, die sich fast ganz auf dem

heimatlichen Boden in seinem Geburtsort abspielte. Nur seine Hauslehrerstellen, die er nach Vollendung seiner Studien erst in Heilbronn in Württemberg und dann in Friesen in Sachsen bekleidete, sowie seine erzieherische Thätigkeit, die ihn mit seinem Zögling, dem Prinzen von Reuß, nach Meiningen führte, und später ein Seelsorgeramt im Dorfe Göschitz bei Schleiz machten ihn in seinen jüngeren Jahren dem Heimatorte untreu; doch seit 1857 lebte er dauernd in Köstritz als Pfarrer und nach seiner Pensionierung 1885 als Geheimer Kirchenrat. Zuerst erregte er Aufsehen durch seine „Frommen Lieder“ (1852), welche auch die erfolgreichste seiner Gedichtsammlungen blieben und zwölf Auflagen erlebten. In diesen wie in seinen späteren religiösen Gedichten herrscht eine gesunde Frömmigkeit, welche der Muckerei und Möncherei den Krieg erklärt und einer freudigen Lebensanschauung berechtigten Raum gewährt:

Drum wandl’ ich singend stille Lebenspfade
Und lausch’ der Nachtigall und pflück’ die Rose
Und preise fröhlich meines Gottes Gnade.

Das ist die Grundstimmung der religiösen Gedichte. In Sturms anderen Sammlungen finden sich reizende Naturbilder, auch schwungvolle Gedichte patriotischen Inhalts; anheimelnd sind seine Kinderlieder, sinnvoll seine Fabeln; Formenschönheit und melodischer Guß und Fluß sind allen seinen Liedern eigen.

Die neue Festtracht der Berliner Kunstakademiker.
Nach einer Originalzeichnung von Ewald Thiel.

Die neue Festtracht der Berliner Kunstakademiker. Vor einiger Zeit verlieh der Kaiser den Professoren der königlichen Akademie der bildenden Künste in Berlin ein scharlachrotes Dogenkostüm mit weiten Aermeln und goldener Ehrenkette als Festtracht. Dadurch wurde auch bei den Schülern der Akademie der Wunsch rege, für ihre Vertreter bei festlichen Gelegenheiten, die bis dahin die gewöhnliche Studententracht trugen, eine neue, zugleich malerische und charakteristische Tracht anzuschaffen. Es wurde dazu das Rubenskostüm gewählt. Diese prächtige Tracht besteht aus einem breitrandigen schwarzen Filzhut mit gelben Federn, einem schwarzsammetenen Wams mit gemusterten schwarzen Aermeln, ebenso gemusterten schwarzsammetenen Kniehosen, schwarzseidenen Strümpfen mit Knieschleifen und schwarzen breitspitzigen Schuhen. Unter einer gelbseidenen Feldbinde hängt an reichverziertem Bandelier schräge ein Pallasch, und über der linken Schulter wird ein schwarzsammetener Mantel getragen. Hellgelbe Stulphandschuhe und eine vergoldete Ehrenkette mit dem Künstlerwappen vervollständigen das Kostüm. Bei der Feier des zweihundertjährigen Jubiläums der Berliner Akademie der Künste, welche am 2. Mai durch eine Festsitzung in der Rotunde des Alten Museums eröffnet wurde, hatten die Akademiker zum erstenmal Gelegenheit, in dieser Tracht öffentlich aufzutreten. Unser Bild zeigt eine Gruppe derselben aus der Aufstellung zum Empfang der Gäste vor dem Eingang zum Festraum.

Dr. Georgine v. Roth. Die Bewegung, welche die Erschließung der gelehrten Berufe für die Frauen sich zum Ziel gesetzt hat, gewinnt erfreulicherweise zunehmende Anerkennung. Man lernt auch in einflußreichen Kreisen die Aerztinnen immer mehr schätzen und entschließt sich hier und dort, ihnen auch amtliche Stellen zu übergeben.

Dr. Georgine v. Roth.
Nach einer Aufnahme von Hofphotograph V. Angerer in Wien.

So wurde neuerdings die Aerztin Fräulein Dr. Georgine v. Roth vom österreichischen Reichskriegsminister als Assistentin des Chefarztes mit der ärztlichen Ueberwachung der Zöglinge des k. k. Offizierstöchterinstituts in Wien betraut. Fräulein v. Roth wurde als Tochter eines höheren Offiziers am 21. Oktober 1861 auf Schloß Bibersberg in den Kleinen Karpathen geboren. Frühzeitig erwachte in ihr der Wunsch, eine höhere wissenschaftliche Bildung zu erlangen. Nach dem im Jahre 1879 erfolgten Tode ihres Vaters widmete sie sich in Zürich und Genf medizinischen Studien und erwarb nach Abschluß derselben das Doktordiplom. Seit 1892 vervollkommnete Fräulein Dr. v. Roth ihre Kenntnisse noch weiter in Wiener Krankenhäusern.




Hauswirtschaftliches.

Abstäuber. Für das Abstäuben von Bildern sollte man einen eigens dazu bestimmten Abstäuber haben, den eine geschickte Hausfrau sich selbst leicht herstellen kann. Man braucht dazu einen ziemlich starken, beliebig langen Rohrstab, der an einem Ende mit zwei 4 cm voneinander entfernten Löchern versehen wird. Man überzieht diesen Stock mit Hälelarbeit, die man aus ungebleichter Hauschildscher Baumwolle Nr. 1 und gleichstarker roter Baumwolle herstellt. Man schließt 4 weiße Luftmaschen zu einem Ringe, häkelt in diesen 2 Kettenmaschen 3 feste Maschen und 6 Stäbchen und arbeitet dann immer mit Stäbchen in der Runde weiter, bis der Ueberzug die passende Länge hat, wobei man immer drei weiße Touren mit einer roten abwechselt, zieht ihn darauf über den Stock und schließt ihn mit festen Maschen. Der eigentliche Abstäuber besteht aus 40 etwa 12 cm langen Bändern, die zur Hälfte rot, zur Hälfte weiß gehäkelt werden. Zu jedem einzelnen schlägt man 20 Luftmaschen auf und häkelt darauf 2 Touren feste Maschen, wobei man bei der ersten Tour die Anschlagmasche sowohl wie das darunter liegende Kettenglied faßt. Jedes fertige Band wird auf eine kräftige Einlegeschnur gereiht, welche man zwischen den beiden eingebohrten Löchern hindurch fest um den Stock wickelt, während Anfang und Ende der Schnur in den Löchern befestigt wird. Acht der Bänder knotet man zuletzt zwischen den anderen ein, damit die Form des Abstäubers zierlicher wird. Durch das untere Loch bindet man eine große rote Bandschleife. Wenn der Stäuber schmutzig ist, wird er einfach in Seifenwasser gewaschen. Man kann übrigens den Bilderabstäuber auch zum Reinigen zarter und leicht zerbrechlicher Dinge anwenden, welche die Behandlung mit einer Bürste nicht vertragen.

He.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 372a. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0372_a.jpg&oldid=- (Version vom 13.7.2023)