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Die Gartenlaube.

Beilage zu No 17. 1896.


Ferdinand Gumbert †. Wo immer das deutsche Lied gepflegt wird – in „deutscher Männer Runde“, im Salon oder im Dachkämmerlein, auf der Wanderschaft oder hinterm Becher – überall dort sind in der Zeit ihrer Blüte Lieder des deutschen Komponisten mit Vorliebe gesungen worden, der am 5. April in seiner Vaterstadt Berlin verstorben ist. Melodiöse Frische, volkstümliche Singbarkeit war der große Vorzug der Lieder Ferdinand Gumberts, mit welchem er in verschiedenen, wie dem vielgesungenen „Spielmannslied“ Geibels, eine geschickte Verwendung von Wirkungsmitteln der italienischen Opernmusik verband. Das Berliner Kind war am 21. April 1818 geboren, widmete sich anfangs einige Zeit dem Buchhandel, wandte sich 1839 als Sänger der Bühne zu und war als solcher bis 1842, erst in Sondershausen, dann in Köln in jugendlichen Baritonrollen thätig. 1840 gab Gumbert sein erstes Liederheft heraus, dem bald andere folgten, und zwei Jahre später sagte er auf den Rat Konradin Kreutzers der Bühne Valet, um sich ganz dem musikalischen Schaffen zu widmen. Um 1860 belief sich die Zahl seiner Lieder bereits auf 300, und ein besonders beliebtes und rührsames derselben, „Ich bitt’ euch, liebe Vögelein,“ nahm der damals gefeiertste Tenorist der Pariser Großen Oper, Gustav Roger, in sein Konzertrepertoire auf. Die Wendung des musikalischen Geschmacks, die namentlich Richard Wagner bewirkte, setzte seinem Erfolg die Grenze. Er wandte sich später der Musikkritik zu; auch gab er das Buch heraus: „Musik – Gelesenes und Gesammeltes.“

Das Geschenk der Getreuen in Butzbach an den Fürsten Bismarck zum 81. Geburtstage.

Das Rauchtischchen der Getreuen Bismarcks in Butzbach. Stiller als im vorigen Jahre verfloß diesmal der 1. April im Sachsenwalde. Kein Wunder, denn im verflossenen Frühling feierte der erste Reichskanzler seinen achtzigsten Geburtstag, und es ist ja Brauch und Sitte, daß die vollen Zehner in der Zahl der Lebensjahre durch besondere Feste ausgezeichnet werden. Aber auch am heurigen einundachtzigsten Geburtstage empfing Bismarck eine Fülle von Glückwünschen und Geschenken, zahllose Beweise von Dank und Liebe, und die schönsten darunter waren zweifellos diejenigen, die aus den breiten Schichten des deutschen Volkes kamen. Sehr originell und zugleich ungemein sinnig war die Gabe, mit welcher die Getreuen aus Butzbach, der gewerbefleißigen oberhessischen Stadt, den greisen Fürsten überraschten. Schon im vorigen Jahre hatten sie ihm ein Paar „Geburtstagsstiefeln“ aus dem berühmten Butzbacher Leder verehrt, heute brachten sie ein Rauchtischchen dar, das die obenstehende Abbildung wiedergibt. Aus einem Felsboden streben sieben verschiedene Stämme empor, die mit einem starken Stahlbande umfaßt werden. Eine Rosenranke aus dem Butzbacher Bismarckshaine umschlingt die Stämme, auf deren Wipfeln die kunstvoll gearbeitete Tischplatte ruht. Darauf sehen wir das nötige Rauchzeug: einen Fidibusbehälter in der Form des Butzbacher Wappenturmes; als Feuerzeugbehälter dient eine Nachbildung der vorjährigen „Geburtstagsstiefeln“, während eine Wichsschale mit Auftragbürstchen den Aschenbecher mit Lichthalter darstellt. Blätterförmige Lederornamente vervollständigen den Schmuck der Platte. Sehr gelungen sind die gereimten Widmungen, mit denen einzelne Teile des Rauchtischchens versehen sind. Die sieben Stämme des Tischgestells sollen die sieben deutschen Stämme versinnbildlichen, und dementsprechend trägt das Stahlband, durch das sie zusammengehalten werden, folgende Inschrift:

„Wie man uns, des Waldes Sprossen,
Hier mit starrem Ring umspannt,
Schlang um trutz’ge deutsche Stämme
Deine Kraft ein Eisenband.“

Mit einem köstlichen Vers ist die Wichsschale umrahmt:

„Daß deine ‚Wichse‘ gut
Und lang ihr Glanz sich hält,
Darob ging längst schon auf
Ein Licht der ganzen Welt.“

Ebenso zutreffend ist die Inschrift auf dem Tabaksbeutel, der als eine seidene Schlafmütze am Rauchtischchen herunterhängt:

„An unsre Stärke hat man erst geglaubt,
Seit du die Michelsmütz’ uns zogst vom Haupt.“

Zu bemerken ist noch, daß dieses sinnige Rauchtischchen bis auf die Holzschnitzerei und Gravierung von den Getreuen in Butzbach selbst verfertigt wurde. Und wer sind diese Getreuen? Im Jahre 1895, bei Gelegenheit des 80. Geburtstages des Altreichskanzlers, vereinigte der Realschuldirektor Jäger die Bismarckfreunde in Butzbach und regte an, dem Fürsten zu seinem Geburtstage ein Geschenk zu übersenden. Es fand zu diesem Zwecke eine engere Vereinigung statt, in der außer Lehrern auch Handwerker, wie ein Spengler und ein Maurer, vertreten sind. Diese Getreuen haben die Pläne zu den bisherigen Geburtstagsgeschenken entworfen und für deren Ausführung gesorgt.

Der gedeckte Spielplatz in Würzburg. In dem Artikel „Ballhäuser und Spielhallen“ (vergl. Jahrgang 1894, S. 475 der „Gartenlaube“) haben wir, an Sitten der guten alten Zeit anknüpfend, darauf hingewiesen, wie nützlich sich in unserer Zeit gedeckte Hallen für allerlei Bewegungsspiele erweisen würden, damit diese Geist und Körper erfrischende Beschäftigung nicht zu sehr vom Wetter abhängig bleibe. Wir haben damals „Ballhäuser“, das heißt gedeckte Spielplätze, aus alter Zeit unseren Lesern auch im Bilde vorgeführt, heute können wir ihnen eine solche Spielhalle aus der Neuzeit bieten. Unser Bildchen zeigt den gedeckten Lawn-Tennis-Spielplatz in Würzburg, der während des Winters und mitunter auch am Abend bei künstlicher Beleuchtung eifrig benutzt wird. Die geräumige Halle ist jedoch ursprünglich nicht für Spielzwecke erbaut worden. Es ist ein alter verlassener Bahnhof, dessen Boden nunmehr nicht mit eisernen Schienengeleisen, sondern mit weißen Oelfarbenlinien bedeckt ist, die den Spielplan abgrenzen, während auf dem Perron Radfahrer in ihren Künsten sich üben. Wie die Zeitschrift „Sport im Bild“ mitteilt, besteht der Spielboden aus hartgestampftem Lehm, der von Zeit zu Zeit gefegt und des Staubes wegen begossen werden muß, sonst aber genau die Eigenschaften eines Hartplatzes besitzt. Es dürfte wenige Städte geben, die sich einer solchen Spielhalle erfreuen. Vielleicht wirkt das Beispiel Würzburgs anregend.

Der gedeckte Spielplatz in Würzburg.
Nach einer Photographie gezeichnet von R. E. Kepler.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 292a. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0292_a.jpg&oldid=- (Version vom 12.7.2023)