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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

Moidele (Mariele) in die Augn gestochn. Nit grad für’s Leben, lei so zur Kurzweil. Miar hat selb Diendl aber fürs Leben guat gfalln und da hab i den Luisl, wie er ’s Moidele a mal um d’ Mittn gnummen hat, so im Gspaß, angstenkert. Da ist dann Raufets (Rauferei) draus gwordn und schön hab i ihn gschmißn, den Luisl, saggrisch schön. Aftn (nachher) ist’s Moidele mein Schatz gwordn. Dem Bauer und der Bäurin war’s nit zwider und ins zweien war’s schon gar aus recht. I bin auf’n Hof ja kuan fremd’s Leut gwest und allwegs wie’s Kind angsechn.

Nachher ist wieder a Zeit umgangen. Da bringt der Bettlrichter (Polizeidiener) an Zettl, zur Soldatnstellung müß i in die Stadt. Und da hat mir’s Moidele, wia’s der Brauch ist, an schön Nagelestrauß auf’n Huat bundn und dieweil i in die Stadt gangen bin, haben sie, ’s Moidele und die Muater, drei Rosenkränz betet, daß i durchschlüpf. I hab drunt in der Stadt Nummero drei aus ’n Hafn außerzogn und der Soldatndokter hat die Brilln aufgsetzt, hat mi von ob’n bis unt’n angschaut und hat gsagt: a fester Bua ist’s! Taugli!

Lei drei Rosenkränz haben halt nit glangt. A Stuck a drei Meßn hätt’s braucht, wenn nit gar fünf.

Wi i eingruckt bin, sein i und’s Moidele zum letznmal da drent beim Wetterkreuz beinand gstandn. Da hab i’s mit’n rechtn Arm um der Hüftn gfaßt und mit der linkn Hand hab i ihr’s Köpferl in die Höh’ gruckt, daß ihr a Thränentröpfl grad im Grüberl auf der Wangen liegen blieben ist.

‚Wirst mi alleweil lieb habn, Moidele, und wirst miar treu bleiben?‘

Gar gwundrig hat’s aufgschaut. ‚Giebt’s denn etwas anders als Treu, wenn sich zwei lieb habn?‘

Aufs die Red aufi bin i gangen. Was hab i no mehrer braucht?

Und siehst, jetzt kumm i miar selber auf a Lug. Siebenzig Jahr, hab i gsagt, sei i auf’n Hof und sein thuan’s lei acht und fufzig. Zwölf Jahr bin i ja beim Militär Soldat gwest!

In der Welsch drein, tief drein in der Welsch, hab i gfochtu unter’m Vater Radetzki und an Schuß hab i bekummen mittn durchs Fleisch, ’s Bein nit a bissele beleidiget. Dös sag i lei, daß d’ a Idee hast, was i für a guat gstellter Mensch gwest bin. Heut soll’s a mal oaner versuachn lei ’s Fleisch zu treffn bei mir!

Von daheim hab i nie mear was gspürt. Schreiben? Mei, wer soll schreiben? Bis a Tintn kaufst beim Krämer und a Papier und ar Hennen a Feder ausrupfst, nachher ist wieder neamd da, der’s bschneidn kann die Feder. Und bis d’ a Briafwappl hast, dieweil ist ei’m lang schon ausgfalln, was man hat schreiben wölln.

Nach neun Jahr bin i als Patent-Urlauber heimkummen.

Wie i so mit no zwei Kameradn drunt in Lana durchs Dorf einmarschier, kummt von der Pfarrkirchn grad a Hochzeit her.

Und wer ist’s gwest, die Hochzeiterin?

Mein Moidele mit’n Longfaller Luis!

Kreuz sackera, bin i da erschrockn, bin i da so erschrockn!

Aber i hab mi schon auklärn laßn. Vor anderthalb Jahr ist der Baur gstorben gwest und die alte Bäurin hat döcht nit heiratn können und i war ja nit da, und a Bauer muß sein auf an Berghöfl und der Luis weiß da drobmet alles acht und kennt alles, so hat’s freili so sein müßn.

Um a drei Wochn, a viere früher heimkummen hätt i solln!

Bin so sinniger a halbete Stund beim Kirchnegg gestandn und hab der Sach nachdenkt. Nachher hab i mein Stock gnummen und bin wieder durchs Dorf aus. Koan Mensch hat mi kennt und koan Mensch hat nach mir gschaut. Und zwegn warum hätt i den solln mein Moidele im Weg stehn? ’s ist gnuag gwest an meim schwärn Herzn.

Schnüarlgrad bin i af Bozn zua und hab beim Platzkummando a neue Kapitulation für mi angmeldet auf drei weitere Jahr. Hundert Guldn hab i dafür bekummen und de hab i heimschickn laßn, zum Aufheben für mi.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0198.jpg&oldid=- (Version vom 11.7.2023)