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Die Gartenlaube.

Beilage zu No 8. 1896.


Graf Eberhard im Bart. Zu den Gedächtnistagen dieses Jahres gehört derjenige des Todes von Graf Eberhard im Bart, des ersten Herzogs von Württemberg, der am 24. Februar vor 400 Jahren starb, dessen Ruhm aber noch heute im Volke lebt. Noch heute lernt jedes Schwabenkind als eine Art Nationalhymne das Lied von dem „Grafen im Barte“ singen, den die anderen deutschen Fürsten deshalb als den „reichsten“ preisen, weil er im sichersten Besitz der Treue seines Volkes lebt. Graf Eberhard, der zum Unterschied von seinen Vorgängern seinen Zunamen erhielt, war einer der friedfertigsten und gerechtesten Fürsten in jener kriegerisch bewegten Zeit, die vom Kampf der aufblühenden Städte gegen das entartete Rittertum ihren Charakter erhielt. Er gab dem Lande Württemberg, das im letzten Jahre seiner Regierung von Kaiser Maximilian I. zum Herzogtum erhoben ward, eine von liberalem Geist getragene Verfassung, um welche es andere deutsche Staaten in weit späterer Zeit noch beneideten. Die Unteilbarkeit des Landes regelte er durch Grundgesetze für ewige Zeiten, die Ueberwachung der Verträge und die Festsetzung der Steuern übertrug er den drei Ständen; für Stuttgart und Tübingen setzte er Städteordnungen ein, in den Klöstern stellte er bessere Zucht wieder her, der Wissenschaft war er ein eifriger Förderer, als Hauptmann des Schwäbischen Bundes wirkte er für den Frieden auch jenseit der Landesgrenzen, treu stand er zum Kaiser. 1445 als Sohn des Grafen Ludwig des Aelteren geboren, war er schon im 14. Lebensjahre an die Regierung gelangt. Bei solchem Mißverhältnis zwischen Lebensreife und Macht zunächst auf schlechte Bahnen geraten, wurde er durch eine Pilgerfahrt nach Jerusalem der späteren hohen Auffassung seiner Fürstenpflichten zugeführt. Die Beliebtheit, die er sich im Laufe der Jahre bei seinem Volke erwarb, war in der That so groß, wie es aus Justinus Kerners Ballade „Der reichste Fürst“ hervorgeht. Der hier verherrlichte Ausspruch ist historisch; Eberhard that ihn bei Gelegenheit seiner feierlichen Belehnung mit der Herzogswürde auf dem Reichstag zu Worms im Juli 1495 bei einem Festmahl. „Ich darf rühmen, daß ich in jedes Unterthanen Schoß sicher schlafen kann,“ so lauteten nach Melanchthons Zeugnis des Fürsten Worte. Zu seinem Gedächtnis ist im Hofe des Alten Schlosses zu Stuttgart ein Reiterstandbild errichtet, das dem malerischen Reiz seiner stimmungsvollen Umgebung sich passend einfügt. Nach Ludwig Hofers Entwurf in Erz gegossen, wurde es 1859 enthüllt. Die nebenstehende Abbildung läßt einen Teil der schönen Säulenarkaden erkennen, welche den Hof des Alten Schlosses umrahmen.


Das Stuttgarter Denkmal des Grafen Eberhard im Bart.
Nach einer Photographie von L. Schaller in Stuttgart.

Das dritte deutsche Reichswaisenhaus zu Schwabach ist in seinem Bestehen gesichert und die „Deutsche Reichsfechtschule“ kann nunmehr zum Bau eines vierten Hauses für arme Waisen schreiten. Diesen Erfolg hat man zum großen Teil der Nächstenliebe des Rechtsanwalts Wilhelm Engerer zu danken, der dem Reichswaisenhause Schwabach sein Vermögen von rund 100000 Mark vermachte. W. Engerer wurde im Jahre 1836 zu Cadolzburg in Bayern als Sohn eines Gutsbesitzers geboren. In Erlangen besuchte er das Gymnasium, sowie die Universität. Im Jahre 1855 begann er das juristische Studium; er ließ sich 1869 als Kgl. Advokat in Bayreuth nieder. 1875 wurde er nach Traunstein versetzt, wo er bis zum Jahre 1889 verblieb. Kränklichkeit nötigte ihn, seinen Beruf aufzugeben. Er konnte sich aber nicht erholen; im Herbst 1893 wurde er von einem Schlaganfalle betroffen, an dessen Folgen er starb. Möchte doch das Beispiel dieses Wohlthäters auch bei anderen Kinderlosen von Vermögen Nachahmung finden!

Das „Neue bayrische Koch- und Haushaltsbuch“ von Anna Klein (Nürnberg, Groß) gehört zu den empfehlenswerten Führern für junge Hausfrauen und strebsame Köchinnen. Soviel das geschriebene Wort die mündliche Belehrung über die wichtige Frage „wie es gemacht wird?“ zu ersetzen vermag, ist hier geboten. Die Rezepte sind durchgängig nach guter Erfahrung verfaßt und geben alles, was die feine bürgerliche Küche erfordert, in wünschenswertester Vollständigkeit: Fleisch- und Fischgerichte, das Heer der süddeutschen Mehlspeisen und Bäckereien, die Zeitdauer zum Fertigwerden, sowie die genaue Angabe der Zuthaten. Der Anhang „Nützliches und Praktisches für Küche und Haus“ hilft einer Menge von kleinen Uebelständen und Schwierigkeiten ab. Vollständige Anweisung zum Einmachen und zur Bereitung von „Gefrorenem“ ist ebenfalls in dem hübsch ausgestatteten Buche zu finden, das zum Schluß eine Anzahl weißer Blätter enthält, auf welchen die Hausfrau eigene Erfahrungen dem Schatz der gedruckten mühelos anreihen kann.

Aspinalls Enamel (Emailfarben). Die von uns in der Beilage zu Nr. 5 d. J. erwähnten Emailfarben sind unter anderem auch zur teilweisen Bemalung und Füllung von Holzbrandarbeiten sehr geeignet. Man läßt das gebrannte Ornament hell stehen und füllt den Grund mit Aspinalls Farben (wenn man eine Spur von Oelfarbe darunter mischt, kann man sie in jeder gewünschten Schattierung abtönen). Sie müssen zierlich aufgetragen werden, in der Art von Glas-Email, und dann gut austrocknen. Spiegelrahmen z. B. sehen mit zartblauer oder seegrüner Füllung außerordentlich hübsch aus. Auch große Blumentöpfe lassen sich mit diesen Farben zu eleganten Topfhüllen umgestalten. Zuerst überstreicht man sie mit Leimwasser und läßt sie trocknen. Dann kommen eine gleichmäßige Schicht weißer Emailfarbe und auf diese, nachdem sie gleichfalls trocken ist, dunkelblaue und gelbe Ornamente in Delfter oder auch italienischer Majolikamanier. An vortrefflichen Vorlagen fehlt es nicht bei dem großen Reichtum derartiger Werke, und das Einrichten der Motive für die Topfrundung macht nicht viel Schwierigkeit. Der fertige Gegenstand sieht außerordentlich hübsch aus und kann mit Wasser gereinigt werden. Bn.     

Gefahren der künstlichen Gebisse. Für die Ernährung vieler Leute, welche das Unglück hatten, ihre Zähne zu verlieren, ist die Anschaffung eines künstlichen Gebisses wünschenswert, ja notwendig. Es wird aber dabei viel zu wenig darauf geachtet, daß das Tragen desselben mit Gefahren für die Gesundheit verbunden ist. Namentlich kann das Verschlucken eines solchen Gebisses sehr schlimme Folgen nach sich ziehen. Neuerdings erklärte Professor Krönlein in Zürich in einem Vortrage, daß ihm 37 Fälle bekannt geworden seien, in welchen infolge dieses Verschluckens die schwere Operation der Oesophagotomie (Speiseröhreschnitt) ausgeführt werden mußte. Von den Verunglückten genasen 29, während 8 starben. Professor Krönlein knüpfte daran eine Mahnung an die Träger falscher Gebisse, die in weiteren Kreisen bekannt zu werden verdient: man solle niemals versäumen, künstliche Gebisse beim Schlafengehen abzulegen und schadhaft gewordene sofort ausbessern zu lassen. In letzterer Hinsicht wird namentlich vielfach gefehlt. *      

Zeitungsrollen aus Rohrmatten. In Hafenstädten, wohin manche ausländische Dinge leichter als irgendwo sonst hin ihren Weg finden, sind chinesische kleine Rohrmatten überall käuflich, die man dort vielfach zu einer einfachen originellen Zeitungsrolle verwendet. Man rollt sie rund zusammen, vergoldet sie mit Goldbronze und Siccativ und bindet sie oben nach dem Trocknen an beiden Seiten mit farbigen Seidenbandstreifen zusammen. Für die Mitte wird ein Stück farbiger Plüsch in Form eines Schildes geschnitten, schräg darüber mit Plattstich das Wort „Zeitungen“ gestickt, dann mit kleiner Schnur umrandet, worauf man es auf der Rolle befestigt. Man leitet zum Aufhängen des Ganzen zuletzt eine farbige, zum Bande passende Seidenschnur durch die Rolle, die man in der Mitte zu mehreren Oesen zusammennäht. He.     

Statistik der Stierkämpfe. Im Laufe des Jahres 1895 wurden in Spanien, Portugal und Frankreich 731 Stierkämpfe veranstaltet. In denselben fanden 3657 Stiere und eine noch größere Anzahl von Pferden ein trauriges Ende. Die von französischen und spanischen Blättern veranstaltete Statistik verschweigt leider die Zahl der Menschenleben, die geopfert wurden, um einen der niedrigsten „menschlichen“ Instinkte zu befriedigen.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 132a. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0132_a.jpg&oldid=- (Version vom 12.7.2023)