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Blätter und Blüten.


Vermißten-Liste. (Fortsetzung aus Nr. 13 dieses Jahrgangs.)

373) Seit Dezember 1891 wird vermißt der Zimmerthaler Christian Gottfried Roscher, welcher am 18. März 1870 zu Weiden in Bayern geboren ist.

374) Richard Julius Max Knopf, geb. am 6. Dezember 1863 zu Berlin, seines Zeichens Koch, ging im Jahre 1890 nach Buenos Aires, Rosario de Santa Fé, und von da ist er spurlos verschwunden.

375) Von dem Kaufmann Franz Josef Bergmann, geb. am 5. Dezember 1858 zu Pasek bei Rochlitz in Böhmen, kam im Januar 1886 aus Honolulu die Mitteilung, daß er nach Australien reisen wolle. In Sidney ist er dann auch mit dem Dampfer „Australia“ angekommen, hat aber von dort noch nichts wieder von sich hören lassen.

376) Seit seinem letzten Briefe vom Juni 1891 aus Wien, in welchem er ankündigt, daß er nach Budapest überzusiedeln gedenke, hat der Zimmermann und Bautechniker Jean Bernath, geb. am 19. Juli 1869 zu Thayingen, Kanton Schaffhausen, nicht wieder geschrieben. Im Jahre 1892, während der Cholerazeit, soll er sich in Hamburg aufgehalten haben.

377) Von seinen Eltern wird sehnlichst um Nachricht gebeten der Kaufmann Moritz Credé, geb. am 6. Febr. 1860 zu Kassel, der 1882 in Steinsburg (Kapland) und später in Brandfort (Oranje-Freistaat) gewohnt haben soll.

378) Seit 9. November 1893 ist die zu Hanau am 3. September 1878 geborene Pauline Mook verschollen. Sie hatte blonde Haare und schwarze Augen, deren linkes schielte.

379) Um Nachricht wird von seiner Mutter gebeten der im Jahre 1833 zu Königsberg in Pr. geborene Klempner Otto Kirschnick, der sich wahrscheinlich in England aufhält.

380) Der Buchhandlungsgehilfe Gerhard Vermaasen, geb. am 30. Okt. 1863 zu Materborn, Kr. Cleve, schrieb am 29. Sept. 1893 aus Ravensburg, daß er in Stuttgart eine Stelle als Reisender erhalten habe und als solcher nach Oesterreich gehen werde. Seitdem hat Vermaasen nichts wieder von sich hören lassen.

381) Die Schwestern Richter, Elisabeth, geb. am 8. Juli 1853, und Babette, geb. 25. März 1858 zu Nürnberg, werden von ihrem Bruder gesucht. Von Elisabeth kam im November 1892 aus Santos in Brasilien, wo sie verheiratet ist, von Babette im Mai 1891 aus Wien die letzte Nachricht.

382) Marie Elisabeth Hasselbacher, geb. Schleizer, die am 21. Juli 1847 zu Gera (Reuß) geboren wurde, schrieb zuletzt im März 1886 von Frankfurt a. M., Böhmerstr. 42, I; seitdem ist sie verschollen.

383) Am 19. April 1894 ging das schwedische Segelschiff „Slite“ (Kapitän J. Nyström), auf dem sich der Schiffsjunge Richard Eisenschmidt, geb. am 1. Juli 1879 zu Leipzig-Sellerhausen, befunden haben soll, von Harburg in See. Das Schiff wurde am 18. Mai 1894 auf der Fahrt nach Schweden vom englischen Dampfer „Horton“ überfahren. Die Eltern leben der Hoffnung, daß ihr Sohn gerettet und in Kopenhagen gelandet wurde, und bitten sehnlichst um ein Lebenszeichen von ihm.

384) Aus Worms, wo er sich das Diplom eines Braumeisters erworben hatte, ist der Brauer Robert Diestel, geb. am 24. Oktober 1866 in Podolien, seit März 1892 verschwunden.

385) Von seinem Neffen wird gesucht Georg Scheibel, welcher am 24. November 1813 zu Münchweiler geboren ist.

386) Schuhmachermeister August Heinrich Gabriel, geb. am 7. März 1834 zu Altdöbern bei Calau, ist seit 1864, zu welcher Zeit er in Calau lebte, verschollen.

387) Seit seinem Schreiben vom Mai 1878 aus London hat der am 27. Juli 1853 zu Luchshausen in Ostpreußen geborene Seemann Carl August Hermann Böhm nichts mehr von sich hören lassen.

388) Der Matrose Hellmuth Paul Burgeleit, geb. am 14. Aug. 1861 zu Kaukehmen in Ostpr., gab zuletzt Kunde von sich im Jahre 1886 aus Australien, im Jahre 1890 soll er sich dann in Amerika aufgehalten haben.

389) Der Buchhalter Adolf Streda, geb. am 21. Oktober 1869 zu Dobruschka in Böhmen, wird von seiner alten kranken Mutter sehnlichst um ein Lebenszeichen gebeten.

390) Ein hochbetagtes Elternpaar wünscht vor seinem Tode noch einmal seinen einzigen Sohn, den Schlosser und Uhrmacher Albin Friedrich Jsidor Köhler, geb. am 15. Oktober 1860 zu Hörselgau, zu sehen. Derselbe lernte zuletzt, im Jahre 1879, als Uhrmacher bei Hermann Köhler in Holzminden.

391) Von seiner Schwester um Nachricht gebeten wird der in Pest am 12. Juli 1860 geborene Zuckerbäckergehilfe Heinrich Walitschek.

392) Von seiner Mutter gesucht wird der Arbeiter Hermann Kromat, der am 28. Jan. 1878 zu Neukirch in Ostpreußen geboren ist. Kromat, welcher schwachsinnig ist, hat sich im Frühjahr 1894 von Hause wegbegeben und ist seitdem spurlos verschwunden.

393) Der Landwirt Wilhelm Balthasar Witte, geb. am 11. Juli 1832 zu Wittstock in Brandenburg, wird vermißt. Er schrieb am 29. Juni 1864 aus St. Joinville in Brasilien und soll später nach Curitiba verzogen sein.

394) Der am 22. September 1858 zu Schkölen, Kr. Weißenfels, geborene Maschinenbauer Friedrich Albert Jäger ging im Jahre 1888 nach Brasilien und später nach Nordamerika. Der letzte Brief Jägers datiert vom 19. April 1891 aus Milwaukee.

395) Ein Vater sucht seinen einzigen Sohn, den in der Provinz Posen am 23. Jan. 1874 geborenen Arbeiter Hermann Emil Scheel, welcher im Mai 1893 von Deutsch-Fordon bei Bromberg aus über Hamburg und Antwerpen nach New York gereist sein soll.

396) Der Kellner Gustav Hermann Richter, geb. am 25. Aug. 1868 zu Langburkersdorf in Sachsen, welcher noch im November 1892 in Berlin, Bergstraße 78, wohnte, ist trotz aller Nachforschungen nicht aufzufinden.

397) Ein bekümmertes Mutterherz sehnt sich nach einem Lebenszeichen von dem Gärtner Herrmann August Röben, geb. im November 1875 zu Oldenburg, welcher am 15. October 1893 von Westerstede in Oldenburg aus auf die Wanderschaft gegangen ist.

Wir hoffen von Herzen, daß auch diese Fortsetzung unserer „Vermißten-Liste“ in recht vielen Fällen ermöglicht, Freude und Versöhnung in Familien und vereinsamte Herzen zu bringen, wo jetzt Trauer und Herzeleid um verlorene Angehörige herrscht, die vielleicht doch noch am Leben sind.

Sigrid Arnoldson. (Zu dem Bilde S. 773.) In einer Knitik über Adelina Patti schrieb der berühmte Wiener Musikschriftsteller Eduard Hanslick: „Adelina Patti darf die erste unter den lebenden Gesangskünstlerinnen heißen.“ Und er fuhr fort: „Fast will es scheinen, als bleibe sie zugleich die letzte große Sängerin, die in der strengen Schule der Rossinischen Virtuosität und des Bellinischen bel canto aufgewachsen, also ausgerüstet mit den höchsten Errungenschaften italienischer Gesangskunst, sich modernen dramatischen Aufgaben zugewendet hat.“ Die Befürchtung, die er in diesen Worten ausspricht, ist glücklicherweise nicht eingetroffen: denn die „Diva“ hat in der Schwedin Sigrid Arnoldson eine durchaus ebenbürtige Nachfolgerin erhalten. Und dies ist wörtlich zu nehmen; denn im Frühjahr 1888 wurde Sigrid Arnoldson an Stelle der Patti am Coventgarden in London engagiert, wo sie das vollständige Rollengebiet der vergötterten Spanierin übernahm. Sie gleicht auch darin derselben, daß ihre Stimme nicht besonders groß ist, ihre nachhaltigsten Wirkungen vielmehr auf dem bestrickenden Wohllaut des Organs und der vollendeten Ausbildung desselben beruhen. Ihr Spiel ist voll echten dramatischen Feuers und von unwiderstehlichem Zauber. Sigrid Arnoldson ist 1868 als Tochter des berühmtesten Tenors Skandinaviens, Oskar Arnoldson, zu Stockholm geboren. Ihre gesangliche Ausbildung hat sie bei Madame Artôt de Padilla und dem unvergleichlichen leider so früh verstorbenen einzigen Lehrer der Patti, bei Maurice Strakosch, genossen. Ihr erstes Auftreten erfolgte 1886 in Moskau. Ueberall, wo sie sich seitdem hören ließ, flogen ihr die Herzen entgegen, und man ist in den deutschen Musikstädten, wo sie bisher gastierte, ebenso entzückt von ihr wie in St. Petersburg, Amsterdam, im Haag, in Paris, Rom, London, in den Vereinigten Staaten Amerikas und in ihrer Heimat Schweden. Wie schon in den letzten Jahren befindet sich die Künstlerin auch diesen Winter auf einer Gastspielfahrt: im Oktober machte sie auf derselben in Bremen die erste Station auf deutschem Boden. In ihrem Repertoire steht leider die französische und italienische Oper im Vordergrund, es umfaßt u. a. „Mignon“, „Carmen“, „Barbier von Sevilla“, „Dinorah“, „Traviata“, „Rigoletto“, „Fra Diavolo“, „Lucia“, „Romeo und Julia“, „Lakmé“ (von Delibes), „Mireille“ (von Gounod), „Manon“ (von Massenet), doch zählen auch Zerline in Mozarts „Don Juan“ und der Cherubin in „Figaros Hochzeit“ zu ihren erfolgreichsten Rollen. Die jungitalienische Oper, welche mit Mascagnis „Cavalleria rusticana“ zu so allgemeiner Geltung gelangte, hat ihr in der Nedda in Leoncavallos „Pajazzi“ neuerdings eine Aufgabe gestellt, die sie glänzend zu lösen weiß. Unser Bild zeigt sie im Columbinenkostüm dieser Rolle. W. Gareiß.     

Die Schleglerkönige ergeben sich Eberhard dem Milden von Württemberg. (Zu dem Bilde S. 777.) Um dieselbe Zeit, da die Schweizer Eidgenossen ihre Freiheit und Unabhängigkeit in der Schlacht bei Sempach gegen die Ritterscharen Leopolds von Oesterreich siegreich behaupteten, standen in Schwaben die alten freien Reichsstädte im Kampf gegen die Herrschaftsansprüche des die Landvogtei ausübenden Grafen von Württemberg. Hier lagen die Verhältnisse verwickelter als in der Schweiz; der kriegslustige Eberhard, der sich auf die Bauernschaft stützte, hatte nicht nur die Städte, sondern auch einen großen Teil der Ritter zu Gegnern, die ihrerseits auf eigene Faust gegen die Städter zu Felde lagen. Die so volkstümlich gewordenen Balladen Uhlands, welche den „alten Rauschebart“, Graf Eberhard den Greiner, und seinen Sohn Ulrich als Helden feiern und das Auf und Nieder jener Kämpfe schildern, haben dafür gesorgt, daß die Hauptereignisse derselben auch unserer Gegenwart gar lebhaft im Gedächtnis stehen: der Ueberfall in Wildbad durch den Ritterbund der „Schlegler“ und andere ritterliche Feinde, welchem der Greiner nur mit Hilfe eines treuen Hirten entgeht (1367), die Schlacht bei Reutlingen, in welcher Ulrich und die zu ihm haltenden Ritter der Kraft der Städter unterliegen (1377), der Konflikt zwischen Vater und Sohn, dem jener diese Niederlage nicht verzeihen kann, und die „Döffinger Schlacht“, in welcher 1388 der Rauschebart die Städter besiegt und Ulrich die Liebe des Vaters zurückgewinnt, doch um den Preis seines Lebens. Auch die Rache, welche die Häupter des Schleglerbunds zu Heimsheim ereilte, bildet in dem Cyklus den Gegenstand einer besonderen Ballade:

„Drei Könige zu Heimsen, wer hätt’ es je gedacht,
Mit Rittern und mit Rossen, in Herrlichkeit und Pracht!
Es sind die hohen Häupter der Schlegelbrüderschaft,
Sich Könige zu nennen, das giebt der Sache Kraft.“

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