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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

Ein Liebeszeichen.
Gemälde von F. Fagerlin.


begreiflicher, als daß Kolonien unabhängig werden wollen, aber unserer Insel würde es nicht zum Heil gereichen. Es wird ihnen übrigens nicht gelingen, sich von Spanien freizumachen – die Insel zu Grunde richten, das werden sie. Beide Parteien verbrennen sich gegenseitig die Zuckerpflanzungen und die Kaffeehaine, zerrütten den Wohlstand des Landes und untergraben allen Kredit. Ich bin nicht Politiker, ich bin Geschäftsmann, ich wollte, die Geschichte wäre endlich zu Ende, man kann unter spanischer Herrschaft sehr gut Geld verdienen. Der Aufstand richtet uns zu Grunde. Blinde Spekulation kommt dazu. Das Goldagio schwankt je nach den Nachrichten aus dem Innern um fünfundzwanzig bis fünfzig Punkte an einem Tage. Das verführt. Und die Runkelrübe in Europa entwertet unseren Rohrzucker immer mehr. Auf die ältesten Firmen ist kein Verlaß mehr. Uebrigens, wir nehmen an, daß Du Carvajals wegen kommst. Ist mir sehr lieb, daß unsere Mahnungen bei Euch geholfen haben. Sieh Dir die Sache morgen genau an und berichte mir dann! Politisch ist er sehr indifferent, eher von der spanischen Partei, aber ich bin sonst außerordentlich mißtrauisch gegen den Herrn.“

Johny antwortete ihm, daß Don Antonio ihn am andern Morgen im „Hotel Telégrafo“ abholen werde, und daß er dann sofort mit ihm ins Kontor der Firma gehen und genaue Einsicht in die Bücher nehmen wolle. Essen müsse er natürlich mit Herrn Carvajal, dann möchte er aber seinem Freund gern gleich noch Bericht erstatten.

„Ganz recht, nur nicht auffallen,“ sagte Enrique, „mache Dir Notizen und unterrichte Dich so viel als irgend möglich, zeig aber kein Mißtrauen, bevor Du mich gesprochen hast. Ich werde mit den beiden jungen Damen morgen abend hereinkommen, zum Abendkonzert im Parquecito, unserm Promenadenplatz. Wir treffen uns dort und können dann das weitere verabreden.“

Johny war damit einverstanden, und als die Gesellschaft am Quai gelandet war und er sich am Wagen verabschiedet hatte, nahm er eine Droschke und fuhr nach dem Hotel, wo ihn Bob bereits erwartete, den Pedro mit seines Herrn Gepäck dort abgesetzt hatte.

*      *      *

Am andern Morgen, kurz vor zehn Uhr, betrat Don Antonio Carvajal die Marmorvorhalle des „Hotels Telégrafo“ und fragte im Vorbeigehen den eleganten Portier nach Herrn Arlingtons Zimmernummer.

„Vier und fünf in der ersten Etage, bitte,“ erhielt er zur Antwort.

Gleich darauf klopfte er oben an die Thür und stand auf ein lautes „Herein“ John Arlington gegenüber, der, nur mit Beinkleidern und Flanellhemd bekleidet, auf einem Schaukelstuhl

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 405. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_405.jpg&oldid=- (Version vom 11.6.2021)