Seite:Die Gartenlaube (1895) 340.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

und Plangeroß liegt der Hauptort St. Leonhard mit seiner Kirche, welche die Bauern des Thals zum Unterschied von den zwei anderen die „Mitterkirch“ nennen. Die Kirche ist an der Stelle gebaut, wo Straße und Bach in eine steilabfallende Enge gedrängt sind. Die Wahl dieses Platzes ist um so merkwürdiger, als unterhalb und oberhalb dieser gefährlichen Stelle sich freundliche Thalflächen ausbreiten, die mit ihren sanften Hügeln viel geeigneter für den Stand einer Kirche erscheinen. Eine malerische alte Brücke führt hart unterhalb der Kirche über die wilde Pitzthaler Ache. Im Hintergrunde erhebt sich links die Hohe Geige und der Puikogel, während rechts der scharfe Felsengrat der Rofelewand ansteigt.

Volkstümliche Gesundheitsbüchlein. Die populäre Medizin ist zweifellos ein fruchtbarer Zweig am Baume des Buchhandels; alljährlich bringt er neue Bücher und Büchlein hervor, während altbewährte Schriften in neuen Auflagen erscheinen. Kein Wunder, denn alle Richtungen wie Strömungen der Heilkunde wenden sich an das große Publikum, um es zu belehren oder für sich zu gewinnen. Wir begrüßen das frische Fortschreiten auf dieser Bahn mit Freuden. War doch auf diesem Gebiete die „Gartenlaube“ einst die Bahnbrecherin, ist doch aus einem Teil ihrer belehrenden Aufsätze schon vor Jahrzehnten Bocks Buch vom gesunden und kranken Menschen hervorgegangen, das in seiner Vielseitigkeit unübertroffen dasteht und in seinen neuesten fachgemäß bearbeiteten Auflagen dasjenige aus dem Gesamtbereiche der Gesundheitswissenschaft, Heilkunde und Krankenpflege enthält, was überall bekannt sein sollte. Um diesem Wissensstoff eine noch größere Verbreitung zu verschaffen, ging Bock später daran, die Grundlehren und Regeln „zum Kennenlernen, Gesunderhalten und Gesundmachen des Menschen“ in der „Kleinen Gesundheitslehre“ in der gedrängtesten Form, welche der Zweck der Gemeinverständlichkeit erlaubte, darzustellen. Nach dem Tode des unvergessenen Mannes hat Dr. Max v. Zimmermann den „großen“ wie den „kleinen Bock“ nach dem Stande der neuesten Wissenschaft bearbeitet. Noch kürzer, aber auch ihrem Zweck nach weniger umfassend als Bocks „Kleine Gesundheitslehre“, ist die Flugschrift „Wie erhält man sich gesund und erwerbsfähig?“ von Stadtrat Fritz Kalle und Dr. Gustav Schellenberg gehalten. Sie ist vor allem für Krankenkassenmitglieder bestimmt und erfüllt ihren Zweck recht gut. Eine eigenartige Erscheinung ist ferner auf diesem litterarischen Gebiete „Das Frauenbuch“, ein ärztlicher Ratgeber für die Frau in der Familie und bei Frauenkrankheiten von der bekannten Aerztin Frau Dr. med. H. B. Adams. Die erfahrene Verfasserin hat aus dem weiten Gebiete der Gesundheitslehre und Heilkunde mit großem Geschick das herausgegriffen, was für die Frauen von Belang ist. Alle diese Bücher stehen auf dem Boden wissenschaftlicher Erfahrung und sind frei von den einseitigen Verirrungen, die gegenwärtig als sogenannte neue Heilkunden der Menschheit sich aufdrängen und nur eine bedauerliche Kluft zwischen dem wissenschaftlich gebildeten Arzt und dem Publikum schaffen. Im Gegensatz zu diesen Erzeugnissen wirken die mit dem nötigen Vorwissen und in redlicher Absicht geschriebenen populär-medizinischen Bücher in anderer ersprießlicher Weise; sie mehren im Volke das wahre Wissen und stärken das Vertrauen zu den wirklichen Aerzten. *     

Auf der Pfingstreise. (Zu dem Bilde S. 337.) Als das auf unserem Bild von der schönen Aussicht so mächtig gefesselte Elternpaar, das wir infolgedessen nur aus der Entfernung kennenlernen, in München den Pfingstausflug in die Berge antrat, da hatten sie ihr Töchterlein noch an der Seite und diese selbst keinen Begleiter. Aber der Vierte im Bunde, der ihr jetzt so galant den Alpenrosenstrauß darreicht, war doch schon mit von der Partie – im Herzen des lieben Mädchens nämlich, das mit merkwürdiger Voraussicht bereits ahnte, daß dieser ihren gestrengen Eltern noch gänzlich unbekannte Herr Doktor ganz zufällig in Partenkirchen auf dem Bahnhof auftauchen werde, sobald nur der Zug mit den Pfingstausflüglern dort einrollte. Wie er es nun verstanden hatte, an der Stelle seines Bildes sich selber den Drei zuzugesellen, das hatte ihr halt wieder zu gut gefallen! Das war dieselbe heitere Sicherheit, die ihr sein Wesen gleich beim ersten Sehen – auf einem der letzten Faschingsbälle war es – so ungemein sympathisch gemacht hatte. Und was die winterliche Ballzeit in Mädchenherzen zum Knospen bringt, das kommt zur schönen Frühlingszeit, wenn alle Knospen springen, zur vollen berauschenden Blüte. Das ist Naturgesetz! Und dann begegnet man sich draußen im Freien immer ganz zufällig – und in der Freiheit draußen kommt es zur Aussprache und schließlich zum vollen Einverständnis, dem nur noch der Segen der Eltern fehlt. Dafür ist dann solch ein Pfingstausflug die schönste Gelegenheit: die ganze Natur erstrahlt im Segen des Himmels und das wirkt ansteckend auch auf spröde Elternherzen, die mit vollem Recht in Bezug auf die Gattenwahl ihrer einzigen Tochter recht hohe Ansprüche stellen. Dieser Pfingstausflug soll aber auch ihr selbst noch einmal Gelegenheit zur Prüfung ihres Herzens und dessen Erwählten geben. Daß in dieser Beziehung das Resultat der Reise bereits ein günstiges war, beweist uns ihr in inniger Herzensfreude erstrahlendes Antlitz, der selige Blick, mit dem sie soeben zwischen den von ihm ihr dargereichten Alpenrosen, ganz heimlich verborgen, das Blümlein „Männertreu“ entdeckt.

Eine Ueberraschung. (Zu dem Bilde anf S. 325.) Kühlung ist in der heißen Sonnenglut auch dem Hunde erwünscht. Kein Wunder also, daß Flick und Flock, das muntere Fuchshundepaar, nach allerlei Kurzweil auf grüner Wiese einmütig um die Wette zu dem stillen Weiher in den Parkanlagen eilte, um ein kühles Bad zu nehmen. Die Warnungstafel „Das Baden der Hunde ist bei Strafe verboten“ war für sie „Luft“. Gedrucktes ist für den Menschen da und das Wasser war nach ihrem Hundeverstand ein Gemeingut aller lebenden Wesen. Doch siehe da! Wie festgewurzelt bleiben sie dicht am Ufer stehen und wagen nicht den Sprung in die Tiefe: denn da schaukeln auf der dunkeln Flut die blendend weißen Hüter des Weihers, die stolzen und herrschsüchtigen Schwäne. Flick fletscht die Zähne und Flock knurrt ingrimmig, aber das rührt wenig die drei Wassergrazien; im Gegenteil, mit rauschenden Flügelschlägen erwidern sie die Herausforderung. Herrschsucht und Eigensinn sind Charaktereigenschaften des Schwanes und ich kannte einen solchen Selbstherrscher auf einem Schloßteiche, der niemals leiden wollte, daß unser Mops in ihm badete. Die drei Schwäne auf dem Bilde scheinen ähnlicher Gesinnung zu sein. Aus der Ueberraschung wird es für Flick und Flock noch zu einer bitteren Enttäuschung kommen und mißmutig werden sie forttrollen – zum Vergnügen des Schutzmanns, der aus der Ferne dem Rencontre zusah und eine heimliche Genugthuung empfindet, daß die frechen Eindringlinge das Verbot auf der Tafel doch respektieren mußten. *     

Das Trocknen der Blumen in natürlicher Form und Farbe. Wer hat nicht schon den Wunsch gehegt, Blumen, die uns durch ihre Schönheit und Farbenpracht entzückten oder die uns als Geschenk aus lieber Hand wert und teuer sind, vor schneller Vergänglichkeit zu schützen und sie in ihrem farbigen Reiz, in ihrer anmutigen Form dauernd zu erhalten. Manche Versuche sind schon nach dieser Richtung hin gemacht worden; in München ist sogar eine besondere Fabrik entstanden, in welcher die Blumen nach einem von Professor Dr. Pfitzer in Heidelberg erfundenen Verfahren präpariert werden. Was in Fabriken im großen geleistet wird, das können indessen geschickte Blumenfreunde auch im kleinen annähernd erreichen.

Man nimmt trocknen, weißen Sand, siebt ihn recht fein und wäscht ihn mehrfach in einem großen Gefäß, bis das abgegossene Wasser ganz klar erscheint und alle erdigen Beimengungen entfernt sind. Hierauf wird der Sand an der Sonne oder im Ofen getrocknet und präpariert: auf je 1 Liter Sand rechnet man 100 Gramm Spiritus, 3 Gramm Stearin, 3 Gramm Paraffin und 3 Gramm Salicylsäure. Letztere Bestandteile werden in dem etwas erwärmten Spiritus aufgelöst und dann mit dem Sand vermischt, der nun nochmals getrocknet und gesiebt wird. Zum Einlegen der Blumen benutzt man am besten einen Kasten oder eine kleine Kiste mit Schiebedeckel. Um die Pflanzen beim Herausnehmen nicht zu beschädigen, thut man gut, sich ein passendes Siebgeflecht aus Draht anfertigen zu lassen, welches, nachdem der Boden der Kiste entfernt ist, unter dem Deckelfalze befestigt wird. Man setzt nun die Kiste mit dem Deckel nach unten, schüttet zunächst einen Finger hoch Sand auf das Drahtgewebe und bettet vorsichtig die Blumen, die man erhalten will, hinein. Durch ein kleines Sieb läßt man jetzt den präparierten Sand darüber gleiten, bis allmählich alle Zwischenräume ausgefüllt und die Pflanzen vollständig bedeckt sind; diese dürfen sich aber nicht berühren und müssen ihre natürliche Lage und Form behalten. Nach dem Auffüllen legt man den früheren Boden als Deckel über die Kiste und bringt diese an einen trocknen, warmen Ort, in die Sonne oder in einen Backofen, der eine Wärme von etwa 30 bis 40° Celsius hat; größere Hitze beeinträchtigt leicht die Farben. Nach Verlauf von ein bis zwei Tagen, je nach der Saftfülle der Pflanzen und der Wärme des Ortes, werden die Blumen vollständig trocken sein. Man setzt nun die Kiste, wieder mit dem Schiebedeckel nach unten, auf ein Gefäß, zieht den Deckel zurück und läßt den Sand ablaufen. Sollten hier und da Sandkörner an den Blättern haften geblieben sein, so entfernt man sie behutsam durch Abschütteln und Abklopfen; auch kann man wohl in einzelnen Fällen, z. B. bei ausgeblaßtem Grün, mit dem Pinsel und etwas Anilinfarbe nachhelfen. Statt des Paraffins leistet auch Walrat gute Dienste. Wem das Verfahren mit der Holzkiste zu umständlich erscheint, kann auch zu ersten Versuchen einfache Papiertüten benutzen, da der Sand aus diesen gleichfalls leicht abläuft, ohne daß die Blumen verletzt werden.

Die illustrierte Postkarte. Als „Generalpostmeister“ Stephan die Einführung der Postkarte ins Werk setzte, hat er schwerlich daran gedacht, daß er damit einen ganz neuen Zweig der graphischen Industrie ins Leben rufen würde; wir meinen die „Ansichtskarte“. Aus kleinen Anfängen heraus hat sich diese eigenartige Industrie zu einer Macht entwickelt, welcher niemand, der eine Reise thut, entrinnen kann. Wo man auch heutzutage hinkommen mag, nach welcher Gegend, nach welcher Stadt, die sich sehen lassen kann, es auch sei, flugs wird einem eine Postkarte mit mancherlei schönen Ansichten in die Hand gedrückt, bald mehr bald weniger kunstvoll ausgeführt, zuweilen sehr primitiv. Wir haben Ansichtskarten gesehen, die als Kunstwerke in ihrer Art gelten können; wir kannten aber auch einen Wirt, der dem Verlangen seiner Gäste nach einer Ansichtskarte dadurch entsprach, daß er der Rückseite einer gewöhnlichen Postkarte einfach einen Blaustempel mit den Umrissen seines heimatlichen Berges aufdrückte. In der That giebt es wohl nichts Einfacheres, den Lieben daheim ein Lebenszeichen und zugleich ein Abbild zu geben von dem, was man gerade Schönes anschaut, und indem die daheim eine Karte zu der andern legen, beginnt das Sammeln. Wie man Albums hat für Photographien, für Postmarken und Stempel, so beginnt man in unserer sammellustigen Zeit nun auch die illustrierten Postkarten in hübschen Umschlägen zu vereinigen und ziert damit den Tisch. Deutschland, Oesterreich-Ungarn, die Schweiz, Italien, Frankreich, Belgien, Holland, Dänemark – sie alle müssen ihren Tribut hierzu liefern. Manche Sammler bilden Abteilungen nach Ländern und Provinzen, andere unterscheiden zwischen Schwarzdruck, Buntdruck etc. Hoffentlich übt dieser neue Sammlersport die gute Rückwirkung aus, daß von seiten der Industrie immer mehr Wert auf die künstlerische Ausführung der Ansichtskarten gelegt wird.


Inhalt: Haus Beetzen. Roman von W. Heimburg (6. Fortsetzung). S. 325. – Ein Gedenkblatt für Gustav Freytag. Bild. S. 328 und 329. – Gustav Freytag. Von R. v. Gottschall. S. 330. – St. Leonhard im Pitzthal. Bild. S. 333. – Das Erdbeben von Laibach. S. 334. – Schwester Brigitte. Novelle von Otto von Leitgeb (4. Fortsetzung). S. 336. – Auf der Pfingstreise. Bild. S. 337. – Blätter und Blüten: Moderne Diskuswerfer. S. 339. – St. Leonhard im Pitzthal. S. 339 (Zu dem Bilde S. 333.) – Volkstümliche Gesundheitsbüchlein. S. 340. – Auf der Pfingstreise. S. 340. (Zu dem Bilde S. 337.) – Eine Ueberraschung. S. 340. (Zu dem Bilde S. 325.) – Das Trocknen der Blumen in natürlicher Form und Farbe. S. 340. – Die illustrierte Postkarte. S. 340.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1895, Seite 340. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_340.jpg&oldid=- (Version vom 10.7.2021)