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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

Gebärdensprache der Süditaliener.

Und im Alemannischen:

„De ist in Bach g’heit,
De het en uße g’reicht,
De hät en is Bett gleggt,
De hät ne warm zudeckt,
Und de chliene Schölm do
Hät ne wieder ufgweckt.“

Auch bei den Griechen, wo die Gebärdensprache die höchste Ausbildung erfuhr, hatten die Finger die Bedeutung von Dämonen, von mythischen Wesen, die besondere Namen (der Heizer, der Schmied, der Ambos u. a.) führten. Sie galten auch geheimer Natur- und Heilkräfte kundig und standen im Rufe der Zauberei. Jeder Finger war einer anderen Gottheit heilig, wie ähnlich im alten deutschen Recht, wo jeder Finger eine besondere Beziehung zur Gottheit und zu dem von ihr ausgehenden Gesetz hatte.

Wie bei den Griechen waren selbstverständlich auch bei den Römern die Finger voller Bedeutung. Ganz koboldhaft, durch Zucken und Jucken, können sie Geheimnisse andeuten und verraten. Manus loquax, die geschwätzige Hand, nennt sie Petronius, Cassiodor redet von linguosi digiti, von schwatzhaften Fingern. Der Zeigefinger (von zeihen, anklagen) ist der Bogenspanner, aber auch der Dieb. Der Gold- oder Ringfinger ist der Herzfinger, auch Arztfinger – digitus medicus, denn besondere Heilkraft steht ihm zu. Der kleine Finger, Myops, der Kurzsichtige, bei den Griechen, war dem Merkur heilig er hatte die Gabe der Weissagung; die Franzosen nennen ihn auriculaire, was wohl so viel wie Ohrenbläserlein bedeuten soll, im Sinne unserer Redensart „Mein kleiner Finger hat’s mir gesagt.“

Nun stelle man sich vor, welch ein muntres Leben in diese Kobolde fährt, wenn sie zur Vorstellung zugelassen werden, wenn

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_285.jpg&oldid=- (Version vom 6.3.2024)