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verschiedene: Die Gartenlaube (1894)

An unsere Leser!

Mit dieser Nummer, die wir unseren Lesern in Stadt und Land, in Heimat und Fremde mit frohem Neujahrsgruß ins Haus senden, gelangt wiederum ein Jahrgang der „Gartenlaube“ zum Abschluß und ein neuer – der dreiundvierzigsten – meldet seinen Beginn. Unsern Gruß an die Leser begleitet der herzlichste Dank! Auch in dem vergangenen Jahr hat die große „Gartenlaube“-Gemeinde ihrem Blatte die treue Anhänglichkeit bewahrt, welche der feste Grund ist, auf dem wir bauen. Und in gleicher Treue wollen auch wir die altbewährten Grundsätze festhalten, kraft deren das deutsche Volk in der „Gartenlaube“ ein Familienblatt besitzt, wie es an innerer Gediegenheit und echter Volkstümlichkeit keine andere Nation aufzuweisen vermag.

Wir werden auch ferner bestrebt sein, die „Gartenlaube“ zum Hort einer erfrischenden, fesselnden und durchaus gesunden Volks- und Familienlektüre zu machen und das Beste und Volkstümlichste, was unsere deutsche Unterhaltungslitteratur hervorbringt, unseren Lesern zu bieten. Es wird weiter unsere wichtigste Aufgabe bleiben, die Fortschritte der Wissenschaft und Technik auf allen Gebieten für die Volkswohlfahrt und das Vorwärtskommen jedes Tüchtigen, für das öffentliche und das Familienleben nutzbar und fruchtbar zu machen. Und drittens soll es auch weiterhin gelten, die idealen Errungenschaften unsres Geisteslebens zu verfolgen und zu verbreiten, sie dem allgemeinen Volksbewußtsein zu vermitteln und als unvergängliches Gut zu sichern. Auf dieser Verbindung idealer und praktischer Ziele beruhte von jeher die Beliebtheit der „Gartenlaube“ im deutschen Haus, ihre Bedeutung für das nationale Leben, wie ihre weltweite Verbreitung bis in die entlegensten Vorposten deutscher Bildung und deutscher Sitte.

Der neue Jahrgang wird neben gelungenen Schöpfungen neu auf dem Plan erschienener hochbegabter Schriftstelle wieder eine stattliche Reihe hervorragender Roman und Novellen unserer beliebtesten und gefeiertsten Erzähler und Erzählerinnen und damit eine Fülle anregendster Unterhaltung unseren Lesern bringen. Aus unserem reichen Schatze nennen wir nur folgende:

Haus Beetzen. Von W. Heimburg. – Fata morgana. Von E. Werner. – Buen Retiro. Von M. Bernhard. – Loni. Von Anton von Perfall. – Sturm im Wasserglase. Von Stefanie Keyser. – Die Geschichten des Herrn Direktors. Von Ernst Lenbach. – Freiheit. Von A. v. Rlinckowström. – Die braune Marenz. Von Charlotte Niese. – Um eine Kleinigkeit. Von J. Torrund. – Der Fähnrich als Erzieher. Von Hans Arnold. –

Der Titel des Romans, welchen Ludwig Ganghofer gegenwärtig für die „Gartenlaube“ vollendet und der diesmal in der Gegenwart spielt, ist vom Verfasser noch nicht endgültig festgestellt worden.

Für Aufsätze belehrender Art dürfen wir uns gleichfalls des weiteren treuen Beistands unserer bewährtesten alten Mitarbeiter erfreuen, und wo der Tod schmerzlich empfundene Lücken gerissen, waren wir eifrig bemüht, aus dem jüngeren Geschlecht unserer Schriftsteller und Gelehrten frischen Ersatz zu gewinnen. Wie von jeher wird die „Gartenlaube“ durch populär-wissenschaftliche Artikel anerkannter medizinischer Autoritäten für die Erhaltung und Pflege der Gesundheit wirken. Die interessanten Artikelfolgen: „Tragödien und Komödien des Aberglaubens“, „Erfinderlose“, „Dunkle Gebiete der Menschheitsgeschichte“, „Erfindungen und Fortschritte der Neuzeit“ werden fortgesetzt; der hohe Zweck der Aufsätze „Unschuldig verurteilt“ wurde inzwischen erreicht. Ein neues Unternehmen dieser Art: „Vor der Berufswahl. Warnungen und Ratschläge für unsere Großen“ wird schon in einer der nächsten Nummern zu erscheinen beginnen und in seiner praktischen Tendenz gewiß in allen Familien, wo Kinder heranwachsen, freudig begrüßt werden.

Wird es somit auch weiterhin unsere Aufgabe sein, der „Gartenlaube“ ihren durch Jahrzehnte erworbenen Ruf einer guten und nützlichen Familien- und Volkslektüre zu erhalten, so werden wir anderseits weiter bemüht sein, ihren Charakter als illustriertes Blatt immer mehr zu vervollkommnen. wie uns die neue Umschlag-Beilage gestattet, im größeren Umfang als früher wichtigste Tagesereignisse und Zeiterscheinungen im Bild vorzuführen, so sollen unsere fein ausgeführten Textillustrationen, sowie unsere schwarzen und farbigen Kunstbeilagen vornehmlich dazu dienen, durch rein künstlerische Schöpfungen Sinn und Verständnis für echte Kunst zu verbreiten.

Eine Kunstbeilage musikalischer Art wird als besondere Ueberraschung den Lesern der „Gartenlaube“ im nächsten Heft geboten und auch denen, die nicht Klavier spielen, als Geschenk für musikalische Freunde willkommen sein. Dies ist der

Gartenlaube-Walzer. Für Klavier. Von Johann Strauß.

Der Schöpfer unserer schönsten und volkstümlichsten Tanzmelodien, der Wiener Walzerkönig Johann Strauß, angeregt und gehoben durch die Sympathien, die ihm zur Zeit seines Jubiläums im letzten Herbst aus allen Kreisen des deutschen Volkes entgegengebracht wurden, hat diesen neuen Walzer, in dem die fröhliche Feststimmung jener Tage herzerfrischend nachklingt, eigens für die „Gartenlaube“ komponiert, damit sie seiner heiteren Schöpfung allerorts den Weg in das musikliebende deutsche Haus vermittele.

Und so schließen wir den nunmehr vollendeten Jahrgang mit der frohen Zuversicht, daß auch dem neuen die Treue und Anhänglichkeit unserer Leser bewahrt bleiben, daß überall freundlichen Widerhall finden werde unser Gruß

Glückauf zum neuen Jahre!

Leipzig, im Dezember 1894. Die Redaktion der „Gartenlaube“. 


Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1894, Seite 893. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_893.jpg&oldid=- (Version vom 24.5.2023)