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verschiedene: Die Gartenlaube (1894)

Vermißten-Liste. Vor allem wollen wir die Namen derer nennen, welche durch die „Gartenlaube“ aufgefunden worden sind!

Zunächst sind es die Geschwister Manger, über die wir ausgiebige Nachrichten zu verzeichnen haben. Nach diesen lebt Heinrich in Philadelphia, Pauline in Washington; Amalie starb in Chicago, während sich Otto in Desmoines, Iowa, befindet. Die Schwester der Vorgenannten, welche in Rußland wohnt, dankt in rührendster Weise für die Briefe, die wir ihr von Otto und Heinrich übersenden konnten, und aus ihrem Schreiben geht deutlich hervor, wie glücklich die Geschwister sind, einander wiedergefunden zu haben.

Ebenso sind Clara Dose und Mathilde Behm, letztere in Buenos Aires, ausfindig gemacht worden.

Frau Catharina Meyer teilt uns dankerfüllt mit, daß die „Gartenlaube“ ihr den Bruder, Mathias Arenz, zurückgegeben habe, und daß sie nun wieder fröhlich beisammen seien.

Von Heinrich Schrader, der seit 12 Jahren vermißt wurde, ist Nachricht eingetroffen und Gustav Hollstein hat infolge unseres Aufrufs an seinen Bruder geschrieben.

Das Oberhaupt der Familie Müller dankt uns für den Abdruck eines Aufrufs, den die Gesuchte, Anna Müller, mit Angabe ihrer Wohnung aus St. Louis nunmehr beantwortet hat.

Auch Ernst Hübner hat sich selbst gemeldet, und wir hatten die Freude, einen Brief von ihm aus Chicago an die Schwester weiterbefördern zu können.

Frau Wagner aus Görlitz benachrichtigt uns hocherfreut, daß ihr Bruder Felix Rudolph infolge unseres Aufrufs aus New-York geschrieben habe.

Die Nachfragen nach Emil Paßmann und Rudolf Franz haben sich ebenfalls erledigt, indem beide ihre Wohnorte angegeben haben.

Der Tochter Anton Obsts vermochten wir die sichere Kunde von dem Tode ihres Vaters in Brasilien schonend zu überbringen und so wenigstens die bange Ungewißheit von ihr zu nehmen, in der sie sich um das Schicksal des Vaters verzehrte.

Ferner hat August Ullrich wieder von sich hören lassen und seine Rückkehr nach Wien in Aussicht gestellt.

Herrn Louis Francke in Stapleton, New York, haben wir einen zuverlässigen Bericht über den Verbleib Gerhard Wilhelm Heilmanns zu danken.

Ueber David Friedrich Lindner liegen nähere Mitteilungen vor. Leider konnten wir bis jetzt den Sohn Lindners davon nicht verständigen, weil er aus der uns angegebenen Wohnung in Chemnitz, Charlottenstraße 17, verzogen ist. Der dorthin gerichtete Brief kam als unbestellbar an uns zurück. Wir fordern deshalb Herrn Max Lindner auf, uns seine genaue Adresse aufzugeben.

Und endlich können wir dem Vorstehenden noch hinzufügen, daß auch über Friedrich Gohl genügende Auskunft vorliegt, nach welcher er sich in Indianapolis niedergelassen hat.

Angesichts dieser erfreulichen Ergebnisse drängt es uns, allen denen, welche uns beim Aufsuchen der Verschollenen behilflich gewesen sind, auch an dieser Stelle unsern herzlichsten Dank zuzurufen. Wir lassen nun die Fortsetzung unserer Vermißten-Liste folgen und bitten unsere Leser, auch dieser ihre Beachtung zu schenken, denn nur so wird es möglich, den bisher erzielten schönen Erfolgen weitere anzureihen.

Fortsetzung der Vermißten-Liste aus Nr. 21 des Jahrgangs 1893.

320) Auguste Emilie Jung, geb. Patz, aus Oelsnitz im Vogtl., welche etwa 50 Jahre alt ist und früher in Crimmitzschau und Meerane wohnte, wird von ihrem Schwager um Nachricht gebeten.

321) Ein Elternpaar verlangt nach seinem Sohne, dem am 24. März 1861 geborenen Fleischergesellen Karl Ernst Reinhold Hübner. Die letzte Kunde von ihm kam aus Duisburg am Rhein am 13. Juni 1889.

322) Von London aus, wo er als Weinküfer arbeitete, hat der am 7. Juni 1863 zu Uetersen (Holstein) geborene Wilhelm Cordts im Juni 1885 das letzte Lebenszeichen von sich gegeben.

323) Richard Duderstedt, geb. am 14. Aug. 1858 zu Leipzig, hat als Kürschner gelernt und ist im Jahre 1881 nach Amerika gegangen, dort hielt er sich in New York und Boston auf, von wo er im Novemb. 1887 schrieb, daß er als Seemann nach Westindien und Westafrika fahren wolle.

324) Von seinem Vater sehnlichst herbeigewünscht wird der Seefahrer August Rathke, geb. am 14. Febr. 1860 zu Stolpmünde, der auf einem englischen Schiff Danzig verließ und später auf den Südseeinseln gesehen worden sein soll.

325) Von seinem Bruder wird gesucht der Schmied August Kügler, geb. am 29. Septemb. 1826 zu Fellendorf, Kr. Liegnitz, welcher im Jahre 1857, nachdem er den Krimkrieg mitgemacht hatte, in der Uniform eines englischen Wachtmeisters in Berlin zu Besuch weilte und später aus Hamburg schrieb.

326) Die letzte Nachricht von dem zu Lützen bei Leipzig geborenen jetzt etwa 64 Jahre alten Kürschner, späteren Maurer Anton J. Holstein kam zu Beginn des Jahres 1874 aus Aliwal North im Capland, seitdem ist Holstein verschollen.

327) Der Buchbinder und Lederarbeiter Heinrich Emil Voigt, geb. den 5. Novemb. 1839 zu Rittersgrün in Sachsen, hielt sich vor einer Reihe von Jahren in den verschiedensten Stellungen, so als Kellner, Zeitungsträger und Reisender, zu St. Louis, Mo. auf. Voigt soll Freimaurer gewesen sein und die Absicht gehabt haben, sich nach San Francisko zu begeben.

328) Seit dem Jahre 1870 hat der frühere Schriftsetzer, spätere Reisende und Zeitungskolporteur in Amerika, August Elster, welcher am 2. Juli 1840 zu Stolberg am Harz geboren ist, nichts mehr von sich hören lassen. Elster weilt vermutlich noch in Amerika oder in Spanien.

329) Eine betagte Mutter möchte vor ihrem Tode noch einmal Nachricht haben von ihrem Sohne, dem Drechslergesellen Heinrich Carl Leonhardt, welcher am 4. Juli 1861 zu Seifersdorf bei Roßwein geboren wurde. Im Oktober 1885 war Leonhardt als Minenarbeiter in Brisbane (Australien) angestellt.

Ein Wintertag in St. Petersburg. (Zu dem Bilde S. 784 und 785.) Während das qualvolle Hinsterben Zar Alexanders III. allenthalben das menschliche Mitgefühl bewegt, vor allem aber die russische Hauptstadt mit Trauer erfüllt, ruft unser Bild das Gedächtnis an Tage wach, da sich das russische Staatsoberhaupt noch im Vollbesitz seiner Gesundheit fühlte und bei schönem Winterwetter gelegentlich auch mitten im fröhlich festlichen Treiben des Schlittenverkehrs in den Promenadenstraßen St. Petersburgs gesehen werden konnte.

Freilich, er kam nicht gern nach Petersburg, das in ihm die Erinnerung an das schreckliche Ende seines Vaters durch die Dynamitbomben der Nihilisten neu belebte. Seine Residenz blieb das alte Schloß in Gatschina, wo er ungestört den Regierungsgeschäften und seiner Familie leben konnte. Aber ab und zu vermochte er sich der Verpflichtung, die Hauptstadt zu besuchen, doch nicht zu entziehen. Er wohnte dann gewöhnlich nicht im Winterpalais, wohin man vor dreizehn Jahren seinen Vater sterbend im Schlitten gebracht hat, sondern im Anitschkowpalast, den er bereits als Thronfolger bezogen hatte. Er liegt am Newski-Prospekt und zwar an einer der schönsten Stellen desselben. In seiner unmittelbaren Nähe hat man das Alexandratheater, die Bibliothek, den Kaufhof und das Stadthaus vor sich, so daß man also hier nacheinander die Petersburger bei ihrem Vergnügen, beim Studium, beim Kaufen und Verkaufen, sowie endlich bei ihren städtischen Verhandlungen beobachten kann. Die glänzendste Lebensentfaltung entwickelt sich aber hier, wenn ein heller Wintertag den Petersburger ins Freie lockt.

Ein Petersburger Wintertag bei zwanzig Grad Kälte! Den deutschen Leser überläuft es eiskalt, wenn er daran denkt, und er schiebt schnell einige Stücke Holz in den Ofen, um die unangenehmen Vorstellungen, die dabei in ihm entstehen, zu verscheuchen. Aber in Wirklichkeit ist der Winter für die besitzenden Klassen in Petersburg eine der lustigsten Sachen, die es giebt. Die Kälte ist dort nicht mit trübem Wolkenhimmel und Nebel verbunden, die uns nervös machen und das unbehagliche Gefühl des Fröstelns erzeugen. Die Luft ist krystallklar, der Himmel hellblau, die Sonne scheint fröhlich hernieder und vergoldet die Spitzen der Kirchen und Kapellen. Der Schnee knirscht unter den Füßen und über ihn hinweg gleiten pfeilschnell unzählige Schlitten. „Das ist heute einmal ein guter Frost,“ sagt der gemeine Mann, indem er sich die Ohren reibt und in das nächste Wirtshaus geht, um ein Gläschen zu trinken. In Petersburg regt die Kälte zur Lebenslust an, man sieht in ihr einen Feind, den zu besiegen Freude macht. Das gilt vor allem gerade vom Newski-Prospekt, der prachtvollen Hauptstraße der Zarenresidenz mit ihren unzähligen Kaufhäusern, Palästen, Kirchen und Denkmälern, vor welchen sich die Menge unaufhörlich drängt. Fast fünf Kilometer zieht sich diese Straße vom Admiralitätsplatze bis zum Moskauer Bahnhof hin. Die Hauptpromenade bildet der Teil von der Polizeibrücke bis zur Anitschkowbrücke.

Unser Bild zeigt uns den schönen Square vor dem Alexandratheater, das durch die korinthischen Säulen des Peristyls und die Quadriga von Erz auf dem Dach charakterisiert wird und vor welchem sich ein Standbild der Kaiserin Katharina II. erhebt. An der Ecke der großen Gartenstraße und des Alexandraplatzes befindet sich die Kaiserliche Bibliothek. Die kahlen Bäume sind von Schnee und Frost versilbert und die Schlitten fliegen nach allen Richtungen durcheinander. Sie haben zum Teil allerliebste phantastische Formen, wodurch sie noch leichter und eleganter erscheinen. Der dicke Kutscher hält die Zügel fest in der Hand und freut sich, wie feurig seine Pferde mit den Hufen den Boden schlagen, wie ihre Nüstern blasen, wie das Schneenetz fliegt und alles lustig und zufrieden ist. Da drehen sich die Fahrgäste und Spaziergänger plötzlich nach einer Seite, die Gorodowois (Schutzleute) stellen sich kerzengerade hin, schlagen die Hacken zusammen und legen die Hände an die Hüften. „Der Zar kommt!“ hört man rufen und schon saust der prachtvolle Schlitten an uns vorbei, in welchem das Kaiserpaar sitzt. Die mächtige Gestalt des Kaisers und neben ihm die zarte, noch immer mädchenhafte Figur seiner Gemahlin werden sichtbar auf der Rückfahrt nach dem Anitschkowpalast. Bei dem tragischen Ende, das inzwischen den bedauernswerten Fürsten ereilt hat, kann man nicht ohne Ergriffenheit bei dieser Straßenscene verweilen, wo er, von der Bevölkerung freudig begrüßt, ein Bild der Gesundheit, dahinfährt. Eugen Zabel.     

Die Taubenpost. (Zu dem Bilde S. 777.), Die Tauben waren im Altertum die Vögel der Venus; wer war darum mehr berufen als sie, die Briefpost der Liebenden zu übernehmen! Das Bild von Diana Coomans zeigt uns zwei anmutige Mädchen, von denen die eine den treuen Boten der Liebe in die Lüfte entsendet. Freudiges Zutrauen spricht sich in den Mienen der Absenderinnen aus, die Hoffnung auf glücklichen Erfolg und auf eine Antwort, welche die heißen Wünsche des Herzens befriedigt. Ein milder Frieden ruht auf der ganzen Landschaft – den Segler der Lüfte wird kein Sturm verschlagen.      


Kleiner Briefkasten.

(Anfragen ohne vollständige Angabe von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

Musicus 15. Eine ausführliche Biographie von Johann Strauß, dem Komponisten des Donauwalzers, ist erst kürzlich, aus Anlaß seines 50jährigen Dirigentenjubiläums erschienen, verfaßt von Ludwig Eisenberg und verlebt von Breitkopf und Härtel in Leipzig. Dort finden Sie auch über die einzelnen Operetten genauere Nachweise.


Inhalt: Um fremde Schuld. Roman von W. Heimburg (10. Fortsetzung). S. 773. – Der neue Kanzler des Deutschen Reichs, Chlodwig Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Bildnis. S. 773. – Die Taubenpost. Bild. S. 777. – Tragödien und Komödien des Aberglaubens. Tötende Geister. Von C. Forst. S. 778. – Aufbruch im Kriegshafen. Skizze von Gustav Gerbrecht. Mit Abbildungen von F. Lindner. S. 781. – Zeit bringt Rosen. Novelle von Stefanie Keyser (2. Fortsetzung). S. 782. – Ein Wintertag in St. Petersburg. Bild. S. 784 und 785. – Blätter und Blüten: Chlodwig Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst, der neue Reichskanzler. S. 787. (Zu dem Bildnis S. 773. – Vermißten-Liste. S. 788. – Ein Wintertag in St. Petersburg. Von Eugen Zabel. S. 788. (Zu dem Bilde S. 784 und 785.) – Die Taubenpost. S. 788. (Zu dem Bilde S. 777.) – Kleiner Briefkasten. S. 788.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
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