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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894)

Bank sogenannte „Transportzettel“ ausgegeben wurden. Dem dünnen Papier schenkte man damals noch wenig Vertrauen, man druckte die Scheine auf starke Pappe, wodurch sie allerdings haltbarer wurden, aber auch sehr viel Platz brauchten und gegen das Metallgeld keine erhebliche Verkehrserleichterung gewährten. Die Scheine sind – wie die Abbildung einer Banknote von 1663 auf S. 349 erkennen läßt – sehr einfach mittels Buchdrucks hergestellt, die Nummern und Namen geschrieben. Dem Vorgange Schwedens folgte im Jahre 1694 die Bank von England, 1695 Norwegen, 1713 Dänemark, 1718 Frankreich, wo der Schotte Law eine Staatsbank errichtete und durch übermäßige Ausgabe von Banknoten zum erstenmal das Teufelchen weckte, das verborgen in den Papiernoten lauert; Rußland ließ sich natürlich die neue Errungenschaft auch nicht entgehen und gab vom Jahre 1768 an Papiergeld aus, Oesterreich war ihm 1762 schon vorangeschritten; Sachsen folgte zu Ende des 18. Jahrhunderts, und in Preußen wurde das erste Papiergeld 1805 unter dem Freiherrn v. Stein in den Verkehr gebracht.

Die schlimmsten Erfahrungen mit den heimtückischen Wertpapieren machte Frankreich. Hatte schon der oben erwähnte Schotte Law durch Mißbrauch der bequemen Einrichtung Verwirrung in die französischen Finanzen gebracht, so erreichte die Papiergeldwirtschaft ihren Höhepunkt während der Revolution. Die Güter des Adels waren eingezogen und sollten verkauft werden; da der Verkauf aber nur langsam vorwärts schritt und der Konvent Geld brauchte, so beschloß man, im Werte der in Beschlag genommenen Güter Staatspapiergeld, sogenannte „Assignaten“, auszugeben. Die Güter sollten demnach als Unterpfand oder Deckungswert der ausgegebenen Assignaten gelten.

Französische Assignaten aus den Jahren 1791 bis 1794.
Verkleinert.

Doch eine Revolution kostet sehr viel Geld, und die Regierung sah sich gezwungen, immer mehr und mehr Assignaten drucken zu lassen, und stellte auch diese Druckthätigkeit nicht ein, nachdem der Nennwert der Assignaten den Taxwert der Güter längst überschritten hatte. Fehlte es an Geld, so druckte man ganz munter Assignaten, und da diese sehr leicht nachzuahmen waren, so fanden sich auch bald Falschmünzer, welche nach Kräften bei der Papiergelderzeugung mithalfen. Besonders gaben sich die Herren Engländer große Mühe, möglichst viel gefälschtes Papiergeld in Frankreich einzuführen. Den vereinten Anstrengungen der Regierung und der Fälscher gelang das fast Unglaubliche, den Gesamtbetrag der umlaufenden Assignaten auf nahezu 250 Milliarden Franken zu bringen. Und nun kam der unvermeidliche Rückschlag. Frankreich war mit Papiergeld überschwemmt, die Regierung nicht in der Lage, das Papiergeld jemals wieder einzulösen, dieses verlor schnell an Wert, die Preise der Waren dagegen stiegen ebenso reißend, und endlich kam es so weit, daß die Assignaten ganz entwertet wurden. Niemand wollte die Scheine mehr in Zahlung nehmen, und wer solche besaß, gab seine Mißachtung dadurch zu erkennen, daß er damit einen Ort tapezierte, den man nicht gern öffentlich nennt. Die Folge aber war, daß Tausende um ihr Vermögen kamen und viele Familien ins Elend gestürzt wurden. Dieser große französische Staatsbankrott zeigt so recht das Teuflische, das dem Papiergelde anhängt, und an ihn dachte wohl auch Goethe, als er seine Satire auf die Papiergelderfindung schrieb. Wir wollen nicht unterlassen, hier die Abbildung einiger solcher französischen Unglückspapiere zu geben.

Nicht ganz so schlimm, aber schlimm genug, erging es dem österreichischen Volke. Oesterreich war durch die napoleonischen Kriege tiefer und tiefer in Schulden geraten, es half sich – wie vor ihm Frankreich – mit dem verlockenden Mittel des Papiergeldes. Die Anfertigung wurde ins Ungeheuerliche gesteigert, und im Jahre 1811 war infolgedessen der Wert des Papiergeldes so tief gesunken, daß man für 100 Gulden Silber 1800 Gulden Papiergeld zahlte. Das im Umlauf befindliche Papiergeld betrug in diesem Jahre 1060000000 Gulden, und da die Regierung keine Möglichkeit sah, alle diese Scheine jemals voll einlösen zu können, so war sie genötigt, sie außer Kurs zu setzen und mit den Besitzern eine Art Zwangsvergleich zu schließen. Sie druckte neues Papiergeld, die sogenannten „Einlösungsscheine“, von denen oben S. 349 einer abgebildet ist, und löste damit das alte Papiergeld auf die Weise ein, daß für je fünf Gulden altes Geld ein Einlösungsschein von einem Gulden gezahlt wurde. Die Besitzer von alten Kassenscheinen büßten demnach vier Fünftel ihrer Habe ein.

Wo Papiergeld ist, da sind auch Fälscher. Denn das Papiergeld lockt förmlich zur Fälschung, da die Stoffe, aus denen es besteht, durchaus minderwertig sind, eine glückliche Fälschung von hohen Banknoten aber stattliche Summen einbringen kann. Und vor der Nachahmung auch der kunstvollsten Banknote schreckt ein geschickter Fälscher nicht zurück, denn er sagt sich: „Was Menschen machen, das können auch Menschen nachmachen!“

Die erfahrenen, geschäftskundigen Fälscher gehen mit großer Schlauheit vor, sie arbeiten niemals allein, sondern vereinigen sich zu größeren Banden, die in verschiedenen Ländern ihre Verbindungen

haben. Ihr oberster Grundsatz ist, das Geld niemals da auszugeben, wo es angefertigt worden ist. Von diesem Grundsatze weichen nur Stümper ab, und diese werden meist sehr schnell von der Behörde entdeckt. Die erfahrenen Sünder dagegen suchen sich durch ein Gewebe vorgeschobener Personen zu decken, das falsche

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Leipzig: Ernst Keil, 1894, Seite 350. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_350.jpg&oldid=- (Version vom 27.6.2023)