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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894)

Wie lang ist die Reihe der hervorragenden Männer, die damals in der Redaktionsstube am Dultplatz aus und eingingen, heute aber sämtlich unter der Erde ruhen! Schwind mit seinen reizend graziösen „Liebesliedern“ und anderen Zeichnungen, die er in Zeiten, wo es mit sonstigen Bestellungen übel aussah, gern für Braun und Schneider machte; Spitzweg, der liebenswürdige Humorist, Heider, der Schöpfer von Petermanns Jagdabenteuern, Feodor Dietz, sogar C. Piloty und außerdem noch eine lange Reihe von Freunden und Genossen! Auch die Novellen, Gedichte, Schwänke und Märchen würden, wenn sie nicht anonym wären, zum Teil hervorragende Namen der damaligen Litteratur aufweisen: Franz v. Kobell, Trautmann, Ludw. Steub, Alfred Meißner, E. Geibel, F. Bodenstedt, Martin Schleich, Märzroth u. a. sind darin vertreten, auch Levin Schücking mit einer poetischen und von dem früh verstorbenen Muttenthaler in großem Stil illustrierten Geschichte „Drei Freier“, worin eine schöne stolze Augsburgerin drei schauerliche Nachtfahrten thut mit dem Ewigen Juden, dem Wilden Jäger und dem Fliegenden Holländer. Die Jugend von heute liebt solche Geschichten nicht mehr, aber welch grausiges Entzücken empfanden wir darüber mit sechzehn Jahren!

Ein Schwerenöter. Von H. Schlittgen.
„Bin famoser Laune, Herr Lieutenant. Nach der Auslegung meines Traumbuches soll mir heute etwas sehr Angenehmes begegnen!“ – „Sollte das nicht bereits durch meine Begegnung in Erfüllung gegangen sein?…“

Zwei von den allerältesten Mitarbeitern indessen leben heute noch und liefern gelegentlich ihren Beitrag: Carl Stauber, der Erfinder und Zeichner des „Herrn Blaumeier und seiner Frau Nanni“, einer der produktivsten von allen, der mehr als 6000 Illustrationen im ganzen lieferte, und Eduard Ille, der so durchaus eigenartige Humorist, der die Biedermaierlieder von Ludwig Eichrodt durch seine köstlich echten Urgroßvaterbilder schnell volkstümlich gemacht hat und überall, wo seine unverkennbare Handschrift steht, als Maler-Poet hervorleuchtet. So vor allem in der Festnummer 1000 vom Jahre 1864, worin Kaulbachs bekanntes Reformationsbild mit wahrhaft genialem Humor parodiert ist.

Ein fiedeles Gefängnis. Von A. Oberländer.
Ein unter dem Verdachte des Diebstahls verhafteter Landstreicher wird in der Sitzung freigesprochen und ihm vom Richter eröffnet, daß er sofort entlassen werde. „O, bitt’ schön, Herr Gerichtshof“, sagt der Vagabund, „dürft’ ich nicht noch einen Tag im Arrest bleiben! In unserer Zelle sitzt auch ein Schneider; der hat mir schon vier Touren von der Française g’lernt, und ich möcht’ halt jetzt die fünfte auch noch lernen!“

Von Mitte der fünfziger bis Anfang der sechziger Jahre war etwas wie Ermüdung und Niedergang in Text und Illustrationen der „Fliegenden Blätter“ zu spüren, um diese Zeit aber erschien als Vorbote einer neuen Aera das erste Blatt von W. Busch. In ganz kurzer Zeit war er eine anerkannte Größe und seine den „Fliegenden Blättern“ entnommenen lustigen Unglücksbilder befanden sich in aller Hand. Die von Braun und Schneider verlegten „Münchener Bilderbogen“

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1894). Leipzig: Ernst Keil, 1894, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1894)_028.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2021)