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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)

Die Herausgeberin endlich, Irene Braun, hat einen Reichthum von elegant und phantasievoll gemalten Majolikavasen, Schalen, Tellerchen und Kannen in Meißner und japanischer Art beigesteuert und außerdem noch als Vorwort eine gut geschriebene Auseinandersetzung über die Technik, die Farben und ihre Anwendung hinzugefügt.

Auf sämtlichen Blättern ist neben der künstlerischen Formenschönheit und reizvollen Darstellungsweise die praktische Brauchbarkeit im Auge behalten, bei den Gefäßen, Tellern, Krügen etc. sind die überall vorkommenden oder leicht erhältlichen Formen zu Grunde gelegt. Eigene Konturblätter erleichtern das Auftragen der Zeichnung für ungeübtere Hände.

Die Ausstattung der Mappe seitens der Verlagshandlung (Bassermann in München), besonders die Reproduktion der Bilder ist ganz vorzüglich. Man glaubt, die Aquarelle selbst in der Hand zu haben, wo jeder Ton und jede Form genau so hingesetzt ist, wie sie am fertigen Gegenstand herauskommen sollen. Wer die charakterlose Verschwommenheit mancher Vorlagenhefte kennt, weiß, was dies für den Unterricht bedeutet.

Bei dem künstlerischen Werth des verhältnißmäßig sehr billigen Werkes, das sowohl im ganzen, als in einzelnen Heften abgegeben wird, glauben wir, unsere majolikenmalenden Leserinnen ganz besonders darauf aufmerksam machen zu sollen.

Alexander Graf von Hartenau †. In jugendlichem Alter ist er ein stiller Mann geworden, der kühne Prinz Alexander von Battenberg, der einst das Volk der Bulgaren zu Sieg und Einheit führte, dann, als Rußlands Ungnade ihn seinen Thron im Balkanlande gekostet, sich mit Würde in das Unvermeidliche fand und sich eine neue Thätigkeit schuf. Der glänzende Aufstieg dieses Mannes vom einfachen Prinzen aus einer hessischen Nebenlinie zum regierenden Fürsten von Bulgarien ist bei früherer Gelegenheit in der „Gartenlaube“ erzählt worden (Jahrg. 1885, Nr. 52). Nach seiner Abdankung hatte er sich (1889) ganz zurückgezogen von der Welt, war in die Dienste der österreichischen Armee getreten und hatte sich mit der Sängerin Johanna Loisinger verheirathet – damals war's auch geschehen, daß er seinen Namen änderte und ein einfacher „Graf von Hartenau“ wurde. Schlecht und recht hatte er so zu Graz sein Dasein genossen als österreichischer Offizier, in glücklichem Familienleben – bis die schwere Krankheit, eine Darmentzündung, bei ihm einzog, die am 17. November seinem Leben ein Ziel setzte. Er war erst 36½ Jahre alt und hinterläßt außer seiner Witwe einen 3 Jahre alten Sohn und ein Töchterchen von wenigen Wochen. Die Welt aber wird vielleicht bald den Grafen Hartenau, nicht so rasch jedoch den „Battenberger“ vergessen.

Alexander Graf von Hartenau † 17. Nov. 1893.
Nach einer Photographie des k. u. k. Hofateliers
von F. Mayer in Graz.

Nervöse Hunde. Jüngst hat der berühmte französische Irrenarzt Féré höchst eigenartige Beobachtungen an Hunden gemacht, aus welchen man beinahe den Schluß ziehen möchte, daß Hunde geisteskrank werden können.

Es ist bekannt, daß nervöse Leiden in gewissem Sinne ansteckend, übertragbar sind. Unter Kindern entstehen oft förmliche Epidemien von Veitstanz oder hysterischen Anfällen; ebenso oft wurde beobachtet, daß Menschen, die mit Geisteskranken dauernd verkehren, in derselben Art geisteskrank werden können. Féré theilt uns mit, daß Hunde in ähnlicher Weise durch den Verkehr mit ihren leidenden Herren an einem Nervenleiden erkrankt sind.

Es handelt sich dabei um ein bestimmtes, sehr charakteristisches Leiden, das den Uebergang der Nervosität zur Geisteskrankheit bildet. Nervöse Menschen sind in der Regel unruhig und ängstlich, und nicht selten nimmt das Angstgefühl bestimmte Formen an, die zuweilen als „Zwangszustände“ das Seelenleben der Kranken beherrschen. Eine dieser Formen ist z. B. die Berührungsfurcht; der Kranke wagt nicht, gewisse Gegenstände zu berühren, indem er glaubt, daß sie ihm Schaden bringen, ihn verletzen oder vergiften würden.

Eine andere, namentlich bei geistig Ueberangestrengten häufig vorkommende Form ist die „Platzangst“ oder „Agoraphobie“. Der Kranke befindet sich anscheinend ganz wohl und betritt einen großen Platz oder eine geräumige Kirche. Mit einem Male fühlt er sich von unnennbarer Angst erfaßt, er zittert, Schweiß bedeckt seine Stirn; der weite freie Raum wirkt auf ihn unheimlich ein; er kann nur mit Mühe, auf seinen Stock sich stützend, über den Platz wegschreiten, oder er sucht ihn zu umgehen, indem er sich an den Mauern der ihn umgebenden Häuser vorwärts tastet.

Féré hat nun beobachtet, daß einige Luxushunde, die in stetem Verkehr mit „platzscheuen“ Kranken sich befanden, schließlich selbst platzscheu wurden. Auf der Straße hielten sie sich dicht an der Mauer und geriethen in Angst und Zittern, wenn sie den Fahrdamm überschreiten mußten. Féré bemerkte bei ihnen als ein besonderes Zeichen der Furcht auch ein plötzliches Austrocknen der Nasenschleimhaut.

Diese Hunde genasen, wenn man sie von ihren kranken Herren oder Herrinnen trennte, wurden aber rückfällig, wenn man sie zu den Kranken zurückführte. So scheint die Nervosität, die schlimme Plage des neunzehnten Jahrhunderts, selbst das Hundegeschlecht nicht zu verschonen.

Ein neues Werk von Allers. (Zu den Bildern S. 821 und 825.) Vor Jahresfrist haben wir den Lesern von C. W. Allers erzählt, von seinen Malerfahrten, von seiner liebenswürdigen Art, sich zu geben, von seinen Werken und Erfolgen, von seinem Haus in Karlsruhe, seiner Burg am Rhein und seiner Villa auf der Insel Capri. Damals ging eben seine Bismarckmappe in die Welt und zeigte ihn als den glücklichen Meister der persönlichen Charakteristik – aber der Süden, der schöne Süden, die Villa auf der Punta Tragara haben ihn wieder in ihren Bann geschlagen, sein rastloser Stift mußte sich von Neuem an der Verherrlichung jenes klassischen Schönheitslandes genug thun und es entstand unter seinen Fingern ein neues Werk, das jetzt vollendet vor uns liegt: „La bella Napoli“, ein reicher Band voll Anmuth und Humor, wie der Boden, auf dem er erwachsen ist, ein treuer Spiegel von des Landes Naturpracht und Menschensitte. Allers selbst hat auch mit Walther Trede und Alexander Olinda zusammen den begleitenden Text geliefert. Statt aller Worte zeigen wir dem Leser zwei Proben: das unvergleichliche Sorrent, Neapels malerisches Gegenüber an dem prächtigen Golfe, und – eine hübsche Nachbarin von Allers, „La bella Mariuccia da Anacapri“, einen echten Typus kapresischer Frauenschönheit. Diese beiden Bilder mögen einen Begriff geben von den Reizen, welche das stattliche Werk umschließt, von den Schätzen, welche der Unerschöpfliche dem unerschöpflichen Boden abgewonnen hat.

Federn sammelnde Kinder bei den Gänseherden zu Rummelsburg. (Zu dem Bilde S. 829.) Rummelsburg, der westliche Vorort von Berlin, ist besonders in den Monaten September bis Dezember der Schauplatz eines eigenartigen Erwerbszweiges. Während der genannten Zeit werden dort fast täglich Tausende von Gänsen ausgeladen, die, vom Lande herbeigeführt, dazu bestimmt sind, den Bewohnern der nahen Riesenstadt als leckerer Braten zu dienen. Scharen armer Kinder, die aus Berlin herbeigeströmt sind, folgen den Gänseherden, wenn sie zu weiterem Transport hierhin und dorthin getrieben werden, und sammeln die Federn, welche die Thiere verlieren.

Je nach der Güte der Ware erhalten diese Kleinen von den Berliner Händlern 50 Pfennig bis 2 Mark für das Pfund Federn und schaffen sich so einen verhältnißmäßig sehr lohnenden Verdienst.

Aufforderung. Die Rechtsnachfolger des verstorbenen deutsch-amerikanischen Schriftstellers Herrn Carl Pflaume ersuche ich, sich bei mir zu melden, um ihnen ein Resthonorar von 50 Mark, welches nachträglich für ein mir seinerzeit zur Verwerthung anvertrautes Romanmanuskript eingegangen ist, ausliefern zu können.

Berlin, Hohenzollernstr. 12. Friedrich Spielhagen.     


Kleiner Briefkasten.

Albertine F. in G. Wer der Erfinder der Stahlfeder war? Genau wird Ihnen das niemand sagen können, denn ihre Einführung ist nicht als einzelnes Ereigniß im Gedächtniß der Mitwelt haften geblieben. Soviel nur ist sicher, daß schon in den zwanziger Jahren in Birmingham der Versuch gemacht wurde, an die Stelle der rasch abgenutzten Gänsekiele Federn von Metall zu setzen, die indessen mit dem Federhalter eins waren und sehr mühsam durch Handarbeit hergestellt werden mußten. Der Preis war ein entsprechend hoher, fünfzehn Schillinge, also mehr als ebensoviele Mark. Wenn sich die Feder abstumpfte, so kostete es viele Mühe, sie wieder zu schleifen, der Gebrauch dieser neuen Stahlfeder konnte also kein allgemeiner sein. Erst im Jahre 1831 erfand ein Mechaniker Gillot in Birmingham eine Maschine zur Herstellung der Stahlfeder, nahm ein Patent darauf, und von dieser Zeit an schreibt sich die Fabrikation im großen und der immer steigende Verbrauch. Ganz allgemein eingeführt wurde die Stahlfeder bei uns in Deutschland erst gegen Ende der vierziger Jahre, die älteren unter uns haben alle noch die Kunst des Federschneidens erlernen müssen, von welcher die heutige Jugend keine Ahnung mehr hat, und manche der Alten schreiben heute noch mit dem Gänsekiel, weil sie sich nicht mehr an die „neue Feder“ zu gewöhnen vermochten!


[ Verlags-Werbung J. G. Cotta für „Cotta’scher Musen-Almanach“, 4. Jahrgang. ]


Inhalt: [ Verzeichnis der Beiträge in Heft 47/1993. ]



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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