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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)



Blätter und Blüthen.

Das Friedrich Friesen-Denkmal in Magdeburg. Am 25. September dieses Jahres wurde zu Magdeburg ein Denkmal enthüllt, das einen der edelsten Streiter aus den Befreinngskriegen ehrt – Karl Friedrich Friesen. Es ist uns leider nur wenig aus dem äußeren Leben Friesens bekannt. Daß er am 27. September 1785 in Magdeburg geboren wurde, 1805 oder 1806 nach Berlin ging, um das Baufach zu studieren, dort aber, begeistert von Fichtes „Reden an die deutsche Nation“, in inniger Gemeinschaft besonders mit Jahn und Eiselen sich der Jugenderziehung und der Sache der Turnkunst widmete, bis Preußens Erhebung gegen Napoleon auch ihn unter die Waffen rief; daß er dann im Lützowschen Freicorps an den Kämpfen der Jahre 1813 und 1814 theilnahm und am 16. März 1814 unter den Kugeln französischer Bauern, die den Versprengten überraschten, bei dem Dorfe La Lobbe ist den Ardennen fiel – das ist so ziemlich alles, was wir von seinem äußeren Schicksal wissen.

Das Friedrich Friesen Denkmal in Magdeburg.
Nach einer Photographie von Karl Lohse in Magdeburg.

Desto vertrauter tritt uns sein geistiges Leben, seine heldenhafte innere Größe entgegen aus den Schilderungen der Freunde, die mit ihm für Deutschlands Befreiung, für die frische und freie Erziehung der deutschen Jugend lebten und litten. Jahn hat ihm die schönen Worte gewidmet, die auch am Denkmal, an der Vorderseite des Unterbaus, Platz gefunden haben: „Wie Scharnhorst unter den Alten, ist Friesen unter der Jugend der Größte aller Gebliebenen.“ Max von Schenkendorf, Immermann haben ihn verherrlicht, der alte Arndt hat von ihm gesungen:

„Wohl viele sind gepriesen
Im großen deutschen Land,
Doch Dich, mein frommer Friesen,
Hat Gott allein gekannt.
Was blühend im reichen Herzen
Die Jugend so lieblich verschloß,
Ist jeglichem Laut der Schmerzen
Ist jeglichem Lob zu groß.

War je ein Ritter edel,
Du warst es tausendmal,
Vom Fuße bis zum Schädel
Ein lichter Schönheitsstrahl –
Mit kühnem und stolzem Sinne
Hast Du nach der Freiheit geschaut,
Das Vaterland war Deine Minne,
Es war Dir Geliebte und Braut.“ –

Friesen war in französischer Erde bestattet worden, in La Lobbe, von wo dann sein Waffengefährte August von Vietinghoff die Ueberreste des Freundes 1816 nach Deutschland brachte, treu dem Gelöbniß, das Friesen und er vor dem Abmarsch nach Frankreich sich gegeben hatten: wenn einer von beiden in Feindesland sterben sollte, seinen Leib „dem wälschen Boden zu entreißen“. Am 15. März 1843 fanden dann die Gebeine Friesens neben denen Scharnhorsts ihre endgültige Ruhestätte auf dem Invalidenkirchhof zu Berlin, wo zugleich ein einfaches Grabdenkmal errichtet wurde.

Und nun hat auch Friesens Geburtsstadt Magdeburg ihren edlen Sohn durch ein Denkmal geehrt, das die Anlagen an der Augustastraße ziert. Es ist geschaffen von dem Bildhauer Ernst Habs in Berlin. Auf breitem, von vier Stufen gebildetem Unterbau erhebt sich ein mächtiger Sockel aus poliertem schwedischen Granit, auf welchem Friesens Kolossalbüste thront. Gewaltig treten die Formen des Kopfes hervor, von denen Vietinghoff sagt, daß sie „wahrhaft königliche“ gewesen seien. Der Sockel ist auf drei Seiten mit Reliefs geschmückt. Das erste zeigt Friesen, wie er mit Eiselen und Jahn die Gesetze und Ziele der Turnkunst beräth, das zweite stellt dar, wie die Turner in Breslau sich zum Freiheitskampf dem Major von Lützow anschließen, das dritte schildert Friesens Tod im Ardennenwalde.

Ein bequemes litterarisches Hilfsmittel. Schon viele, die sich für die eigene Bibliothek oder zu Geschenken dies oder jenes Buch anschaffen wollten, werden es unangenehm empfunden haben, daß sie kein einfaches Hilfsmittel zur Hand hatten, um sich über Bändezahl, Einband und Preis eines Werkes rasch Gewißheit zu verschaffen. Besonders wo es sich um die Erwerbung deutscher und ausländischer Klassiker handelt, ist ein solcher Anhalt doppelt wünschenswerth, denn gerade hier fällt es schwer, unter der Menge verschiedener Ausgaben die guten und billigen auszuwählen. Wir möchten daher unsere Leser, vor allem diejenigen, an deren Wohnort keine Buchhandlung besteht und die sich also nicht von dieser erfahrenen Seite Rath erholen können, auf den jüngst erschienenen Cotta’schen Klassiker-Katalog aufmerksam machen. Sie finden in diesem hübschen, von jeder Buchhandlung umsonst zu beziehenden Büchlein das mit den Bildern von Goethe, Schiller, Lessing, Uhland etc. geschmückt ist, alles Nöthige über die Cotta’schen Klassiker-Ausgaben übersichtlich geordnet bei einander und werden ersehen, daß sich um eine verhältnißmäßig kleine Summe aus den hier aufgeführten Werken die schönste Bibliothek zusammenstellen läßt.

Das goldene Jubelfest des Wiener Männergesangvereins. (Zu dem Bilde S. 737.) In der reichen Schatzkammer des Wiener Männergesangvereins ist Ueberfluß an goldenen Ehrenbechern und prächtigen Fahnenbändern; wenige Liebesgaben aber hält der mit der Geschichte der Wiener Stadt unlöslich verbundene Verein höher als die folgende handschristliche Widmung Grillparzers:

„Dem Volk der Eichen
Was auch sie schied,
Bleibt Einheitszeichen
Das deutsche Lied.“

Das Dichterwort ist ein Wahrwort. „Frei und treu in Lied und That“, wie der alte Wahlspruch des Vereins lautet, hat der 1843 von dem um das Wiener Musikleben hochverdienten Dr. August Schmidt gegründete Männergesangverein in dem halben Jahrhundert seines Bestandes immer Bedeutenderes geleistet, so daß ihn Oskar Teuber in seiner Festschrift „Fünfzig Jahre in Lied und That“ mit Recht preisen durfte als „großen Künstler“, als „echtes Wienerkind“, als „glühenden deutschen Patrioten“; als „treuen Sohn des deutschen Volkes und kühnen Welteroberer“. Franz Schubert hat keine feurigeren Apostel gefunden als die Wiener Meistersänger, die ihm auch das herrliche Kundmannsche Denkmal im Stadtpark aufgerichtet haben. Die edelsten Schöpfungen der deutschen Tonkunst sind von den Wiener Sängern unter der Leizung von Chormeistern ersten Ranges wie Johann Herbeck u. a., zu hohen Ehren gebracht worden. Bei jedem großen festlichen Anlaß waren sie mit künstlerischen Huldigungen zur Stelle: ihre Ständchen galten dem jungen Gemahl der Kaiserin Elisabeth, Franz Joseph, wie späterhin in Brüssel der Braut des Kronprinzen Rudolf. Und auf 43 Sängerfahrten in die Nähe und in die Ferne erregte der Verein allerorten hellen Jubel. In Nürnberg und in Stuttgart, vor dem deutschen Kaiser, wie vor dem König von Sachsen, in Venedig und in Konstantinopel errang er volle Siege; man hieß seine Leistungen willkommen, zugleich aber mit ihren Liedern gewannen die Gäste selbst durch ihre Leutseligkeit, Gemüthlichkeit und Biederkeit die Herzen ihrer Wirthe und Wirthinnen. So ist die Geschichte des Wiener Männergesangvereins ein Ehrenbuch der deutschen Kunst und Wiener Sitte, ein redendes Zeugniß der Herzensgüte, mit der unsere Sänger sich und ihre Kunst jeder guten Sache zu Gebote stellten. Jahraus, jahrein danken Unzählige dem Verein Stunden köstlicher musikalischer Erhebung, jahraus, jahrein übt er unzählige Wohlthaten – hat er doch bis jetzt gegen 200000 Gulden wohlthätigen Stiftungen zugewendet – jahraus, jahrein findet er neben seiner ernsten künstlerischen Bethätigung Muße zu den tollsten Lustharkeiten; die Narrenabende des Vereins sind ebenso einzige „Wiener Spezialitäten“, wie das „komische Quartett“ Udel, das gleichfalls aus diesem Verbande hervorging und nach wie vor in demselben wurzelt. Der Segen so vielumfassenden Wirkens bleibt nicht aus. Ungesucht fallen dem Vereine immer neue Auszeichnungen und Liebesgaben zu und wahrhaft überwältigend waren die Kundgebungen, welche vom 6. bis 8. Oktober, den Gedenktagen der Begründung des Vereines, zu Wien stattfanden. An 430 Abordnungen von Liedertafeln, Künstlervereinen und Wohlthätigkeitsanstalten beglückwünschten den Vorstand des

Vereins, Herrn Dr. v. Olschbaur, beim Begrüßungsabend im Wiener Musikvereinssaal. Aus Rußland und Amerika kamen Festgäste, wie aus

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893). Leipzig: Ernst Keil, 1893, Seite 739. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1893)_739.jpg&oldid=- (Version vom 19.8.2023)