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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)

abzuschließen gewußt, daß kaum irgendwelche Wechselbeziehungen zwischen diesen verwandten Ländern stattfanden. Unter solchen Verhältnissen kann es nicht befremden, daß die Erzeugnisse der Koreaner sich nicht im entferntesten mit denjenigen der Chinesen, geschweige denn mit denen der Japaner vergleichen lassen. Nur der kühnen Entschlossenheit eines koreanischen Naosuke könnte es vielleicht gelingen, dies Land aus dem Sumpf zu erlösen, in den es dank der thörichten Politik seiner chinesischer als chinesisch denkenden „Staatsmänner“ geraten ist.

In der japanischen Porzellanausstellung.

Einen höchst erfreulichen Gegensatz zu jenem Lande bildet ein Staat, der als der einzige unter den englischen Kolonien Australiens sich an der Weltausstellung betheiligt hat: Neu Süd Wales. Ein jugendfrischeres Auftreten ist bei keinem Staatswesen zu bemerken. Legt der junge Staat selbstverständlich das Hauptgewicht auf die Ausstellung seiner Naturerzeugnisse und ist er demgemäß in den Hallen für Bergbau, Gartenbau und im Landwirthschaftsgebäude am stärksten vertreten, so wird doch auch in den anderen offiziellen Gebäuden die Flagge von Neu Süd Wales nirgendwo vermißt. Besonders sehenswerth ist die mineralogische Sammlung, in welcher sich unter anderem ein Klumpen gediegenen Goldes im Gewicht von 3040 Unzen befindet.

Auch Englands Kolonien in Sübafrika fehlen nicht in dem friedlichen Wettkampf der Völkerschaften. Kapland sandte werthvolle Felle, Straußenfedern, Elfenbein und Tausende von rohen Diamanten, die aus den berühmten Minen der Kimberley Region stammen. 150 Tonnen diamanthaltiger Felsen und Erde wurden von Südafrika nach Chicago geschleppt, lediglich zu dem Zwecke, um es zu ermöglichen, den Besuchern der Weltausstellung den Prozeß des Auswaschens vorzuführen. Zu gleicher Zeit veranschaulichen mehrere der besten Diamantschleifer die Kunst, jene kostbaren Edelsteine zu schneiden, zu polieren und marktfähig zu machen. –

Wenden wir uns nun dem Welttheil Amerika zu. Die süd- und centralamerikanischen Republiken beschränken sich in der Hauptsache auf die Ausstellung ihrer vielartigen Naturerzeugnisse; hier und da treten archäologische und ethnographische Sammlungen hinzu, während Photographien und Oelgemälde Scenen aus dem Volksleben, Landschafts- und Städtebilder vorführen. Die Republiken Brasilien, Venezuela, Columbia und Mexiko haben sich durch ganz merkwürdige und umfassende Beiträge ausgezeichnet, können sich aber selbstverstänblich, was Pracht und Mannigfaltigkeit betrifft, nicht im entferntesten mit ihrer Schwester germanischen Stammes, der Republik der Vereinigten Staaten von Nordamerika, messen, deren Abtheilungen recht eigentlich den Kernpunkt der Kolumbischen Weltausstellung bilden.

Es ist freilich ungemein schwer, einen Gesamtüberblick über die Leistungen der Amerikaner zu gewinnen. Sie brachten nicht nur ihre Landesprodukte und gewerblichen Erzeugnisse massenhaft zur Ausstellung, sondern diese Ausstellungsgüter sind auch über sämtliche amtlichen Bauten, über mehrere Einzelpaläste sowie über 46 Staatsgebäude verstreut. Die Möglichkeit, das Gesamtbild in so übersichtlicher Weise abzurunden, wie etwa die deutsche oder französische Abtheilung es thut, war von vornherein ausgeschlossen, und so leidet die amerikanische Abtheilung unstreitig an einer Zersplitterung, die es ungemein erschwert, das Facit zu ziehen. Nur dann ist es möglich, einen Begriff von der erdrückenden Wucht des Gebotenen zu gewinnen, wenn man ohne Rücksicht auf ungeheuren Zeitverlust daran geht, sämtliche amerikanischen Abtheilungen der Reihe nach ernstlich zu studieren. Dann wächst und wächst die Achtung vor der Leistungsfähigkeit des amerikanischen Volkes, und fast könnte einem die Frage zu schaffen machen, was aus uns Bewohnern der Alten Welt werden soll, wenn dies gewaltige Volk wirklich einmal dahin gelangt sein wird, seine Kräfte und Fähigkeiten, den unerschöpflich scheinenden Reichthum seines Landes völlig auszunutzen.

Entthronte Götter.

Amerikas Wohlstand fließt in erster Linie aus der riesigen Ertragsfähigkeit seines Bodens. Die glänzendsten Beispiele hierfür bieten wohl die Staaten Kalifornien, Washington, Iowa, Kansas und Illinois, welche wir nicht nur an den Gesamtausstellungen im Gartenbau-, Landwirthschafts- und Bergbaupalast sowie im Forstgebäude betheiligt finden, sondern welche auch in ihren eigenen Staatsgebäuden Ausstellungen veranstaltet haben, die ein so völlig abgeschlossenes Bild von dem Können und Vermögen des Staates bieten, daß man sich fort und fort bedauernd fragt, warum nicht auch die anderen zur Union gehörenden Staaten diesen schönen Vorbildern folgten, statt ihre Repräsentationsbauten zu bloßen Klubhäusern zu machen. Wie lehrreich würde sich eine derartige Staatenausstellung haben gestalten lassen, wie würden die Europäer, ja die Amerikaner selber erstaunt gewesen sein über die Mannigfaltigkeit der Erzeugnisse, welche die Union hervorzubringen vermag! Man betrachte z. B. nur einmal die mustergültige Ausstellung des jungen Staates Washington. Sprühender Unternehmungsgeist

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893). Leipzig: Ernst Keil, 1893, Seite 705. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1893)_705.jpg&oldid=- (Version vom 23.8.2023)