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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)

gegen den kein zuverlässiges Schutzmittel bekannt war. Und siehe da, nach zwei Jahren des gemeinsamen Austausches gewonnener Erfahrungen konnte festgestellt werden, daß es wohl ein Schutzmittel giebt, welches in vielen Fällen angewendet werden kann. Durch möglichst frühe Aussaat gewinnt das Getreide einen derartigen Vorsprung, daß es im Sommer vom Roste nicht mehr geschädigt wird. Ueberall und immer läßt sich freilich im landwirthschaftlichen Betriebe die frühe Aussaat nicht ausführen, aber in verseuchten Gegenden wird man gerne zu dem, wie die Erfahrung gelehrt hat, bewährten Schutzmittel greifen und dadurch Korn im Werthe von vielen Millionen Mark dem Untergang entreißen.

Derartige Schäden auf den Feldern empfindet der kleine Landwirth am meisten, er wird von ihnen am härtesten betroffen. Jetzt besitzt er ein einfaches Mittel, um sich gegen einen seiner schlimmsten Feinde zu sichern. Die internationale Kommission arbeitet inzwischen weiter an der endgiltigen Lösung der Aufgabe und sucht Getreidearten ausfindig zu machen, die gegen den Rost widerstandsfähig sind. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß auch diese Bemühungen von Erfolg gekrönt werden. *      

Emin Paschas Tochter. (Mit Bildniß.) Sie ist eine Waise, die arme Ferida, das läßt sich leider nun nicht mehr bezweifeln. Ihr Vater wird aus dem Dunkel Innerafrikas nicht mehr zurückkehren, er ist dort ein Opfer seiner Kühnheit geworden. Sein Töchterchen Ferida aber hat er der alten Heimath hinterlassen; seit wenigen Wochen befindet es sich bei der Schwester Emins, Fräulein Melanie Schnitzer in Neiße, wohin es von Bagamoyo aus durch die Schwester am dortigen deutschen Hospital, Fräulein Lies Bader, verbracht wurde.

Ferida, die Tochter Emin Paschas.
Nach einer Photographie von H. Strube sen. in Löbau i. S.

Emin Pascha, der in erster Ehe mit der Witwe des Paschas von Albanien vermählt gewesen war, hatte später in der ägyptischen Aequatorialprovinz eine Abessinierin Namens Safaran geheirathet; aus dieser Ehe entsproßte ein Sohn, der jedoch in jungen Jahren in Wadelai verstarb, und als zweites Kind unsere Ferida. Sie ist jetzt beinahe neun Jahre alt, denn der 26. November 1884 ist ihr Geburtstag. Nach dem Tode ihrer Mutter (1889) kam sie nach Bagamoyo, wo sie verblieb, auch als Emin 1890 von neuem nach dem Innern des Dunkeln Welttheils aufbrach. Ein Berichterstatter, der mit ihr die Reise von Bagamoyo nach Deutschland machte, beschreibt die kleine „Ferry“ mit folgenden Worten: „Die Augen – sie scheinen das ganze Köpfchen einzunehmen – sind vom feurigsten Schwarz, das exotische Schmachten dieser glühenden Kohlen wird von auffallend langen, tiefdichten, wie schwarze Straußenfederchen überhängenden Brauen theilweise beschattet. Das Näschen ist kurz und fein, die Nasenflügel dünn und durchsichtig; durch ihre ätherische Beweglichkeit drücken sie alle Gefühlsempfindungen aus. Das kohlpechrabenschwarze Haar ist dicht, etwas rauh, wie das Haar eines ungepflegten Füllens auf grüner Weide; um die Stirn spielt es in niedlich feinen, natürlichen Löckchen. Welch eigenthümliche Hautfarbe! Ein helles, aber trotzdem gesättigtes, ganz mattes Gold, von stahlblauen Aederchen durchzogen, so eine Art Terracotta-Farbe. Ihr Körper ist schlank, proportioniert, der Gang frei, von einer natürlichen angeborenen Grazie, die Stimme warm, weich und tief, tief wie die einer Altistin.“ Darf es uns danach Wunder nehmen, wenn Ferida auch in ihrer neuen Heimath, in der sie als deutsches Mädchen auferzogen werden soll, ungemeine Theilnahme erregt? Sie ist übrigens ein kleines Sprachgenie, die Tochter Emin Paschas: außer arabisch, ihrer Muttersprache, spricht sie das in Ostafrika übliche Kisuaheli, ferner französisch, italienisch und natürlich auch deutsch.

Feridas Vater aber hoffen wir unseren Lesern demnächst in einem umfassenden Lebensbilde vorführen zu können.

Eine Hochzeit in Aragonien. (Zu dem Bilde S. 672 u. 673.) Das große Bild des spanischen Malers Pablo Salinas, das wir in Holzschnitt wiedergeben, stellt in farbenprächtiger Ausführung den feierlichen Augenblick dar, in dem ein aragonisches Brautpaar das Heirathsgelöbniß unterzeichnet. In Wagen mit bunt aufgeputzten Pferden ist die ganze Hochzeitsgesellschaft vom Hause der Braut, wo sich der Bräutigam, die Verwandten und Eingeladenen versammelten, nach der Kirche gefahren und in der Sakristei, die wie überall in Spanien mit Heiligenbildern und Geräthen, Teppichen und Gewändern überreich geschmückt ist, von Geistlichen, Meßner und Chorknaben empfangen worden. Die Braut mit den Eltern und ihrem weiblichen Gefolge nimmt auf Sesseln vor dem Tische Platz, um den sich die Geistlichen setzen; alle Damen tragen die weißen Mantillen, weiße Spitzenschleier um das sorgfältig frisierte Haupt und haben ihren Blumenstrauß in Händen. Hinter ihnen stehen die männlichen Zeugen der Handlung in der Festtracht des Landes, die jüngeren womöglich in der theatralisch stolzen Haltung, die der Spanier bei allem öffentlichen Auftreten für geboten und der Würde des Vorganges entsprechend erachtet. Es sind kräftige und schlank gewachsene Menschen da im Lande, mit harten Bauernzügen; aus den scharfgeschnittenen Gesichtern der Mädchen blitzen die großen dunklen Augen. Beide Geschlechter lieben es, sich schön gekleidet zu zeigen. Jeder Mann dünkt sich in der Erinnerung an die ruhmwürdige Geschichte Aragons, zumal an die schreckensvolle Vertheidigung Zaragossas gegen die Napoleonischen Generale, ein Held ohnegleichen, jedes Weib als Aragonesin eine Spanierin erster Klasse. Nie verleugnet sich in ihrem Auftreten dieses hohe Selbstgefühl.

Es ist ein stummer Akt, der hier in der Sakristei vor sich geht; Bräutigam und Braut unterschreiben unter den Augen der Geistlichen die bereit gehaltene Urkunde, welche das gegenseitige Einverständniß zur Verehelichung bezeugt; sie unterschreiben, vielleicht nur mit ihrem Namenszeichen, oder gar nur einem Kreuz! Denn schreiben können ist in Spanien noch lange nicht jedermanns Sache, auch bei den stolzen Aragonesen nicht, die unverbrüchlich an den alten Sitten ihrer Väter hängen und darum den Schulunterricht weder zur ewigen Seligkeit noch zur Freude des Lebens für unbedingt nothwendig erachten.

Wenn diese Ceremonie in der Sakristei abgeschlossen ist, ordnet sich der Zug, um in die Kirchenhalle zu treten, vor den Altar, wo der Priester das Brautpaar zur Trauung empfängt. Im Hause der Braut findet dann das Hochzeitsmahl statt.

Der rauchende Krieger. (Zu unserer Kunstbeilage.) Franz van Mieris der Aeltere, der Meister unseres Bildes, gehört der Blüthezeit der holländischen Schule an, einer Zeit, da Franz Hals, Rembrandt, Adrian van Ostade und Jakob van Ruysdael wirkten. Er wurde am 16. April 1635 zu Leyden geboren und errang sich bald einen hohen Ruf als Genre- und Porträtmaler durch glänzende Beherrschung der Farbe, feine Zeichnung und liebevolle Behandlung des Stofflichen. Gerade die letztere Eigenschaft tritt auch auf dem von uns wiedergegebenen Gemälde bedeutsam hervor. Das Bild befindet sich heute mit einer größeren Anzahl Werke desselben Künstlers in der Dresdener Galerie. Franz van Mieris der Aeltere, der am 12. März 1681 starb, war der Stammvater einer ganzen Familie von Künstlern: zwei Söhne, Jan und Willem, und ein Enkel, Franz van Mieris „der Jüngere“, thaten sich als Maler hervor, wenn sie auch die Bedeutung des Vaters und Großvaters nicht erreichten.


Kleiner Briefkasten.

(Anfragen ohne vollständige Angabe von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

R. L. in Basel. Ihre Gedichte sind zur Aufnahme nicht geeignet.

F. B. in Rheinbrohl. In dem 11. Bändchen der „Bayrischen Bibliothek“, herausgegeben von Karl v. Reinhardstoettner und Karl Trautmann, giebt J. H. v. Hefner-Alteneck des genaueren Auskunft über „Entstehung, Zweck und Einrichtung des bayrischen Nationalmuseums in München“. Hefner-Alteneck war bekanntlich lange Jahre Vorstand des Museums. Schaffen Sie sich das Werkchen an, es ist wohl die beste Vorbereitung für das Studium des Museums selbst, das ja allerdings für den flüchtigen Besucher etwas Verwirrendes hat infolge der Ueberfülle seiner Schätze.


manicula Hierzu Kunstbeilage XI: Der rauchende Krieger. Von Franz van Mieris d. Ä.

Inhalt: Ein Lieutenant a. D. Roman von Arthur Zapp. S. 669. – Eine Hochzeit in Aragonien. Bild. S. 672 und 673. – Deutsche Städtebilder. München. Von Max Haushofer. S. 676. Mit Abbildungen S. 669, 676, 677, 678, 679, 680 und 681. – „Um meinetwillen!“ Novelle von Marie Bernhard (7. Fortsetzung). S. 682. – Die Kaisertage in Metz: Vorbeimarsch der Truppen vor dem Denkmal Kaiser Wilhelms I. Bild. S. 685. – Natur und Kunst beim Arzte. Von Prof. Dr. L. Büchner. S. 686. – Blätter und Blüthen: Die Kaisertage in Metz. S. 687. (Zu dem Bilde S. 685.) – E. Werners Romane. S. 687. – Getreiderost und frühe Saat. S. 687. – Emin Paschas Tochter. Mit Bildniß S. 688. – Eine Hochzeit in Aragonien. S. 688. (Zu dem Bilde S. 672 und 673.) – Der rauchende Krieger. S. 688. (Zu unserer Kunstbeilage.) – Kleiner Briefkasten. S. 688.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner.0 Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.0 Druck von A. Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893). Leipzig: Ernst Keil, 1893, Seite 688. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1893)_688.jpg&oldid=- (Version vom 10.8.2023)