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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)



Blätter und Blüthen.

Zu Roseggers fünfzigstem Geburtstag. Vor wenigen Tagen, am 31. Juli, hat in der Stille seiner heimathlichen Berge ein Dichter seinen fünfzigsten Geburtstag gefeiert, der, wenn irgend einer, aus der frischen unversieglichen Quelle des Volksthums die beste Kraft seines Schaffens genommen hat – P. K. Rosegger. Es bedarf an dieser Stelle keiner Wiederholung seines äußeren Lebensweges, denn es ist in aller Gedächtniß, wie eigenartlg das Schicksal dieses Dichterleben gestaltet, wie es den wissensdurstigen Sohn der Obersteiermark erst zum Schneider und dann durch die Vermittlung hilfsbereiter Freunde zum Poeten gemacht hat; auch hat ja die „Gartenlaube“ diesem Lebensgang „Von der Nadel zur Feder“ in Wort und Blld ein ausführliches Gedenkblatt gewidmet (1888, S. 357. und 365 ff.). So bleibt uns heute nur der herzliche Wunsch übrig: möge dem liebenswürdigen Schöpfer all jener Gestalten, in denen das kernige tiefe Gemüth, der Humor der Steiermärker so wahr und schlicht zum Herzen redet, die volle Frische zum Schaffen noch lange erhalten sein, möge er dem deutschen Hause noch manche echte Gabe seines Geistes schenken!

Akademische Berufsarbeit im Ausland. In dem Maße, als die Ueberfüllung der gelehrten Berufe in unserem Vaterlande überhand nimmt, mehrt sich die Zahl derjenigen, die sich draußen in der Ferne einen Platz zur Bethätigung ihrer Kräfte suchen möchte, da sie ihn daheim nicht finden können. Aber wohin sich wenden? Die Stellen für Aerzte, Apotheker, Chemiker, Ingenieure, Juristen und namentlich Lehrer sind auch im Auslande nicht so dicht gesät, daß man nur hinzugehen und zuzugreifen brauchte. Auch hier handelt es sich um eine sorgfältige Regelung von Angebot und Nachfrage. Gar mancher, der auf gut Glück hinauszog in die weite Welt, ist mit getäuschten Hoffnungen und schmalem Beutel wieder heimgekehrt – und doch hätte sich vielleicht auch für ihn Raum gefunden, wenn er nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort Nachfrage gehalten hätte!

Nun hat ein vornehmlich aus Professoren der deutschen Universitäten bestehender Ausschuß, dem u. a. Gneist, Haeckel, Esmarch, Klaus Groth angehören, es in die Hand genommen, hierin Abhilfe zu schaffen. Er erläßt einen Aufruf an die Deutschen im Auslande, in dem es heißt: „Sollen die überschüssigen Kräfte nicht hilflos und nutzlos in der Heimath bleiben oder, allein aufs Geratewohl hinausgezogen, in der Fremde an unrechtem Ort hilflos und nutzlos sich vergeuden, so bedarf es einer Nachweisstelle für akademische Berufsarbeit im Ausland. Nur von einer solchen Centralstelle aus läßt sich die Auswanderung von Angehörigen unserer gelehrten Berufszweige planmäßig regeln, Erkundigung einziehen, Auskunft ertheilen, Angebot und Nachfrage vermitteln. Vor Eröffnung einer solchen Nachweisstelle bedarf es der Uebersicht, in welchem Umfang das Bedürfniß nach akademisch gebildeten Deutschen im Ausland vorbanden ist. Wir richten deshalb namentlich an alle Deutschen im Ausland die dringende Bitte um Auskunft, ob sich an ihrem Wohnort lohnende Thätigkeit für deutsche Lehrer, Aerzte, Apotheker, Chemiker, Ingenieure, Juristen, Geistliche oder dergleichen bietet, sei es einzeln oder in größerer Zahl. Gleichzeitige Darlegung der einschlägigen Verhältnisse ist erwünscht. Wir hoffen auf die Bruderhilfe der Deutschen im Auslande. Alle Mittheilungen sind an Sanitätsrath Dr. Konr. Küster in Berlin SW., Tempelhofer Ufer 21, zu richten. Stellenbewerbungen sind bis auf weitere Veröffentlichungen zwecklos.“

Indem wir diesem Aufruf soweit es in unserer Macht steht, Verbreitung geben und ihn unseren Lesern im Ausland dringend zur Berücksichtigung empfehlen, hoffen wir, daß er gute Früchte trage und recht vielen unserer Landsleute zu einer ersprießlichen Wirkungsstätte verhelfe!

Das Kaiserschiff „Hohenzollern“. (Zu dem Bilde S. 533.) Die neue Kaiserjacht „Hohenzollern“ darf als ein Meisterstück neuzeitlicher Schiffsbaukunst angesehen werden. Trotz ihrer Größe erfreut sie durch anmuthige Formen das Auge des Laien wie des Seemanns. Sie erinnert ein wenig an den schwimmenden Palast des Zaren von Rußland, an den „Polarstern“, den man im vorigen Jahre in der Kieler Bucht gesehen hat; gleich diesem gewährt sie einen wahrhaft feenhaften Anblick, wenn sie die ganze Fülle ihrer elektrischen Lichter strahlen läßt, wie es jüngst aus Anlaß des Geburtstages des Prinzen Eitel Fritz geschah. Der gefällige Eindruck des 116 Meter langen und 44 Meter breiten Schiffes wird durch eine Reihe eigenartiger Einzelheiten in der Bauausführung gehoben, durch den scharfkantigen, schön geschweiften Vordersteven, an dessen Bug die deutsche Kaiserkrone in blitzendem Gold erglänzt, sowie durch das unbedachte, kräftig abgerundete Heck, dessen Außenseite das in Schwarz und Silber ausgeführte, von Lorbeerzweigen umrahmte Wappen der Hohenzollern schmückt. Zu den Umrissen des Schiffes passen vortrefflich die drei schlanken Masten, von deren mittlerem bei Anwesenheit des Kaisers die Kaiserstandarte grüßt; sie sind in mäßigem Winkel nach rückwärts geneigt gleich den beiden ziemlich weit auseinanderstehenden, hell schimmernden und in eigenartigem Gelb erglänzenden Schloten. Zu nachdrücklichem Schutze bei heftigem Seegang ist über dem Vordertheile des Schiffes ein Wellenbrecher erbaut, hinter welchem sich beiderseits je ein Thürmchen für die rothen und grünen Positionslaternen erhebt. Hinter diesen Thürmchen sind die schwalbennestartigen Vorbauten für die Geschütze der Jacht angebracht, die ja im Kriegsfalle auch als Aviso benutzt werden kann.

Die Räume für die kaiserliche Familie liegen in dem den Schwankungen am wenigsten ausgesetzten mittleren Theile des Schiffes. Derselbe wird von einem in der Kielrichtung laufenden, zu einem gemeinsamen Salon führenden breiten und hohen Gang durchschnitten, an dessen rechter Seite die Zimmer für den Kaiser und den Kronprinzen liegen, während die Thüren zur Linken in die Gemächer der Kaiserin und der übrigen kaiserlichen Kinder führen.

Diese sämtlichen Räume zeichnen sich bei reichlicher Lichtfülle durch auffallende Geräumigkeit und durch eine ebenso einfache wie gediegene Ausstattung aus, die man während der Mittagsstunden im Kieler Hafen in Augenschein nehmen durfte. Die Täfelung der Wände, die Thüren und Treppen sind ebenso wie die Tische, Schränke, Einfassungen aus ganz hellem, fast weißem Ahorn- und Sykomorenholz hergestellt, während die Wände selbst mit buntfarbigem Creton überzogen sind, dessen Muster und Farbe in den einzelnen Gemächern wechseln. Mit den Wandungen harmonieren die sämtlich in hartem Weiß mit Gold gehaltenen Decken sowie die im Rokokostil aus poliertem Nickel hergestellten Kamine. Für die Erwärmung der Schiffsräume in kalter Jahreszeit sorgt im übrigen die durch das ganze Schiff geführte Dampfheizung, während die Beleuchtung einer Menge von Glühlampen in tulpenförmigen Glocken obliegt. Von den unteren Wohnräumen führt eine bequeme Treppe zu dem an Deck liegenden großen und luftigen Speisesaal empor, der in weißem Grundton mit Gold gehalten ist. Ueber diesem Saal endlich befindet sich das geräumige Promenadendeck, das nach hinten in einem Rauchsalon, nach vorn in der Kommandobrücke seinen Abschluß findet. An die kaiserliche Wohnung schließen sich nach achtern Wohnräume, Arbeitszimmer und Messe für das kaiserliche Gefolge: sie haben ebenso wie die Offiziersmesse, die Kajüte des Kommandanten und die im Vordertheil gelegenen Offizierskojen eine Einrichtung und Täfelung aus hellem Eichenholz erhalten. Außerordentlich luftig und den weitestgehenden Ansprüchen genügend sind die ein Deck tiefer gelegenen, fliesenbelegten Küchen. Trotz dieser vielfachen Inanspruchnahme des Schiffsrumpfes bietet die Kaiserjacht bei einem Deplacement von 4200 Tonnen dennoch Raum genug für eine bequeme Unterbringung der Mannschaften und für die Aufstellung sämtlicher Schiffsgeräthe. Das Schiff führt zwei Schrauben, und seine Maschinen entwickeln nicht weniger als 20000 Pferdekräfte. Bereits hat es seinen Dienst angetreten, den deutsche Kaiser auf seine Reisen über Meer zu führen. Gustav Munk. 

Giftige Pflanzen. Alljährlich fast bringen die Zeitungen Berichte über Krankheitsfälle, die durch den Genuß giftiger Pflanzen, ihrer Früchte, Samen etc. herbeigeführt worden und nicht selten tödlich verlaufen sind. Bald enthielt eine Suppe das Gift, der man aus Unkenntniß statt der üblichen Küchenkräuter den Fleckschierling beigemengt hatte, bald hatte ein Kind von der bekannten Tollkirsche genascht oder die Schoten des Goldregens (Cytisus laburnum) gegessen, oder ein Gericht giftiger Pilze führte das Elend einer ganzen Familie herbei. Und doch könnten derartige Unglücksfälle häufig vermieden werden, wenn die Kenntniß unserer Giftpflanzen eine verbreitetere wäre. Zwar enthalten einzelne Schulbücher die Beschreibung einheimischer Giftgewächse, auch im Anschauungsunterricht lernen die Kinder dieselben kennen, aber wie bald wird dies wieder vergessen und die junge Hausfrau weiß höchstes noch, daß Schierling giftig ist; wie er aussieht, wie er sich von ähnlichen unschädlichen Gewächsen unterscheidet, das weiß sie meistens nicht mehr „ganz genau“. Darum muß sie, wenn sie sich vor verhängnißvollen Mißgriffen schützen will, ein zuverlässiges, knapp gehaltenes, übersichtliches Nachschlagebuch zur Hand haben, welches ihr über die gefährlichen Kräuter Klarheit verschafft.

Vor kurzem sind uns zwei neue Werke dieser Art zur Kenntniß gekommen, auf die wir aufmerksam machen möchten:

1. Die Pflanzenvergiftungen, ihre Erscheinungen und das vorzunehmende Heilverfahren von Dr. med. H. Schünemann, Stabsarzt a. D. Mit 18 Abbildungen. Braunschweig, Otto Salle.

2. Die bekanntesten deutschen Giftpflanzen nach ihren botanischen und medizinischen Eigenschaften von A. Alf. Michaelis. Mit 16 Tafeln in Farbendruck. Erlangen, Fr. Junge.

Beide Werkchen sind empfehlenswerth, sowohl als Leitfaden zur Belehrung der Kinder, wie als Rathgeber in zweifelhaften Fällen. Während das erstere erschöpfend sämmtliche einheimischen Giftpflanzen behandelt, bringt letzteres nur die bekanntesten deutschen Giftpflanzen, aber mit farbigen Abbildungen, was das Erkennen wesentlich erleichtert.

Die ersten Maßnahmen in Vergistungsfällen besprechen beide Werke, die vortreffliche Dienste leisten können, zumal auf dem Lande, wo ärztliche Hilfe oft erst nach Stunden zu haben ist. B. R. 


Inhalt: Schwertlilie. Roman von Sophie Junghans (18. Fortsetzung). S. 533. – Die neue kaiserliche Jacht „Hohenzollern“. Bild. S. 5. 533. – Vor dem Erntefest. Bild. S. 536 und 537. – Für die Veteranen und Invaliden der Felder. S. 538. – Die Wengernalpbahn im Berner Oberland. Von Alexander Francke. S. 539. Mit Abbildungen S. 541 und 545. – Der Sänger. Roman von Karl von Heigel (Schluß) S. 542. – Blätter und Blüthen: Zu Roseggers fünfzigstem Geburtstag. S. 548. – Akademische Berufsarbeit im Ausland. S. 548. – Das Kaiserschiff „Hohenzollern“. S. 548. (Zu dem Bilde S. 533.) – Giftige Pflanzen. S. 548. –


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893). Leipzig: Ernst Keil, 1893, Seite 548. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1893)_548.jpg&oldid=- (Version vom 19.8.2023)