Verschiedene: Die Gartenlaube (1893) | |
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Blätter und Blüthen.
Die Entschädigung unschuldig Verurtheilter, für welche die „Gartenlaube“
seit einer Reihe von Jahren aufs nachdrücklichste eingetreten ist,
scheint nun doch endlich einer gesetzlichen Regelung entgegenzugehen. Nach
Mittheilungen, welche der württembergische Justizminister in der schwäbischen
Abgeordnetenkammer gemacht hat, wird in Preußen derzeit ein Gesetzesentwurf
vorbereitet, welcher neben der Wiedereinführung der Berufung
in Strafsachen die gesetzliche Entschädigung der unschuldig Verurtheilten
zum Gegenstand hat und welcher als Antrag Preußens dem Bundesrath
vorgelegt werden soll. Wann dieser Entwurf kommt und was er bringt,
das wissen wir vorläufig noch nicht, immerhin ist es schon etwas, wenn
die Sache wenigstens im Fluß bleibt und nicht wieder einschläft. In der
That ist die Chronik der deutschen Gerichte gar nicht dazu geeignet, diese
gerechte Forderung des deutschen Volkes in Vergessenheit gerathen zu lassen;
sie verzeichnet aus den letzten Jahren wieder eine ganze Reihe
von Irrthümern der Justiz. Gerade in Württemberg hat der Fall
des Bäckergesellen Pius Entreß viel Aufsehen erregt, der wegen eines
Diebstahls bei dem türkischen Oberstlieutenant Mustapha Bey zu vier
Jahren Zuchthaus verurtheilt worden war, aber, nachdem er neun
Monate davon abgesessen, wieder freigesprochen werden mußte.
Solchen Erfahrungen gegenüber bleibt die freiwillige Entschädigung, welche
in den meisten Bundesstaaten die gesetzliche vertritt, entschieden
unzulänglich, und es gereicht dem Deutschen Reiche nicht zur Ehre, daß es
sich auf diesem Felde von Oesterreich hat den Rang ablaufen lassen.
Denn dort ist seit etwas mehr als einem Jahre die Entschädigungspflicht
des Staates gegenüber den Opfern der irrenden Justiz, wenigstens soweit
es sich um Vermögensschädigungen handelt, gesetzlich anerkannt.
Hoffen wir, daß Deutschland nicht allzu spät dem hochherzigen Beispiel nachfolge!
Der Pflanzensammler. Die Tage des Sprossens und Wachsens sind wieder da, Flur und Wald haben sich neu bekleidet mit erfrischendem Grün, mit allerlei Blumen und Blüthen. Jetzt ist auch die eigentliche Zeit des Botanikers wieder gekommen, da er auszieht, Schätze zu sammeln für sein Herbarium. Und in manchem jungen Gemüth regt sich der Wunsch, auch anzufangen mit solch einer Sammlung, auch einzudringen in die Geheimnisse der „scientia amabilis“, in die „holde Wissenschaft“ der Botanik. Glücklich der, dem in solchem Falle ein erfahrener sachverständiger Vater, Onkel oder Freund zur Seite steht. Ihm werden die ersten schwierigen Schritte leicht gemacht, und, was andere mühsam, unter häufigen Irrthümern aus Büchern sich zusammensuchen müssen, das erklären ihm mitten auf dem Spaziergang durch die schöne Natur sicher ein paar Worte des Führers. Aber nicht jeder ist in dieser beneidenswerthen Lage – denn nicht mit Unrecht ist oft darüber geklagt worden, daß das Geschlecht, dem die Eltern unserer jetzt eben flügge werdenden Jugend angehören, die Botanik vernachlässigt habe. So muß eben doch in vielen Fällen das stumme Buch den beredten Lehrer vertreten.
Vor uns liegt ein solches Buch, das den Liebhaber wie den angehenden zünftigen Botaniker einführt in die Kunst des Pflanzensammelns. Wie und wann er auszieht auf die Suche, wie seine Botanisierbüchse, seine Pflanzenmappe am besten eingerichtet ist, wie er die Pflanzen preßt, untersucht, präpariert, wie er sie einreiht, ordnet und etikettiert, kurz, wie er sie zur wissenschaftlichen Berarbeitung vorbereitet, das alles erfährt der Anfänger aus diesem nützlichen, klar und gemeinverständlich geschriebenen Buche. Es ist das „Handbuch für Pflannzensammler“ von Dr. Udo Dammer (Stuttgart, Enke), welches wir meinen. Wir können das Werk jedem strebsamen Jüngling, jeder wißbegierigen Jungfrau empfehlen; aber selbst der erfahrene Fachmann wird es nicht ohne Vortheil studieren, denn auch er dürfte manchen nützlichen praktischen Wink daraus entnehmen.
Ueberflüssige Bücher. Die „Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung“ in Berlin (W, Maaßenstraße 20) theilt uns mit, daß sie für Ueberlassung von Büchern, welche ihrem Besitzer entbehrlich geworden sind, dankbar ist. Besonders erwünscht sind Volksbücher, gute Erzählungen, Jugendschriften, Klassiker und vollständige Jahrgänge illustrierter Zeitschriften, die mit Beihilfe der Abegg-Stiftung zu kleinen Bibliotheken zusammengestellt, ergänzt und an bedürftige Vereine und Schulgemeinden in kleinen Ortschaften unentgeltlich abgegeben werden. Wer also bei einem Umzug oder bei sonst einer Gelegenheit unter seinen Bücherschätzen Musterung hält und dabei solche Stücke ausscheiden will, die für ihn nur Ballast bilden würden, der erinnere sich an die volksthümlichen Bestrebungen jener Gesellschaft und sende ihr ein, was er für ihre Zwecke geeignet erachtet.
Kleiner Briefkasten.
O. Fr. in Danzig. Sie thun unserem Mitarbeiter „Hans Arnold“, dem Verfasser von „Nicht lügen“ und vielen anderen lustigen Familiengeschichten, entschieden unrecht. Er hat mit dem über Spiritismus schreibenden Autor desselben Namens nichts gemein als – eben den Namen.
P. S. in Quedlinburg, K. R. in Paderborn u. a. Ob der im Jahrgang 1875 in der „Gartenlaube“ beschriebene Zimmerspringbrunnen mit Paternosterwerk jemals fabrikmäßig angefertigt wurde, vermögen wir Ihnen leider nicht zu sagen, da alle unsere Umfragen nach dieser Richtung ohne Erfolg geblieben sind. Inzwischen sind neuere, ebenfalls in der „Gartenlaube“, sowie im „Gartenlaube-Kalender“ beschriebene Konstruktionen von Zimmerspringbrunnen erfunden worden, wie u. a. der auf dem Prinzip des Heronsbrunnens beruhende von Ernst Fischer, sowie der mittels Heißluftmotors in Gang zu setzende Brunnen mit Aquarium von Louis Heinrici in Zwickau. Der letztere Brunnen hat in neuerer Zeit einen elektrischen Motor erhalten, der sich durch pünktlichen Betrieb auszeichnet und mit wenig Mühe in stand gehalten wird. Fische, Schnecken, Molche und andere Wasserthiere halten sich bei sachgemäßer Pflege gut in dem Aquarium; auf die Verbesserung der Zimmerluft durch derartige Springbrunnen hat die „Gartenlaube“ mehrfach aufmerksam gemacht.
Thüringerin. Es ist unter allen Umständen zweckmäßig, das Kleid in einem Dampfapparat desinfizieren zu lassen. Was Ihre weiteren Fragen anbelangt, so sprechen Sie darüber am besten mit einem Zahnarzt. Kleine Kinder bekommen auch Stockzähne zweimal.
Inhalt: Schwertlilie. Roman von Sophie Junghans (3. Fortsetzung). S. 277. – Seifenblasen. Bild. S. 277. – Aus den Dolomiten. S. 285. Mit Abbildungen S. 280, 281, 284, 285, 286 und 292. – Die Geschichte des Panzers und – Panzergeschichten. S. 287. – Freie Bahn! Roman von E. Werner (16. Fortsetzung). S. 288. – Zum Gruße. Bild. S. 289. – Blätter und Blüthen: Die Entschädigung unschuldig Verurtheilter. S. 292. – Der Pflanzensammler. S. 292. – Ueberflüssige Bücher. S. 292. – Kleiner Briefkasten. S. 292.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1893). Leipzig: Ernst Keil, 1893, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1893)_292.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2023)