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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)

einer der Hauptträger dieser von alter Ueberlieferung sich loslösenden Zeit.

Nicht bloß für seine eigene Fortbildung, auch für die seines ganzen Standes war er thätig, und wir lesen mit Staunen von der „Akademie“, die er in Schwerin als ein genossenschaftliches Unternehmen zu gegenseitiger sittlicher und künstlerischer Erziehung gebildet hatte. Ekhof war „Lektor“ und „Präpositus“ der Akademie, die Seele des Ganzen. Die Hauptgegenstände der Sitzungen waren Vorlesung der zu spielenden Stücke, Erörterung der Hauptrollen, Betrachtungen über die Schauspielkunst überhaupt, „bescheidene Anmerkungen über die Pflichten der Künstler im gemeinen Leben“, alles „ohne Entrüstungen und Empfindlichkeit“. Doch hatte Ekhof bei diesen Bestrebungen keinen leichten Stand; er stieß vielfach auf Gleichgültigkeit und Stumpfsinn, man nannte ihn den Schulmeister, und vergebens beschwor er oft mit beredten Worten die im alten Schlendrian sich behaglich suhlenden Genossen: „Haben wir wohl einen wichtigeren Gegenstand als den Fortgang unserer Kunst? Sollte sie keine ernsthaften Betrachtungen verdienen – sie, die uns Unterhalt und Ehre verschafft?“ Die Akademie wurde 1753 begründet und dauerte wohl bis zum Ende der Schönemannschen Direktion.

In die Zell, in welcher Ekhof dieser Truppe angehörte, ins Jahr 1745, fällt auch seine Verheirathung mit Jungfer Georgine Spiegelberg, der Tochter eines Schauspieldirektors, die um vierzehn Jahre älter war als er. Sie wird als eine „große, ihre Nebenbuhlerinnen hundertfach übertreffende Aktrice“ geschildert, die „nur von ihrer Brust nicht gehörig sekundiert werde“.

Später wurde die begabte Künstlerin, ohne ihr Verschulden, zur Plage seines Lebens. Frau Ekhof hatte stets Anwandlungen von Schwermuth und verfiel schließlich 1765 in Bremen ganz in Irrsinn. Und dieser Irrsinn war religiöser Art. „In Bremen herrschte,“ wie Iffland berichtet, „eine große Unduldsamkeit gegenüber Schauspielern. Die geistlichen Volksredner sprachen auf ihrem Grund und Boden heftig gegen das Theater. Ein Geistlicher in Bremen hat durch sorgsam erregte Gewissensskrupel Ekhofs Gattin um ihren Verstand gebracht!“ Doch war es ein stiller Wahnsinn, und Ekhof lebte mit ihr bis zu seinem Tode zusammen. Schwer hat dieses Schicksal auf ihm gelastet.

Nachdem infolge des Thronwechsels die Schweriner Glanzepoche ein Ende erreicht hatte, spielte die Schönemannsche Gesellschaft meistens in Hamburg; hier mußte jetzt Ekhof die ganze Direktion führen, denn Schönemann hatte auf einmal eine merkwürdige Neigung zum – Pferdehandel gefaßt. Die Pferde aber wurden seinen Künstlern verhängnißvoll; was er bei den letzteren gewann, setzte er bei den ersteren zu. Endlich konnte er die Gagen nicht mehr aufbringen, entließ viele seiner Mitglieder, zuletzt auch Ekhof, dessen Frau und Schwägerin sich schon früher zurückgesetzt fühlten. Dieser begab sich zunächst nach Danzig zur Schuchschen Gesellschaft, wo er sich indes nicht behaglich fühlte; denn Schuch war ein geborener Hanswurst und pflegte besonders die Hanswurstiaden.

Im Jahre 1757 kehrte Ekhof wieder nach Hamburg zurück und übernahm als selbständiger Prinzipal den Rest der Schönemannschen Truppe. Doch hatte das Unternehmen keinen rechten Erfolg, und Echof führte die Leute schließlich seinem früheren Kollegen Heinrich Gottfried Koch zu, der bei dem Ausbruch des Siebenjährigen Kriegs seine Schauspieler entlassen, aber Garderobe und Maschinerien behalten hatte. Eckhof war bei Koch alles und hatte das Heft in Händen; seine Gage betrug freilich nur dreihundert Thaler, und auch die bezog er theilweise in Theaterbillets, die er erst durch Zwischenhändler auf der Straße in Geld verwandeln mußte. Er verkehrte übrigens in einigen der ersten Hamburger Häuser; besonders war er bei mehreren Geistlichen ein gerngesehener Gast, denn er war auch ein eifriger Kirchenbesucher und großer Freund der Kirchenmusik. Doch mit seinem Direktor stand Ekhof nicht immer auf gutem Fuße, und als sich die Mißhelligkeiten mehrten, da schied Ekhof von ihm in erbitterter Stimmung und wandte sich zu Ackermann, der gerade in Hannover spielte. Ueber seine Ankunft dort wird berichtet: „Am 24. April 1764, als die Gesellschaft just pon einer Tanzprobe kam, hielt ein Frachtwagen, mit Segeltuch bedeckt, vor Ackermanns Hause; ein gebücktes Männlein, mit einer Art Weiberkappe bedeckt, kroch heraus. Es war Ekhof. Ackermanns Gruß beantwortete er ablehnend, nur mit der Sorge um zwei hübsche Hündchen beschäftigt, die ihm seine noch unter dem Segeltuch verhüllte Frau dringend ans Herz legte. Endlich entstiegen auch die Gattin des deutschen Roscius nebst seiner Schülerin Sophie Schulz, gleichfalls in häßliche Kappen gehüllt, dem Frachtwagen. Während sie in das Ackermannsche Haus gingen, verweilte Ekhof am Wagen, bis alles abgepackt, hineingeschafft und jede Schütte Stroh durchwühlt war. Dann zankte er noch eine halbe Stunde plattdeutsch mit dem Fuhrmann über die Reisekosten; nun erst folgte er unter steter Klage über die mühselige Fahrt Ackermann auf dessen Zimmer.“

Die Ackermannsche Gesellschaft spielte in Hannover, Braunschweig, Göttingen, Bremen, Hamburg; doch hier waren die Mittel des Unternehmers erschöpft; er trat im März 1767 sein Theater an die Schauspieler Abel Seyler und Joh. Martin Tillemann ab, und nun beginnt jene kurze Epoche des „Nationaltheaters“, welcher durch Lessings Dramaturgie dauernder Nachruhm beschieden worden ist, ein Nachruhm, an welchem Ekhof als der erste Schauspieler dieser Bühne den Löwenantheil hat. Die Prinzipalschaft fiel, nachdem das neue Unternehmen gescheitert, wieder an Ackermann, der Besitzer des Inventars geblieben war. Seyler aber hatte inzwischen in Hannover die Bühne übernommen, die vom Hofe durch freies Theater und glänzende Garderoben unterstützt wurde, und als dieser die Werbetrommel rührte, da ließ Ekhof seinen Freund Ackermann rücksichtslos im Stich. Ein Bühnenkartellverein bestand damals nicht; die Schauspieler kamen und gingen, wie es ihnen beliebte; was man heutzutage als Vertragsbruch bezeichnen würde, das gehörte damals zur Tagesordnung, und war etwas Besseres in Sicht, so machte man sich kein Gewissen daraus, auch persönlich nahestehenden Freunden untreu zu werden. Die Seylersche Truppe spielte in Hannover, Celle, Osnabrück, später in Gießen, wo ein Professor der Dichtung, Heinrich Schmid, ein sehr schmeichelhaftes Lobgedicht auf die Mitglieder der Gesellschaft machte und deshalb wegen „Entweihung der Feder“ in Untersuchung gezogen wurde, dann noch in Wetzlar, dem Sitze des Reichskammergerichts. Ekhof war immer mehr die Seele des ganzen Unternehmens geworden, besonders seit es darauf ankam, die Kasse zu füllen, „er war überall auf dem Platze und legte oft seine Hände, ja seinen ganzen Körper mit an, um eine unbehilfliche Maschine vom Theater zu ziehen oder eine verworrene Dekoration zu entwirren“. Der Ruf der Gesellschaft war inzwischen nach Weimar gedrungen, und die Herzogin-Regentin Anna Amalia bot ihr 1771 eine feste Anstellung unter günstigen Bedingungen. So betrat Ekhof noch in den letzten Lebensjahren den später klassisch gewordenen Boden Weimars. Wegen eines Schloßbrandes wurden die Schauspieler 1774 entlassen, gleich darauf aber in Gotha engagiert, wo sie zuerst im Residenzschloß Friedenstein spielten. Ihr Vertrag sicherte ihnen das Recht, die Leipziger Messe zu besuchen. Hier begannen sie 1774 ihre Vorstellungen in einer Bude vor dem Grimmaschen Thore, denn das 1766 eröffnete Schauspielhaus war von der Döbbelinschen Truppe besetzt.

Döbbelin ließ es sich selbstverständlich angelegen sein, den gefährlichen Mitbewerber bald loszuwerden; er hatte Gerüchte ausgesprengt, die Bude werde zusammenstürzen, wenn Zuschauer sie besuchten, und veranlaßte auch wirklich elnige seiner Freunde, Bänke loszubrechen, welche am Eröffnungsabend zusammenkrachten. Allgemeiner Schrecken entstand; die Zuschauer und selbst einige der Bühnenmitglieder stürzten ins Freie. Doch Ekhof wußte sich Gehör zu verschaffen und beruhigte die Aufgeregten, so daß die Vorstellung stattfinden konnte.

Die letzte wichtige Wendung in Ekhofs Leben war 1775 der Eintritt in die Oberleitung der Gothaschen Hofbühne, der ersten in Deutschland.

Seyler war nämlich nach Dresden berufen worden; Ekhof und die besten Mitglieder, die dahin nicht mitgehen mochten, ließen ihren Direktor an die Elbe ziehen und blieben in Gotha, wo alsbald das „Neue herzogliche Theater“ eröffnet wurde; ein Oberhofmarschall wurde „Oberdirekteur“, also „Intendant“, Ekhof übernahm die künstlerische Leitung. Hier gelang es ihm, die Truppe durch schöne Talente zu verjüngen, indem er Iffland, Beil und Beck heranzog. Ein Lichtpunkt in dieser Zeit war sein Mitwirken bei einer Liebhabervorstellung am weimarischen Hofe, wo er mit Goethe zusammenspielte, der ihn auch zu Tisch einlud. Ekhof war Freimaurer, auch Meister vom Stuhl in einer Loge, welcher der Herzog selbst angehörte, und mit Eifer verfolgte er echt menschenfreundliche Bestrebungen. So war er der erste,

welcher den Plan einer allgemeinen Pensions- und Totenkasse für

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