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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)


Im Kazan-Paß. 0 Felsenstampfer.

Weiterhin ist der Strom wieder frei von Hindernissen und im ferneren Verlaufe nimmt er eine Gestaltung an, die ein völlig verändertes Bild abgiebt. Dieser Abschnitt des Stromes ist der „Kazan“ (Kessel). Ungeheure Felswände engen das Donaubett hier ein und geben ihm die riesige Tiefe von 74 Metern, wohl die größte Stromtiefe, die in Europa gemessen wurde. Würde die Donau stromauf und stromab trocken liegen, im Kazan bliebe ein See zurück, der noch immer eine durchschnittliche Tiefe von 40 Metern besäße. In diesem großartigen Engpaß sind bemerkenswerth die prachtvolle Széchényi-Straße mit ihren Galerien und Ausmauerungen; die „Veteranihöhle“, welche als Vertheidigungsstütze der Oesterreicher in den Türkenkriegen zweimal eine Rolle gespielt hat; die Spuren des „Trajansweges“ auf dem serbischen Ufer mit der noch erhaltenen „Trajanstafel“.

Um das Jahr 100 n. Chr. hauste in dem mauerumgürteten Sarmizigethusa (im siebenbürgischen Streblthal unweit des heutigen Hatszeg) der thatkräftige Dakerkönig Dekebalus. Mehr als einmal hatten die Römer in Mösien die kriegslustigen Nachbarn unangenehm zu fühlen bekommen und vergeblich waren ihre Versuche, sie auf die Dauer zu bändigen. Da gelangte Trajan zur Herrschaft und alsbald führte er seine Legionen in jene unwirthlichen Engen, um in das transsylvanische Hochland einzubrechen. Den thurmhohen, zum Theil überhängenden Felsen wurde der Raum für eine Heerstraße abgerungen. Wer die herrliche Széchényi-Straße hinabfährt, sieht die Spuren dieses Weges am jenseitigen (rechten) Donauufer. Dermalen ist er ein in den Felsen gehauener Steig, doch war seine Bahn einst viel breiter, denn man gewahrt oberhalb der Hochwasserlinie zwei Reihen von Löchern im Gestein, von denen die größeren zur Aufnahme der Tragbalken, die kleineren zur Befestigung der Stützbalken dienten, so daß die Straßenkrone zur Hälfte über dem Strome schwebte.

Fünfzehn deutsche Meilen war dieser Weg lang, und an ihm lagen überall dort, wo das Ufer sich weitete und eine Verbindung mit dem Hinterland gegeben war, befestigte Militärposten. Nach Fertigstellung des Weges rückte Trajan in zwei Kolonnen bis Sarmizigethusa vor, wo Dekebalus aufs Haupt geschlagen wurde. Damit schien die Sache abgethan. Der gedemüthigte Dakerkönig aber wurde rückfällig, und Trajan sah sich zu einem zweiten Feldzuge gezwungen. Diesmal ließ Trajan von dem berühmten Baumeister Apollodorus von Damaskus gleich unterhalb des „Eisernen Thores“ eine Pfeilerbrücke mit hölzernen Spannungen herstellen, ein Werk, zu dessen Nachahmung sich bisher nicht einmal die moderne Technik aufschwingen konnte. Die meisten Pfeiler sind noch in schier unverwüstlichen Resten vorhanden und ragen bei außergewöhnlich niedrigem Wasserstand über die Wasserlinie hervor.

Das Ergebniß dieses zweiten Dakerkrieges war die endgültige Vernichtung der Herrschaft des Dekebalus. Dieser hatte sich schon vor der Katastrophe in sein Schwert gestürzt.

Bohrfloss
Grosser Bagger„Vaskapu“ 0 Französisches Bohr- und Sprengschiff

An die Triumphe römischer Straßenbaukunst erinnert die schon erwähnte Tafel. Früher benutzten Hirten vielfach die Felsennische zur Unterkunft, und die von ihnen angezündeten Lagerfeuer schwärzten mit

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893). Leipzig: Ernst Keil, 1893, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1893)_009.jpg&oldid=- (Version vom 15.6.2022)