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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892)

Bruchtheil aller überhaupt erzeugten Koks. Unsere Hochöfen, welche das Roheisen liefern, bedürfen der Koks in solchen Massen, daß die Zechen die großartigsten Einrichtungen zur Herstellung derselben getroffen haben. Auch würden die Gaskoks für die Hochöfen keine Verwendung finden können, da sie viel zu locker sind, um unter dem Druck der Erzmassen, welche jene über 20 Meter hohen Oefen füllen, nicht zu Pulver zermalmt zu werden und so dem Winde, welcher hindurch geblasen werden muß, den Weg zu versperren. Eine unmittelbare Verwendung stückförmiger Steinkohlen würde an demselben Uebelstande scheitern; auch sind diese unvorbereitet schon um deswillen nicht brauchbar, weil sie immer in mehr oder weniger hohem Grade Schwefel enthalten; die messingartigen, oft ins Bläuliche spielenden Anlauffarben mancher Kohlen verrathen dies dem kundigen Blick sofort. Dieser Schwefel würde nun unfehlbar ins Eisen gelangen und dasselbe brüchig machen. Nur manche „Anthracitkohlen“ sind so fest und schwefelfrei, daß sie ohne Vorbereitung den Hochöfen zugeführt werden können.

 Vorderseite.

Oben.   Hinterseite.
Obere, vordere und hintere Seite einer Koksbatterie.

Auch die Koksdarstellung hat ihre Geschichte: von der einfachen Darstellung in Meilern geht es aufwärts bis zu den jetzigen Koksöfen. Unsere heutigen Einrichtungen weichen in den Einzelheiten mannigfach von einander ab; im Prinzip jedoch stimmen sie alle überein. Die Koksdarstellung ist etwa die Umkehrung der Leuchtgasfabrikation. Bei der letzteren erhitzen wir eine geeignete Kohle, die „Gaskohle“, in thönernen Retorten. Es entweicht alsdann bei diesem „Destillationsprozeß“ außer Substanzen, welche sich als Wasser, Theer und Ammoniakwasser in den kühleren Theilen der ganzen Einrichtung ablagern, ein brennbares Gas, welches einige Reinigungsprozesse durchmachen muß, um alsdann in die Röhrenleitung geführt zu werden und unseren Leucht- und Heizzwecken zu dienen. Dabei hinterbleiben in der Retorte jene porösen Koks. Dieselben behandeln wir hier als Abfall, verbrennen einen Theil davon, um unsere Retorten zu heizen, und verkaufen den Rest. Umgekehrt richten wir bei der Verkokung unser Hauptaugenmerk auf möglichst reiche Gewinnung dieser Koks, lassen das entweichende Gas als Nebenerzeugniß gelten und verbrennen dasselbe, um unsere Retorten soweit zu erhitzen, als es der Prozeß erfordert.

Arbeiter, das Innere eines Ofens ebnend.

Dieser Vorgang nun spielt sich in den sogenannten „Koksbatterien“ ab. In Westfalen am meisten verbreitet sind die sogenannten Coppée-Oefen. Etwa 30 bis 60 derselben bilden eine „Batterie“. Es sind, wenn wir nebensächliche Theile übergehen, wagerecht liegende Zellen, etwa 10 m lang, 60 cm breit und 170 cm hoch. Jede Zelle („Retorte“, „Ofen“) faßt etwa 6000 kg Kohle; sie ist von feuerfesten Wandungen ringsum umschlossen und hat vorn wie hinten eine verschließbare, ebenfalls feuerfeste Thüre. Die Wände zwischen zwei benachbarten Zellen enthalten Hohlräume, auch zieht ein Kanal („Sohlkanal“) unter jeder Zelle durch. Soll eine solche Batterie in Gebrauch genommen werden, so werden zunächst die Zellen bis zur Weißgluth erhitzt. Alsdann bringt man durch drei in der Decke angebrachte Oeffnungen („Füllschächte“) die Kohlen in fein vertheiltem Zustande hinein und verschließt diese „Füllschächte“ wie auch die beiden Thüren luftdicht.

Unter der Hitze der weißglühenden Wände beginnt alsbald der „Destillations“-Prozeß – Gas entweicht. Dieses Gas leitet man nun durch schlitzförmige Oeffnungen, welche oben an den Wänden der Zellen angebracht sind, zunächst in die Hohlräume der Wandungen und von da auch in den „Sohlkanal“. Gleichzeitig führt man durch besondere Oeffnungen von außen soviel Luft zu, daß eine fast vollständige Verbrennung des Gases erzielt wird. Die Batteriezellen sind nun seitlich wie auch unten von Flammen umgeben. Das Gas der Kohle wird hier noch vollkommener ausgetrieben als in den Retorten der Gasanstalt. Nachdem das brennende Gas in der Batterie seine Schuldigkeit gethan hat, läßt man es keineswegs in die freie Luft entweichen, denn es enthält noch viel Wärme und kann noch wichtige Dienste leisten. Man sammelt es daher in einem unterirdischen Kanal, leitet es unter die Dampfkessel, welche den Kraftbedarf für die maschinellen Anlagen der Zeche zu liefern haben, und diese abziehende Hitze der Batterie („Abhitze“) reicht noch vollkommen für die Heizung sämmtlicher Kessel aus, so daß der bedeutende, sonst für dieselben erforderliche Aufwand an Brennmaterial gespart werden kann. Man schätzt

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Leipzig: Ernst Keil, 1892, Seite 851. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_851.jpg&oldid=- (Version vom 25.2.2019)