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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892)

werde. Wir aber reichen den Preis denjenigen Reitern, denen menschliches Mitgefühl mit ihren Thieren über sportlichen Ehrgeiz ging und die unterwegs lieber den weiteren Wettbewerb aufgaben, als daß sie sich zu Mitschuldigen an einer jammervollen Thierquälerei gemacht hätten!

Die Wollspinne. (Mit Abbildung S. 738). Es dürfte wenige Pflanzengebilde geben, welche ein vom Herkömmlichen so abweichendes Aeußere besitzen wie die Wollspinne oder Grapple-plant (Harpagophyton procumbens), von welcher unsere Abbildung eine mittelgroße Frucht in halber Größe darstellt. Die ausdauernde, krautige Pflanze ist in Südwestafrika einheimisch, hat also für unsere Kolonialfreunde noch ganz besonderes Interesse. Sie kriecht am Boden entlang und entwickelt auch auf demselben ihre Früchte. Die Ursachen für ihre wunderliche Gestaltung lassen sich unschwer finden. Die an der Erde liegenden Früchte könnten nur schwer verbreitet werden, wenn sie nicht besondere Einrichtungen besäßen, welche eine Weiterbeförderung ermöglichen. Als solche Verbreitungsausrüstungen wirken nun die mit starken Haken besetzten Arme, welche in trockenem Zustand sämmtlich etwas aufwärts gekrümmt sind. Wehe dem Thiere, das auf eine solche zähholzige Frucht tritt. Die Arme klammern sich an den Fuß des unglücklichen Opfers, peinigen uud martern es, so daß es vor Schmerz davon flieht und sich unterwegs durch Stoßen und Stampfen von dem Unhold zu befreien versucht. Dabei wird die Frucht schließlich an der Spitze gesprengt und die Saaten fallen nach und nach aus der oberen Oeffnung, weit entfernt von dem Standorte der Mutterpflanze. Die in Südafrika in großen Herden vorkommenden Wiederkäuer, besonders Antilopen, dann aber auch das von den Europäern eingeführte Rindvieh sind die hauptsächlichsten Verbreiter der Pflanze. Uebrigens zeigen Verwandte dieser zu der Familie der Pedaliaceae gehörigen Art ebenfalls ähnliche Haftvorrichtungen, wie z. B. das bisweilen in Gärten gezogene Gemshorn (Martynia proboscoidea). Udo Dammer.     

Wohnung und Krankheit. Als die Cholera vor wenigen Monaten an der Küste des Kaspischen Meeres den Boden von Europa betrat, da fehlte es nicht an gewichtigen Stimmen, die das Vorhandensein einer Gefahr für Deutschland leugneten. Andere sahen schwärzer und behielten leider recht. Die Cholera wußte die Verkehrsmittel der Neuzeit, die Dampfer und Eisenbahnen zu benutzen, in raschem Fluge durchbrauste sie die weite Länderstrecke vom Kaspischen Meere bis zur Ostsee, und ehe der Sommer zur Neige ging, forderte sie auch schon ihre Opfer auf den Schiffen, die jenseit des Oceans im Hafen von New-York lagen. Indem die Cholera so auch bei uns Tausende niederstreckte, gab sie die empfindliche Lehre, daß die Fortschritte der Hygieine in den Großstädten noch nicht zur vollen Geltung gelangt sind. Ein Umstand war es vor allem, der in Hamburg neben der schlechten Beschaffenheit des Trinkwassers der Ausbreitung der Seuche Vorschub leistete – der mangelhafte Zustand der Wohnungen.

Im letzten Halbheft der „Gartenlaube“ ist das Kapitel „Gesundheit und Städteerweiterung“ behandelt und dabei ausgeführt worden, daß es Pflicht der Gemeinde und des Staates sei, für gesunde Wohnungen zu sorgen. Wir wollen heute unsere Aufmerksamkeit auf eine andere Seite der Sache richten. Auch wenn der Staat und die Gemeinde in der angeführten Richtung ihre Pflicht vollauf gethan haben, so ist damit doch nur die Hälfte der Aufgabe gelöst, denn das zweckmäßig gebaute Haus allein schützt uns nicht, es kommt noch darauf an, wie wir es erhalten, wie wir in ihm leben. In den herrlichsten Palästen kann man ungesund wohnen.

Das Blücher-Denkmal für Caub.
Von Professor Fritz Schaper.

Man braucht dabei nicht bloß an die Cholera zu denken, die uns nur in Zwischenräumen heimsucht, andere Seuchen bedrohen uns zu jeder Zeit und fordern mehr Opfer als jene asiatische Plage. Da ist der gefürchtete Typhus, der Würgengel der Kinderwelt – die Diphtherie und der schlimmste Feind der europäischen Menschheit, die Tuberkulose. Gegen diese und andere einheimischen Feinde müssen wir stets gerüstet sein, und wenn wir es sind, dann sind wir auch gegen die Cholera gewappnet und brauchen sie nicht zu fürchten.

Die Natur der Seuchen ist erst seit wenigen Jahren erkannt worden, und neu sind noch die Maßregeln die zur Verhütung dieser Geißeln der Menschheit angewendet werden sollen. Daraus erklärt es sich, daß sie weiteren Volkskreisen nicht genügend bekannt sind und daß hier Unterlassungssünden selbst dort vorkommen, wo eine Schar gebildeter Männer über das Wohl und Wehe der Stadt zu wachen hat. Noch mehr werden aber solche Unterlassungssünden in der privaten häuslichen Hygieine begangen. Eine Wandlung zum Besseren kann nur durch zweckmäßige Belehrung des Volkes erzielt werden. Die Schule bietet in dieser Beziehung fast nichts, die Schüler verlassen meist die Schulbänke, ohne auch nur die wichtigsten Grundsätze der Gesundheitspflege zu kennen. Hier wäre also zuvörderst Hand anzulegen. Aber selbst wenn das ausgeführt wird, so wird doch mit der Schulweisheit allein auch in der Zukunft niemand sein Leben durch auskommen. Er muß sich vielmehr selbst fortbilden, muß Zeit finden, nicht nur Tagesblätter und Romane, sondern auch belehrende Bücher zu lesen. Diese Mahnung bezieht sich aber nicht allein auf Männer, sondern noch mehr auf Frauen. Die Frau waltet am häuslichen Herde, sie sorgt für die Erhaltung und Reinlichkeit der Wohnung, sie ist bei Krankheitsfällen in der Familie die erste naturgemäße Pflegerin, und so ist auch ihr Verhalten von der höchsten Bedeutung für das Gesunderhalten der Wohnung. Es ist darum von größter Wichtigkeit, die Hausfrauen hygieinisch auszubilden und sie zu lehren, wie den Keimen der Seuche der Zutritt zum Hause gewehrt, wie ein trotzdem entstandener Krankheitsherd mit einfachen Mitteln, namentlich durch eine vernünftige Krankenpflege, unterdrückt werden kann.

Dieses Ziel der Aufklärung, das heute in Anbetracht der Choleragefahr auch den sonst Gleichgültigeren so dringend erstrebenswerth scheint, das aber in Wirklichkeit stets und unablässig zu verfolgen ist, hat C. Falkenhorst in seinem volksthümlichen „Buche von der gesunden und praktischen Wohnung“ verfolgt. Er bietet dem Leser hier eine erschöpfende Darstellung der Haushygieine in einer Form, die anregend wirkt, vor allem aber widmet er der Bekämpfung der ansteckenden Krankheiten und einer vernünftigen Krankenpflege Beachtung. Wir möchten es darum als ein zeitgemäßes Fortbildungsbuch, als einen zuverlässigen Rathgeber allen denjenigen empfehlen, die als Hausvorstände über das gesundheitliche Wohl der Familie zu wachen haben.

Das Blücher–Denkmal für Caub. (Mit Abbildung.) Der Gedanke, dem geschichtlich denkwürdigen Uebergang Blüchers über den Rhein bei Caub einen Merkstein der Erinnerung zu widmen, ist kein neuer. Schon zwei Denksteine kennzeichnen die Stelle, wo die ersten Truppen der vereinigten preußisch-russischen Armee das linke Rheinufer in der Nacht vom 31. Dezember 1813 auf den 1. Januar 1814 erreichten, und den Plan, ein Denkmal für Blücher hier zu errichten, faßte schon vor nahezu zehn Jahren der jetzige Bürgermeister des Badeortes Neuenahr am Niederrhein, der Rittmeister a. D. Hepke. Kaiser Wilhelm I. stimmte seiner Absicht aufs lebhafteste zu, und nur der Umstand, daß die Sammlungen für das Nationaldenkmal auf dem Niederwald durch anderweitige Aufrufe nicht durchkreuzt werden sollten, machte eine vorläufige Verschiebung wünschenswerth. Sobald dann das Niederwalddenkmal fertig war, stand der Inangriffnahme des Projektes nichts mehr entgegen, und heute darf man annehmen, daß die Vollendung des Werkes in nächster Zeit zur Thatsache werden wird. Schon sind etwa 36000 Mark vorhanden, während etwa 50000 Mark benöthigt werden. Die Grundsteinlegung soll im nächsten Frühjahr stattfinden.

Als Platz für das Denkmal ist in Aussicht genommen eine Uferstelle in Caub, welche den Vorzug eines höchst malerischen Hintergrundes hat. Wohl wird ein weiter Ausbau in den Rhein hinein, eine Art Terrasse nöthig werden, um den nöthigen Raum zu gewinnen, aber der Denkmalsausschuß dürfte nicht ohne Erfolg auf die patriotische Theilnahme der deutschen Nation sich verlassen. Die Mehrkosten für diese Anlage werden sicher noch durch Gaben aus allen Gauen Deutschlands gedeckt werden.

Professor Fritz Schaper in Berlin ward dazu ausersehen, das Standbild zu schaffen, seit wenigen Tagen ist es im Modell vollendet, und wir zweifeln nicht, daß die ausgezeichnete Schönheit des Kunstwerks, von der auch unser Bild eine Vorstellung zu geben vermag, dazu beitragen werde, die weiteren Sammlungen kräftig zu fördern. Schapers Auffassung der Gestalt des volksthümlichen Helden ist eine ganz vortreffliche. Rückblickend auf die heranrückenden Heerscharen, deutet er den Weg an, den die Truppen zu beschreiten haben. Der Mantel fliegt im eisigen Winde der Winternacht, das Antlitz zeigt mit besonderer historischer Treue die gutmüthigen Züge des tapferen Führers, die an ihm stets gerühmt wurden.

Und so wird sich denn in kürzester Frist an denkwürdiger Stelle das Bild des Marschalls Vorwärts erheben, zur Erinnerung an den Helden, dem Goethe in einer Grabschrift die Worte gewidmet hat:

„In Harren und Krieg, in Sturz und Sieg,
Bewußt und groß – so riß er uns vom Feinde los.“

Ferdinand Hey’l-Wiesbaden. 

Die neue Prachtausgabe von Uhlands Gedichten, welche soeben im Cotta’schen Verlag erschienen ist, wird ein großer Theil unserer Leser gewiß mit Freuden begrüßen. Es gab ja schon eine ältere Prachtausgabe der Uhlandschen Dichtungen. Hervorragende Künstler, ja die ersten Meister, wie Makart, Camphausen, Gabriel Max u. a., hatten daran mitgearbeitet und Zeichnungen beigesteuert, die man noch heute mit frischem Genuß betrachtet. Anderes freilich fiel der Veraltung anheim, auch die Technik der Vervielfältigung ist seitdem fortgeschritten. Kurz, es bedurfte einer Neugestaltung des alten Werkes, und diese ist nunmehr abgeschlossen. Eine Reihe begabter Künstler hat die Lücken gefüllt, welche unter dem Zwange des veränderten Geschmacks der Neuzeit in den alten Bilderschmuck gerissen werden mußten. Unsere heutige Nummer enthält zwei Proben aus der Reihe der neu hinzugekommenen Illustrationen, von denen die auf S. 716 eine Scene aus dem bekannten Liede darstellt: „Was klinget und singet die Straß’ herauf?“ während das Vollbild S. 717 die anmuthige Romanze von „des Goldschmieds Töchterlein“ begleitet. So bietet sich nun das alte Werk in verjüngter Gestalt, dabei zu einem wesentlich billigeren Preise, dem Leser dar. Gewiß wird die neue Prachtausgabe viel dazu beitragen, Uhlands Dichtungen heimisch zu machen unter seinem Volke.

Das Gesicht. (Zu unserer Kunstbeilage.) Die „Gartenlaube“ hat in der Kunstbeilage zu Halbheft 11 dieses Jahrgangs eine anmuthige Darstellung

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Leipzig: Ernst Keil, 1892, Seite 739. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_739.jpg&oldid=- (Version vom 14.4.2024)