Seite:Die Gartenlaube (1892) 483.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Die Gartenlaube (1892)

welche eine Frau von Quitzow auf dem Krankenbette gewissermaßen als ein Vermächtniß an ihre beiden abwesenden Töchter „Anne Künecke“ und „Gödecke Christine“ richtete. Der Brief stammt aus dem 17. Jahrhundert, ist in niederdeutscher Sprache geschrieben und von Ed. Bodemann in der Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen herausgegeben worden.

Vor allem sollen die Töchter gottesfürchtig sein, fleißig beten und in die Kirche gehen. In der Kirche sollen sie ja nicht nach den Leuten, sondern allein nach dem Pastor sehen. Wenn sie bei Freunden und Verwandten sind, sollen sie sich ernsthaftig halten, damit sie in keine böse Nachrede gerathen. Wenn die Junggesellen kommen, sollen sie sich nicht blicken lassen, bis daß man zu Tisch gehe. Geben diese ihnen dann die Hand, so sollen sie die Gesellen ja nicht ansehen, bei Tische sich in kein Gespräch einlassen, wenn sie gegessen haben, stracks aufstehen und in ihre Kammer gehen. Auf Hochzeiten sollten sie ja nicht „unsuberlick“ mit den Junggesellen sprechen, zu welchem Zwecke ihnen empfohlen wird, auf alle Anreden zu antworten: „ja“ und „nee“, „ick weit et nich“, „dat mag wol sin“; bei Leibe aber sollen sie nicht lachen.

Vieles Essen bei Tische galt für plump; die Mutter räth ihren Mädchen daher, vorher in der Kammer etwas zu genießen, damit sie bei Tische desto besser und ehrbarer sitzen können. Trinken sollen sie ja nicht; werde ihnen zugetrunken, so sollen sie sagen: „Ick hebbe kenen döst“; auf wiederholte Aufforderung: „Ick mag ja nich trinken, dat höre jy woll“. Hätten sie dennoch Durst, so sollten sie eine andere Jungfer bitten, daß sie ihnen zu trinken gebe und aus deren Glas ein bißchen nippen. „Aber trinket ja keinem Junggesellen zu und sehet euch beileibe nicht auf dem Tische um, schlaget eure Augen nieder, sehet in eine Ecke und haltet euern Kopf stille und rühret den beileibe nicht.“ Wenn sich ein Junggeselle zu ihnen setzte und mit ihnen vertraulich plaudern wollte, so durften sie keine Antwort geben; ließ er nicht ab, so ward ihm die Antwort: „Latet mick ongeschoren, ich verstahe nich, wat jy segget.“ Schälte er ihnen einen Apfel oder eine Birne, so geziemte es sich, die Frucht liegen zu lassen und nicht zu essen.

Beim Tanzen sollten die jungen Fräulein ihre Herren nicht anblicken, ihnen die Hand nicht reichen, sondern diese unter die Schürze verstecken und natürlich kein Wort sprechen. Wurden die jungen Herren wärmer und brachten Liebeserklärungen vor, so sollten die Töchterchen thun, als wenn sie dieselben nicht hörten; ließen jene nicht nach, so hatten sie zu sagen: „Ob jy mick leif hebbet oder nich, dat eene is mick sau vel alß dat andere,“ und dann zu drohen, „ick will juwe wörde nich mehr hören, oder ich will upstahn un wech gahn.“ Die letztere Drohung sollten sie auch ausführen, sich hinter den Rücken der Hausfrau flüchten und den Junggesellen den Rücken kehren, wenn diese noch anzüglicher würden. Wollten sie aber gar einen Kuß, so sollten sie die frechen Kerle „up dey schnuten schlaen“.

In Komödien sollen sie nicht mitspielen, sich nicht heimbegleiten lassen, zu Hause fleißig nähen und spinnen „un seihet by leive nich na den junckgesellen up der straten.“ So aber einer mit ehrlichen Absichten komme, so sollen sie ihn an die Frau Base weisen, daß er mit ihr spreche; selbst jedoch dürfen sie weder mit ihm sprechen, noch ihn anschauen. Selbst wenn sie verlobt seien, sollen sie ihren Bräutigam nicht anblicken, ihm aus dem Weg gehen und mit ihm nicht plaudern, sondern ihn an Vettern oder Basen weisen. (Ob das Fräulein Braut seiner Mutter hierin wohl folgte?) Sprach der Bräutigam die Brant an, so sollte sie sagen: „Latet mick doch mit freden; ick will nich eiher mit jück tau daun hebben, bet dat et tid is un dey pape (Pastor) darover west ist.“ Ist aber der große Tag angebrochen, so empfiehlt die Mutter: „Stellet jück fien erbar an un schlaget juwe ogen vor jück nedder, dat dey lüe keine arge gedancken krigen.“

Nochmals ermahnt dann die Mutter ihre Töchter, ehrbar, sittig und tugendsam zu sein und keinen Junggesellen in die Arme oder bei der Hand zu nehmen. „Dat will ick von jück geholen hebben, mine leiven döchter Anne Künecke un Gödecke Christine, dat höre jy woll.“ H. B.     

Zur Verlängerung der Fruchtsaison. Alles hat seine Zeit – säen und ernten und auch das Genießen der geernteten Früchte. Kirschen, Birnen, Aepfel, Weintrauben u. dergl. können wir frisch nur zu gewissen Zeiten genießen, wenn die Natur sie reif gemacht hat. Der Mensch bemüht sich zwar, die Obstsaison zu verlängern, indem er die Früchte zweckmäßig aufbewahrt, so daß sie längere Zeit nach dem Abpflücken frisch bleiben, aber diese Aufbewahruug hat nur für verhältnißmäßig kurze Zeiträume Erfolg. Ein interessantes Verfahren, die Fruchtsaison zu verlängern, wurde neuerdiugs von einem Mitarbeiter der „Wiener Illustrierten Gartenzeitung“ wieder in Erinnerung gebracht.

Bei der Birnenkultur hat man die Entdeckung gemacht, daß, wenn der Haupttheil eines Baumes ausgereift erscheint und man ihn aberntet, auf dem Baume aber ein Viertel oder etwas weniger beläßt, diese zurückbleibenden Früchte aufhören, weiter zu reifen, daß sie vielmehr in guter Verfassung fast noch einen Monat länger auf dem Baume bleiben und dann erst geerntet werden können. Dieses Verfahren läßt sich aber auch auf andere Obstbäume erstrecken. Festgestellt wurde dies bei der prächtigen Pflaume „Washington“, die sonst so leicht übergeht; erntet man den Baum in der oben angedeuteten Weise nur zum Theil ab, so kann man schöne Pflaumen noch zu einer Zeit für den Tisch erhalten, wo man sonst keine mehr zu erwarten hat. Auch die Aepfel, namentlich die echten Gravensteiner und die Sommererdbeeräpfel, lassen sich auf diese Art am Baume frisch aufbewahren ... ja, man kann auch Stachelbeeren am Strauche konservieren.

Diese Winke dürften für Liebhaber der Obstzucht genügen, um sie zu Versuchen im Laufe des Sommers und Herbstes anzuregen. *      

Die Liebhaberkünste. Trotz mancher älteren schönen Vorbildersammlungen ist der Bedarf an solchen bei der heutigen Verbreitung der dekorativen Künste ein ungeheurer und jede Bereicherung auf diesem Gebiet eine hochwillkommene. So darf man auch die neue „Zeitschrift für häusliche Kuust“, welche unter dem Titel „Die Liebhaberkünste“ in München bei Oldenbourg erscheint, mit Freuden begrüßen. Was die im Mittelpunkt eines kunstgewerblichen Reichthums befindliche Verlagshandlung in Aussicht stellt und in den ersten Heften bereits bietet an Aquarell-Porzellanmalerei und Holzbrand, Kunststickerei, häuslicher Dekoration u. a., das ist alles so schön, so richtig dem Bedürfniß angepaßt, daß es ohne weiteres überall Verwendung finden kann.

Die Herausgeber versprechen für künftig neue und bekannte Techniken, dekorative Ideen und festliche Dekorationen fürs Haus, Imitationen zur lustigen Ueberraschung, kurz vieles, was geeignet ist, die Leistungsfähigkeit des einzelnen in diesen Dingen aufs erfreulichste zu erhöhen. Der Text der neuen Zeitschrift bietet interessante Notizen und Anweisungen, er stellt für künftig Beiträge von hervorragenden künstlerischen Kräften, aber auch die Veröffentlichung von werthvollen Liebhaberarbeiten in Aussicht. Wir wünschen dem Unternehmen einen guten Fortgang und werden vielleicht gelegentlich darauf zurückkommen. –n. 

Dante begegnet Mathilde. (Zu unserer Kunstbeilage.) Der Dichter der „göttlichen Kömödie“ schildert uns in seinen Gesängen, wie er die Hölle durchwandert und die Qualeu der Verdammten schaut, mit denen seine Phantasie den Ort des Grauens bevölkert hat. Sein Begleiter und Mentor auf diesem Gange ist Virgil, der römische Dichter. Dantes Weg führt von der Hölle zum Orte der Läuterung, zum Fegefeuer, und erhebt sich dann zum Lohne für die rückwärtsliegende bußfertige Wanderung in schöne Gefilde, wo der Pfad nicht mehr steil und schwierig ist. Noch immer ist er von Virgil begleitet, so auch bei der Begegnung mit Mathilde, die ihm hier erscheint. Diese Begegnung schildert Dante im achtundzwanzigsten Gesang des „Fegefeuers“, wenn er auch den Namen Mathilde erst im dreiunddreißigsten nennt. Durch den vom sanften Morgenschein erhellten Wald, in dem die Vöglein singen, der in scharfem Gegensatz steht zu dem todbringenden Walde der Sünde beim Beginn der Hölle, schreitet Dante einher und sieht

„Ein einsam wandelnd Weib, das wunderbar
Im Gehen sang, aufsammelnd Blüth’ an Blüthe,
Womit vor ihr gemalt der Boden war.“

Dante wünscht, daß sie ihm näher komme, damit er ihren Gesang verstehe:

„Und wie im Tanz ein Mägdlein kaum empor
Die Sohlen hebt, mit engen Schritten gleitend,
Und einen Fuß kaum setzt dem andern vor,
So sah ich sie durch bunte Blumen schreitend,
Jungfräulich bodenwärts den Blick gewandt,
Und Ehrbarkeit und Würde sie begleitend.“

Bald erhebt sie der Wimpern schöne Bogen, pflückt Blumen von der Wiese Saum und verkündet dem Dichter, daß er hier sich in dem Gebiet befinde, das an der Menschheit Morgen Gott der Herr als ihre Wiege auserwählt. Und nun übernimmt sie die Führung Dantes und bringt ihn zu Beatrice, die ihn dann weiter durch das himmlische Paradies geleitet. –

Daß Dante in dieser Beatrice seine Jugendgeliebte verherrlicht, ist ja allgemein anerkannt – wer aber ist Mathilde? Einige Erklärer meinen, der Dichter habe jene mächtige Markgräfin von Toscana, die Freundin Gregors VII., im Auge gehabt; andere glauben, daß eine frühverstorbene Geliebte das Urbild dieser Gestalt gewesen sei. Jedenfalls ist sie eine der reizvollsten Gestalten in der großen Dichtung, sie, die blumenfreundliche Hüterin jenes Paradieses, das weder Stürme noch Nebel kennt, das ohne Sonne Pflanzen, Wasser und Quellen ohne Regen erzeugt, dessen Bäume ein ewiger Ostwind flüstern macht, der von der Bewegung der Gestirne herrührt.  


KLEINER BRIEFKASTEN.

(Anfragen ohne vollständige Angabe von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

Blumenfreundin in Ungarn. Das Abwerfen der Blätter wird namentlich bei der Art Ficus elastica schmerzlich beobachtet. Es soll Folge einer übermäßig feuchten Behandlung der Gewächse sein. Es dürfte sich also empfehlen, den Baum eventuell trockner zu halten. Sollten Insekten auf den Blättern sitzen, so sind dieselben durch Tabaksabkochung zu töten. Waren auch die Wurzeln beim Umsetzen gesund?

K. in D. Sie finden Auskunft über einige kleine Gehörinstrumente in dem Aufsatz von Dr. K. Bürkner in Halbheft 1 des Jahrgangs 1890 der „Gartenlaube“. Ob aber eines derselben für Ihre Zwecke sich eignet, das müssen Sie unter allen Umständen mit dem Arzte berathen.

M. K. in B.-Baden. Die Insel Helgoland ist nicht deutsches Reichsland, sondern dem Königreich Preußen einverleibt.

R. S., Magdeburg. Der Fall, von dem Sie uns erzählen, ist ganz in der Ordnung. Kunstverständige oder mechanische Arbeiter, welche in der Art ihrer Thätigkeit Hervorragendes leisten, können nach § 89 der „Deutschen Wehrordnung“ von dem Nachweise der wissenschaftlichen Befähigung zum einjährig-freiwilligen Dienst durch die Ersatzbehörden dritter Instanz entbunden werden. Sie haben nur die erforderlichen amtlich beglaubigten Zeugnisse vorzulegen und sich einer Prüfung in den Elementarkenntnissen zu unterwerfen, nach deren Ausfall die genannte Ersatzbehörde entscheidet, ob der Berechtigungsschein zum einjährig-freiwilligen Dienst zu ertheilen ist oder nicht.

J. H. in Josefstadt. Auf Ihre Anfrage giebt Ihnen der Artikel „Erfrieren“ Auskunft, welcher im Jahrgang 1886 der „Gartenlaube“ erschienen ist.

E. S., München. Es fehlt Ihrer Skizze nicht an Stimmung, aber die Ausführung im einzelnen bewegt sich zu sehr in ausgefahrenen Geleisen. Man vermißt die eigenartige Erfindung!

O. P. in Reval. Unser Brief an Sie ist als unbestellbar zurückgekommen. Geben Sie Ihre genaue Adresse an, damit wir Ihnen Ihre Anfragen brieflich beantworten können!

W. W. in Roree. Im Gartenlaube-Kalender 1891 ist eine ausführliche Zusammenstellung verschiedener Motten-Vertilgungsmittel enthalten, von denen wir Ihnen eines hier angeben: In 1/2 Kilogramm Weingeist löst man 2O Gramm Naphthalin und 4 Gramm Kampher und parfümiert diese Lösung mit 10 Gramm Bergamottöl und 5 Gramm Nelkenöl, dem man 2 Gramm Sadebaumöl hinzugießt. Diese Mottentinktur spritzt man über die vor den Motten zu schützenden Gegenstände.

P. K–r in Düren. Sie finden sämmtliche auf Arbeiterfürsorge etc. bezüglichen deutschen Reichsgesetze bequem zusammengestellt in H. Bünneckes „Handbuch der sozialen Gesetzgebung des Deutschen Reichs“ (Leipzig, W. Violet).

N. N. in Minden (Westfalen). Besten Dank für die noch nachträglich eingegangene Gabe von 2 Mark, worüber wir im Namen der armen Weber hierdurch gern quittieren.

H. Ostwald in Berlin. Wir quittieren hierdurch nachträglich mit bestem Danke über Ihre für die armen Weber im Glatzer Gebirge eingesandte Spende von 3 Mark 80 Pfennig.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1892, Seite 483. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_483.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2024)