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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

Man kann sich von der Größe der ersteren Dynamos – der bis jetzt größten Gleichstrommaschinen der Welt – eine Vorstellung machen, wenn man bedenkt, daß der Ring für die Magnete ohne die Wickelung 12000 Kilo wiegt. Er hat 3,60 Meter äußeren Durchmesser und liegt wagerecht über der Turbine. Die inwendig liegende Trommel hat 2,43 Meter Durchmesser und ist auf der verlängerten Turbinenachse angebracht. Im Vergleich zu den gewöhnlichen Dynamos mit senkrecht umgehender Trommel, wie sie zum Betriebe von Kraft- und Lichtmaschinen verwendet werden, liegt hier ein wahrer Riesenapparat vor.

Elektrischer Apparat zur Herstellung des Aluminiums.

Um unseren Lesern eine Vorstellung zu geben, wie die Umwandlung des Rohmateriales und die Ausscheidung des Aluminiums vor sich geht, verweisen wir auf unsere Abbildung. Rechts an der Figur sieht man zwei Kupferseile, die mit Plus (+) und Minus (-) bezeichnet sind; sie kommen von der Dynamomaschine und sind von dem elektrischen Strome durchflossen. Der Plusdraht biegt sich nach oben und ist mittels vier Litzen in einen Kupferring geleitet, der einen Kohlencylinder (Graphit oder Gaskohle) umschließt. Letzterer ist in einem mit Kohle ausgefütterten Schmelzofen der Höhe nach durch ein Handrad verstellbar. Auf dem Boden des Schmelzofens befindet sich ein Metallstopfen, der mit dem anderen, dem Minusdrahtende verbunden ist. Der Ofen ist mit Thonerde angefüllt. Setzt man nun die Drahtleitung mit der Dynamomaschine in Verbindung, so durchstreicht der Strom die Leitung und den Ofen. Auf dem Wege von dem Kohlencylinder (+) zum Metall (-) wird die Thonerde vom Strome getroffen, sie wird zunächst geschmolzen und damit die Möglichkeit herbeigeführt, daß sowohl die Abscheidung des Aluminiums als auch das Zusammenfließen desselben erfolgen kann. An der linken Seite des Ofens befindet sich eine Abstichöffnung zum Ablassen des fertigen Aluminiums.

Mittels einer ähnlichen Methode wird auch die Legierung des Aluminiums mit verschiedenen Metallen, insbesondere die Legierung mit Kupfer, die sogenannte Aluminiumbronze, gewonnen. Um letztere haben sich die Gebrüder Cowles sehr verdient gemacht.

So einfach das Verfahren sich ansieht, so war doch der Weg bis zu dessen Durchführung ein sehr schwieriger und mühevoller, und die tüchtigsten Metallurgen haben sich um die Lösung dieser Aufgabe bemüht, die ihre ganz besonderen, eigenthümlichen Schwierigkeiten bot. Der Erfolg ist der, daß das Aluminium nunmehr eine achtungswerthe Stellung in der Reihe der Metalle einnimmt und je länger je mehr einnehmen wird.

Einige Eigenschaften, den metallischen Glanz und das geringe Eigengewicht, haben wir schon erwähnt. Das Aluminium wiegt ziemlich genau nur ein Drittel des Eisens; daher wird man es zu solchen Zwecken verwenden, die geringes Gewicht erfordern. Es hat einen vorzüglichen Klang, läßt sich leicht schmelzen (bei 700° Celsius), ist unempfindlich gegen trockene und feuchte Luft, behält also Glanz, und Politur. Schwefelwasserstoff, der bekanntlich das Silber sofort schwärzt, übt keinen Einfluß aus auf Aluminium. Zudem läßt es sich in der Kälte wie in der Wärme schmieden und walzen, es läßt sich stanzen, drücken und löthen. Infolge dieser Eigenschaften ist das Aluminium zu einer unzähligen Menge von Geräthschaften verwendbar. Auch für Küchengeschirre ist es empfohlen worden, weil es neben dem geringen Gewichte die gute Eigenschaft habe, von organischen Säuren, als Essig, Weinsäure, Säure von Früchten u. dergl., nicht an gegriffen zu werden, und weil etwa sich bildende Aluminiumsalze verhältnißmäßig unschädlich seien. Die Versuche darüber haben indessen zu einem abschließenden Ergebniß noch nicht geführt, sodaß vorderhand noch Vorsicht geboten ist.

Es wurde uns zu weit führen, wenn wir alle Fälle der Verwendung des Aluminiums aufzählen wollten; wir beschränken uns darauf, noch den ausgedehnten Gebrauch für kunstgewerbliche Gegenstände zu erwähnen, von deneb die Ausstellung in Frankfurt eine reiche Auswahl bot.

Eine weitere wichtige Verwendung hat das Aluminium in Form der erwähnten Aluminiumbronze gefunden. Dies Rohmaterial ist außerordentlich beständig und kann durch Bearbeitung auf die Härte und Festigkeit des Stahles gebracht werden. Bei der leicht ausführbaren Schmelzung dient die Aluminiumbronze zu solchen Maschinenteilen, an welche besonders hohe Forderungen bezüglich der Festigkeit gestellt werden, wie Zahnstangen, Knetmaschinen, Hebewerke, Schiffsschrauben und dergleichen. Drähte von Aluminiumbronze leiten die Elektricität sehr gut, rosten nicht, sind leicht und stark; daher sind diese Drähte auch zu Seilen für Aufzüge aller Art zu empfehlen.

Die feinsten Meßinstrumente und Gradeintheilungen, wie sie für die Marine und die Astronomie gebraucht werden, fertigt man vorzugsweise aus Aluminiumbronze, weil sich die Ringe mit den Kreiseintheilungen nicht ungleichmäßig ziehen, sondern stets unverändert bleiben. Dies ist aber für genaue Messungen eine unerläßliche Bedingung. Einige der Aluminium-Kupferlegierungen zeichnen sich durch ihre Aehnlichkeit mit Gold besonders aus.

Einen ausgedehnten Gebrauch macht man neuerdings von dem Aluminium als Reinigungsmittel für Metalle. Lange waren die vorzüglichen Eigenschaften des unter dem Namen Mitisguß eingeführten Eisengusses bekannt, welcher sich durch Weichheit, Festigkeit und vor allem dadurch auszeichnete, daß er keine Blasen und undichte, unreine Stellen zeigte, an welchen beim gewöhnlichen Eisenguß meist kein Mangel ist. Diese vorzüglichen Eigenschaften verdankt der Mitisguß einem kleinen Zusatze von Aluminium. Dieser bildet, dem schmelzenden Gußeisen eingerührt, mit dessen schädlichen Verunreinigungen sofort eine dünnflüssige Schlacke, welche an die Oberfläche steigt und entfernt werden kann. In ähnlicher Weise wird auch Kupfer gereinigt.

Es ist natürlich, daß die guten Eigenschaften und der gute Ruf des Aluminiums auch oft zu Mißbräuchen führen: man lasse sich deshalb durch den Namen nicht bestechen, denn schon muß der Name „Aluminium“ für Dinge Reklame machen, die mit Aluminium nichts zu thun haben.

August Hollenberg.


Die Musik und der Volkswitz.

Die Musik, in heiteren wie in trüben Stunden die treue Begleiterin des Menschen bis hin aus Grab, hat auch den denkenden, nicht nur den empfindenden Volksgeist immer lebhaft beschäftigt. Ein gut Theil seiner im Sprichwort niedergelegten Lebensweisheit knüpft an Musik und musikalische Begriffe an, um einen Gedanken kurz und anschaulich in Worte zu fassen.

Es muß dem Manne aus dem Volke etwas vollste Genugthuung gewähren, wenn es ihm das Urtheil abnötigen soll: „Da liegt Musik drin!“ Daher bezeichnet er auch in vielen Gegenden unseres deutschen Vaterlandes das Glas Bier mit geriebenem und eingezuckertem Brot als „Eine mit Musik“; und mit dem stolzesten Bewußtsein erfüllt es jeden, der auf seine Tasche klopfen und sagen kann: „Hier sitzen die Musikanten“. Weiß er doch, daß diese damit jederzeit zu haben sind, ja daß „Gold und Silber und die gangbaren Werthpapiere“ meist noch leichter Herz und Sinn zu rühren imstande sind als die feinste Musik; und das: „Wo du nicht bist, Herr Organist, da schweigen alle Flöten“ entspringt dem ganz gleichen Gedanken.

Schlimme Erfahrungen in dieser Richtung erzeugten auch früh das Wort: „Wo man mit goldnem Horn bläst, da geht das Recht flöten“ oder „Für Geld geigt man selbst in Rom zum Tanz!“

Aus Erwägungen ähnlicher Art ging das Sprichwort hervor: „Bezahlen wir die Musik, so wollen wir auch tanzen!“ Aber diese Forderung wird doch nicht immer erfüllt, denn: „Was die Fürsten geigen, müssen wir tanzen!“

Die Geige ganz besonders giebt dem Volksgeist zu einer ganzen Reihe von Weisheitssprüchen Veranlassung. Dem im Glück oder auch nur in Hoffnung Schwelgenden „hängt der Himmel voller Geigen“, und wer allzugründlich ins Glas geschaut hat, „der sieht den Himmel für eine Baßgeige an“; der erzürnte Vater oder Lehrmeister aber will seinen Buben prügeln, „daß er den Himmel für einen Dudelsack halten soll“, und ein Betrunkener erscheint „voll wie ein Dudelsack“. Mit höhnender Ironie droht man wohl auch, einen zu hauen, daß er „die Englein im Himmel pfeifen hört“.

Daß selbst im Alter noch das Herz erglühen kann, bezeugt das Sprichwort: „Alte Herzen bezieht man auch mit neuen Saiten“, und wenn jugendlicher Uebermuth meint: „Das Alte klappert und das Neue klingt“, so wird ihm die wohlverdiente Zurechtweisung: „Die Jungen fiedeln, wie ihre Alten die Geigen gestimmt haben“.

„Oft muß man spielen, wie die Geige will“, entschuldigt sich der Bauherr, der gerne einen Prachtbau aufgeführt hätte, aber nur ein bescheidenes Haus fertig stellte, denn:

„Das Bauen wär’ eine feine Kunst,
So einer das Geld dazu hätt’ umsunst.“

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 890. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_890.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)