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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

Blätter und Blüthen.

Die Grundsteinlegung zum Denkmal für Hoffmann von Fallersleben auf Helgoland. (Mit Abbildung S. 653.) Als im vorigen Jahr der Aufruf erging, dem Dichter des Liedes „Deutschland, Deutschland über alles“ ein Denkmal zu setzen auf der neu erworbenen Insel Helgoland, wo einst am 26. August 1841 das Gedicht entstanden war, da fand dieser Gedanke die bereitwilligste Unterstützung, vor allem auch durch die „Gartenlaube“, welche jenen Aufruf zuerst veröffentlichte und die Freude hatte, die Beiträge zu ihrer Sammlung in reichem Maße fließen zu sehen. So wurde es möglich, am 26. August dieses Jahres, am fünfzigjährigen Geburtstag des schlichten und gerade deshalb so volksthümlich gewordenen Nationalliedes, den Grundstein zu dem Denkmal zu legen, das von dem bekannten Berliner Bildhauer Schaper ausgeführt wird. Wie von Anfang an, so war es auch hier wieder Emil Rittershaus, der Schöpfer so mancher treuherziger, warmempfundener Gedichte, welcher mit seinen poetischen Worten zum Gelingen der Sache beitrug. Da der starke Wind es verhinderte, die ganze Feier am Denkmalsplatze selbst – auf dem „Unterlande“ neben der Landungsbrücke – abzuhalten, so fand die Einleitung zur Grundsteinlegung in dem laubgeschmückten geschützten Vorplatz vor dem Konversationshause statt. Dort nun hielt Rittershaus zum Beginn eine schwungvolle Ansprache in Versen, die nach einem Rückblick auf die vergangenen fünfzig Jahre deutschen Lebens und deutscher Geschichte, nach einer Mahnung zum unverbrüchlichen Festhalten an der errungenen Einheit unseres Volkes, mit den Worten schloß:

„Gott weiß, was uns die Zukunft bringt! –
Ertöne hellen Schalles,
Du Lied, das jedes Herz durchdringt,
Du ‚Deutschland über alles!‘“

Als dann dieses Lied in mächtigen Tönen erklungen war, brachte Regierungsrath Fischer aus Gera dem Ausschuß zur Errichtung des Denkmals, besonders dessen Vorstand, dem Herzog von Ratibor, den Dank für seine Mühe dar; seine Rede endigte mit einem Hoch auf das deutsche Vaterland. Gotthold Kreyenberg entbot einen dichterischen „Gruß Westfalens“,[1] das einst in Korvey dem ruhelos umherwandernden Dichter eine Heimstätte hätte bieten dürfen. Darauf begab man sich an den Strand hinunter, zur Grundsteinlegung selbst. Unsere Abbildung, welche nach Photographien von G. Friederichs in Helgoland gezeichnet ist, hält den Augenblick fest, wie Rittershaus mit fröhlichem Taufspruch für das werdende Werk eine Flasche Rheinwein auf dem Grundstein zerschlägt, denn, sprach er:

„Zwischen Frankreich und dem Böhmerwald,
Da wachsen Unsre Reben!
Grüß’ mein Lieb am grünen Rhein,
Grüß’ mir meinen kühlen Wein!
Nur in Deutschland, nur in Deutschland,
Da will ich ewig leben!“ -
Der Dichter, der sich mit seinem Sang
Die Heimath in allen Herzen errang,
Deß Lied der Deutschen jeder kennt,
Wird ihm errichtet ein Monument,
Da thun’s nicht Hammerschläge allein –
Ich taufe den Grundstein mit deutschem Wein!“ - -

Wenn der nächste Sommer wiederkehrt und neue Gäste nach Helgoland führt, dann wird das Denkmal wohl vollendet sein, dann wird das Bild des für sein Volk begeisterten Dichters auf die deutsche Nordsee schauen von jener Insel aus, auf der jetzt auch die deutsche Flagge weht. L.





Eine neue Straßenreklame
Nach einer Zeichnung A. Greiner.

Eine „dickhäutige“ Reklame. Es giebt nichts Neues unter der Sonne; vor Jahrtausenden haben die Griechen bei der Belagerung Trojas ihre Helden in den hohlen Bauch eines hölzernen Pferdes gesetzt, um so den Sieg über ihre Feinde herbeizuführen, heute setzt man im erfinderischen Paris einen wohlverborgenen Mann in das Innere eines fahrbaren Elefanten, der durch seinen Rüssel mit Federkraft getriebene Ankündigungszettel nach allen Seiten verstreut, um durch diese geheimnißvolle Dickhäuterei alle andern Mitbewerber auf dem Gebiet der Reklame zu besiegen und zu vernichten. Es ist nur schade, daß unsere gegenwärtige Thierwelt nicht noch größere Kolosse aufzuweisen hat als den Elefanten. Wenn das Mammuth sich nicht bloß eines vorsintfluthlichen Daseins zu erfreuen gehabt hätte, sondern noch lebend in Urwäldern und zoologischen Gärten anzutreffen wäre – welch schöne Aufgabe wäre es da, den Reklame-Elefanten durch ein Reklame-Mammuth zu übertrumpfen! Doch vielleicht erbarmt sich irgend ein würdiger Nachfolger Barnums dieses Mangels und stellt aus dem fossilen Skelett eines Mammuths das Urbild wieder her, zum Besten der Schlachten im Dienst der Großmacht „Reklame“. Und wenn auch dieses Ziel erreicht wäre, dann könnte man von den Vierfüßlern zu den Fischen übergehen und der Nase des Walfisches statt einer Wassersäule einen Strom von Anzeigen entsteigen lassen. „Dickhäutig“ blieben diese neuen Arten von Reklame ja immer noch.




Das Bildniß des Goldschmieds Morett. (Zu unserer Kunstbeilage.) Die Augsburger Malerfamilie Holbein hat die deutsche Kunst mit Meisterwerken der verschiedensten Art bereichert, vor allem Hans Holbein der Jüngere, der im Jahre 1497 zu Augsburg geboren wurde, aber in wechselndem Aufenthalt seine künstlerische Thätigkeit in Basel und England entfaltete. Neben seinen Madonnenbildern haben hauptsächlich seine Porträts den Ruhm des Künstlers für seine Zeitgenossen wie für die Bewunderung späterer Jahrhunderte begründet. Diese Porträts zeichnen sich aus durch Naturwahrheit, durch schlichte, edle Auffassung wie durch eine vollendete Behandlung. Als das am besten gelungene wird von vielen das Bildniß des Goldschmieds Hubert Morett bezeichnet, das sich in der Dresdener Galerie befindet und in unserer Kunstbeilage nach dem Original wiedergegeben ist. In der That zeigt das Porträt mit den energischen Zügen, den festblickenden Augen und dem entschlossenen Mund eine Kraft und Lebenswahrheit, die im Verein mit der sorgfältigen feinen Behandlung aller Einzelheiten Holbeins Kunst aufs glänzendste beweist.




manicula Hierzu Kunstbeilage XI: Das Bildniß des Goldschmieds Morett. Von Hans Holbein dem Jüngeren.



Inhalt: Ein Götzenbild. Roman von Marie Bernhard (3. Fortsetzung). S. 649. – Herbst. S. 649. – Die Grundsteinlegung zum Denkmal von Hoffmanns von Fallersleben auf Helgoland. Bild. S. 653. – Zum Gedächtnis Mozarts. Von Rudolph Genèe. S. 655. Mit Abbildungen S. 655, 656, 657 und 658. – Die mohammedanischen Fakire und ihre „Wunder“. Von Dr. A. Ullrich. S. 659. – Mit dem Strom. Bild. S. 660 und 661. – Denksprüche. Von D. Sanders. S. 665. – Das Los des Schönen. Erzählung aus dem achtzehnten Jahrhundert. Von Stefanie Kayser (3. Fortsetzung). S. 665. Mit Abbildungen 666 und 667. – Blätter und Blüthen: Die Grundsteinlegung zum Denkmal Hoffmanns von Fallersleben auf Helgoland. S. 668 (Zu dem Bilde S. 653.) – Eine „dickhäutige“ Reklame. Mit Abbildung. S. 668. – Das Bildniß des Goldschmieds Morett. S. 668. (Zu unserer Kunstbeilage.)



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.

  1. Die Gedichte von Rittershaus und Kreyenberg sind mit der Rede des Regierungsrathes Fischer in einem Heftchen vereinigt und zum Besten des Denkmals herausgegeben worden. Möge diese Festgabe offene Thüren finden!
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 668. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_668.jpg&oldid=- (Version vom 6.10.2023)