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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890)

um Leib und Seele zu laben. Um das errichtete Lager bewegen sich neugierige Menschen, frageneifrige Männer und Frauen, tanzlustige Mädchen und Jünglinge. Tambura und Tarabuka, Zither und Trommel des Landes, laden zum Reigen; tanzende Mädchen erfreuen Fremde und Einheimische. Selbst das Kreischen der Schöpfräder vom Strome, vormals tausendmal verwünscht, wird heute zur klangvollen Weise. Der Abend bringt neue Genüsse. Auf federndem kühlen Ruhebette behaglich gelagert, trinkt der Abendländer mit dem Eingeborenen um die Wette Palmwein, den Nektar des Landes, und Zither- und Trommelschall, taktmäßiges Stampfen und Händeklatschen der tanzenden Jünglinge und Mädchen begleiten das köstliche Trinkgelage. Endlich fordert die weiterschreitende Nacht ihre Rechte. Tambura und Tarabuka verstummen, der Reigen endet. Einer der erquickten, ge- und übersättigten Reisenden nach dem andern sucht die Ruhe, und nur die Wellen des Stromes murmeln noch und flüstern.



Blätter und Blüthen.


Das Denkmal Karl Maria von Webers in Eutin. (Mit Abbildung S. 513.) Ist es zu viel, wenn man sagt, Weber sei heute noch der volksthümlichste aller deutschen Komponisten, volksthümlicher fast als Mozart, jedenfalls als Beethoven und Wagner? Wo ist heute eine Opernbühne, die nicht „Freischütz“ und „Preciosa“ unter ihrem stehenden Vorrath von Stücken zählte, wo ist die Festhalle, die nicht von den Klängen der „Jubelouverture“ widergehallt, wo ist das ballfähige Töchterchen, dem nicht schon die „Aufforderung zum Tanz“ in den Füßchen geprickelt hätte? Wer hätte nicht kräftig mitgesungen „Das ist Lützows wilde verwegene Jagd, Hurrah!“ und den fröhlichen Hochzeitsreigen „Wir winden Dir den Jungfernkranz“?

Gewiß, jeder Deutsche, selbst wenn er gar nicht musikalisch wäre, kennt den klang- und anmuthreichen Meister. Und wem dieses Verwachsensein mit dem Leben des Volkes noch nicht Dank genug ist an den Spender all dieser köstlichen Melodienschätze, der gehe nach Dresden auf den Theaterplatz; dort steht sein Denkmal seit 28 Jahren, von Rietschels Meisterhand entworfen (vergl. „Gartenlaube“ 1862, S. 93), und der gehe nach dem kleinen Städtchen Eutin in dem oldenburgischen Fürstenthum Lübeck, wo seit dem 1. Juli d. J. in einem Eichenhain ein zweites Denkmal des Helden der Töne steht, ihm gewidmet von seinen treuanhänglichen Landsleuten. Denn hier in Eutin ist Karl Maria von Weber am 18. Dezember 1786 geboren.

Unser Bild zeige dem Leser dieses neu enthüllte Kunstwerk. Auf einem fünf Meter hohen Granitblock steht die Büste des Meisters in Bronze und am Sockel ruht vorne die Muse in Gestalt eines schlanken Mädchens, das eine Lyra in den Armen hält und den Blick gen Himmel richtet. Lustig in die Welt blickende musicirende Kindergestalten befinden sich auf der Rückseite des Sockels. Auf beiden Seiten des Denkmals aber weisen die Masken der Tragödie und der Komödie auf den ernsten und heiteren Charakter von Webers dramatischen Schöpfungen hin.

Ein jugendlicher Künstler ist der Verfertiger des Denkmals, Paul Peterich, im weiteren Sinn ein Landsmann des Komponisten, geboren in Schwartau bei Lübeck, ein Schüler Schapers und erst 26 Jahr alt. Eine hohe Begabung muß diesem jungen Meister innewohnen, denn noch vor 5 Jahren war seine Arbeitsstätte nicht das Atelier des Bildhauers, sondern die Drechslerwerkstatt. Es war eine rührende Scene bei der Enthüllung, als die feierlich zum Feste geladenen Eltern des Bildhauers ihrem Sohn, der so Schönes hatte schaffen dürfen, um den Hals fielen – dem Künstler ein Lohn, mehr werth noch als die Bewunderung der Menge! =     

Die Kriegergräber bei Metz. Die deutschen Vereine von Metz und Umgegend, 30 an der Zahl mit rund 4000 Mitgliedern, haben eine Vereinigung gebildet, welche es sich zur Aufgabe macht, jährlich am 15. August alle im Bereiche des Metzer Kreises gelegenen Kriegergräber und Denkmäler mit frischem Schmuck zu versehen und daran anschließend auf dem Schlachtfelde eine Gedenkfeier mit Rede und Gesang zu begehen. Außerdem sollen Gelder gesammelt werden, um die dauernde Erhaltung der Gräber und Denkmäler auch dann zu sichern, wenn der Staat ausreichende Mittel hierfür einst nicht mehr bewilligen sollte. Mitglied der Vereinigung kann jedermann durch Zahlung eines Jahresbeitrags von mindestens 1 Mark werden. Auswärtige erwerben sich hierdurch das Recht, zu beanspruchen, daß ein von ihnen bestimmtes Grab jährlich einmal von seiten der Vereinigung nachgesehen und über dessen Zustand Auskunft ertheilt werde. Die Vereinigung will übrigens auch ohne Gegenleistung allen Aufträgen von Angehörigen und Freunden hier ruhender Krieger nachkommen, insbesondere am jährlichen Gedächtnißtage aus der Heimath eingegangene Kränze auf den Gräbern der Betrauerten niederlegen.

Die der Vereinigung mitgetheilten Adressen Angehöriger etc. werden in das Gräberverzeichniß eingetragen, auch zur Kenntniß der mit der Unterhaltung der Kriegergräber derzeit beauftragten Behörde gebracht werden, insoweit hieraus ein Vortheil für die Betheiligten vorauszusehen ist. Des weiteren sammelt die Vereinigung Erinnerungen noch lebender Mitstreiter und Augenzeugen aus den Kämpfen um Metz, welche zur Bereicherung der Kriegsgeschichte dienen können, sowie die hierüber erschienenen Werke und Abhandlungen, endlich Fundsachen vom Schlachtfelde; die Bücher werden der Bibliothek, die Fundstücke dem Museum in Metz einverleibt.

Schriftsachen sind an den Vorstand der „Vereinigung zur Schmückung und fortdauernden Erhaltung der Kriegergräber und Denkmäler bei Metz“ und Gelder an deren Kassirer, Rendant Jonas in Metz, zu richten.

Altes und Neues für die Reisezeit. Die lang hingestreckten Ländergebiete zwischen dem Kanal und dem Schwarzen Meer, zwischen den Alpen und dem Kjölengebirge, oder Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Rumänien, die Schweiz, Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Dänemark und Skandinavien zusammengenommen – das ist das gewaltige Reisegebiet des „Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen“ und der mit ihm verbundenen Bahnen, welches uns in dem vom Verein herausgegebenen Verzeichniß zusammenstellbarer Fahrscheinhefte und der beigegebenen Uebersichtskarte vor Augen geführt wird. Der Reiselustige findet die Hauptbahnen dieser Länder in etwa 2200 Hauptabschnitte und 850 Nebenabschnitte zerlegt, die er, Kilometer an Kilometer reihend, nach Gefallen zu einer kleineren oder größeren Fahrt in die blaue Ferne zusammenstellen kann.

Von der bisherigen Begrenzung der Fahrten auf Rundreisen im engeren Sinn ist, nachdem dies bereits früher für das Deutsche Reich geschehen war, allgemein Abstand genommen; aber wie seither muß die ganze Reisestrecke mindestens 600 Kilometer betragen. Die Zusammenstellung der Abschnitte zu einem Heft kann jetzt nach Wunsch des Reisenden auf dreierlei Weise erfolgen: entweder als Hin- und Rückfahrt für die gleiche Strecke, die also mindestens 300 Kilometer lang sein muß, oder wie früher als Rundfahrt, oder auch theils als Hin- und Rückfahrt, theils als Rundfahrt, mit der einzigen Einschränkung, daß ein und dieselbe Strecke nie mehr als zweimal befahren werden darf. – Wie früher, kann der Reisende beliebige Abschnitte erster und zweiter Klasse oder auch zweiter und dritter Klasse in einem Hefte vereinigen lassen; nie aber Fahrscheine erster und dritter, oder erster, zweiter und dritter Klasse.

Viele, theilweise neue Reiseverbindungen sind mit besonderer Rücksicht auf den Touristen- und Badeverkehr aufgenommen. An besonders schönen Punkten, oder wo sich sonst Gelegenheit oder auch die Nothwendigkeit ergiebt, sind Dampfschiffsgelegenheiten, und wo es nicht anders geht, Omnibus- und Straßenbahnfahrten mit aufgenommen. – Eine dankenswerthe Neuerung haben die preußischen Staatsbahnen eingeführt: die sogenannten Abstecherscheine, mittels deren man unterwegs, oder vom Endpunkt der Reise aus Abstecher nach solchen Orten machen kann, die nicht in das Netz der zusammenstellbaren Hefte aufgenommen oder lediglich Zwischenstationen eines Abschnittes sind. Will z. B. jemand Celle besuchen, so wird er sich von Lehrte aus einen „Ergänzungsschein“ nach Celle und zurück geben lassen; er braucht dann nicht wie bisher eine besondere Fahrkarte zu lösen. Der Ergänzungsschein ist natürlich gleich bei der Bestellung des Reiseheftes mit aufzunehmen.

Wer mit seiner Zeit und mit seinem Gelde haushalten muß, wird gut thun, sich bei Reisen von 300 km einmal gemessener Entfernung vorher über den Preis und die Gültigkeitsdauer einer Rückfahrkarte zu erkundigen. Derartige Karten werden meist nach allen größeren Plätzen ausgegeben und haben den zweifachen Vortheil, daß man, allerdings bei beschränkter Gültigkeit und nur einmaliger Fahrtunterbrechung hin und zurück, 25 Kilo Gepäck frei hat und in der Regel doch noch weniger für die Fahrkarte selbst bezahlen muß. Eine Reise dritter Klasse von Münster i. W. nach Eisenach über Kassel und zurück, direkte Entfernung 322 km, kostet mit Fahrscheinheft, gültig 45 Tage, aber ohne Freigepäck, 22 Mark 20 Pfennig; eine Rückfahrkarte, 5 Tage gültig, mit Gepäckfreiheit, nur 19 Mark 40 Pfennig. Wer sich also mit 5 Tagen begnügen kann, dem wird die Wahl nicht schwer fallen!

Krankenbeförderung auf den Eisenbahnen. Das Reisen ist – der Regel nach – nur für Gesunde. Daher können auf den deutschen Eisenbahnen solche Personen, welche wegen einer sichtbaren Krankheit den Mitreisenden lästig fallen, von der Fahrt ausgeschlossen werden – es sei denn, daß sie ein ganzes Coupé – ein „Abtheil“ – bezahlen. Noch schlimmer sind jene Unglücklichen dran, welche wegen dauernden Siechthums an das Bett gefesselt sind. Reisen in die Bäder, in Krankenheilanstalten, überhaupt von einem Ort zum andern können sie nur in besonders hierzu eingerichteten Wagen machen, und mit Dank sind daher Einrichtungen zu begrüßen, welche eigens zur Beförderung von solchen Kranken getroffen sind. Auf den preußischen Staatsbahnen sind Krankenwagen nach Art der Salonwagen vorhanden, die mit Betten und allem zur Krankenbeförderung Nöthigen versehen sind. Derartige Wagen sind auf den Stationen Altona, Köln, Erfurt, Wiesbaden, Hannover und Berlin, Stettiner Bahnhof, aufgestellt; sie werden auf Wunsch aber auch auf jeder andern preußischen Staatsbahnstation zur Verfügung gehalten. Für die Benutzung sind wenigstens 12 Fahrkarten I. Klasse zu lösen.

Wer sich diese Ausgabe nicht gestatten kann, dem wird für die Hälfte des Preises auch ein geeigneter Gepäck- oder Güterwagen oder auch ein Personenwagen III. oder IV. Klasse ohne Sitzbretter eingeräumt; in diesem Falle hat jedoch der Kranke für das erforderliche Bett, sowie für Stühle, Sessel und alle Gebrauchsgegenstände selbst zu sorgen. Zwei Begleiter sind frei.

Solche Einrichtungen verdienen umsomehr Anerkennung, als, wie die „Gartenlaube“ in ihrem Artikel „Gesundheitspflege und Eisenbahnverkehr“ (Jahrgang 1889, S. 494) nachgewiesen hat, im Eisenbahnverkehr noch mancherlei andere Forderungen der Hygieine nicht erfüllt sind.

Im Augustinerkeller zu München. (Zu dem Bilde S. 496 u. 497.) Ein schwüler Juliabend lagert über der bayerischen Hauptstadt. Da geht es in langen Wallfahrtszügen hinaus nach den schattigen Gärten, wo die reine Luft so wohlig unter den Bäumen hersäuselt und ein Trunk vom Faß weg, wie ihn der Kaiser nicht besser haben könnte, Gaumen und Herz aufs herrlichste erquickt.

An kunstlosen hölzernen Tischen sitzt die Bevölkerung bunt durcheinander. Die Gewohnheit des Kellergehens vereinigt seit der Väter

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890). Leipzig: Ernst Keil, 1890, Seite 515. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1890)_515.jpg&oldid=- (Version vom 15.1.2023)