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verschiedene: Die Gartenlaube (1890)

Osterfeste während des dritten „Zusammenläutens“. Auch hier vergaß die mit Schätzen beladene Frau ihr Kind, doch tröstete sie sich auf den Rath des Ortsgeistlichen und ging übers Jahr, als wieder zum Hochamte geläutet wurde, zum Felsen. Sie fand ihn offen und ihr Kind unversehrt.

Daß in mondhellen Sonnwendnächten in der Mitternachtsstunde z. B. auf dem steirischen Hochreichard, wo sich einst ein Silberbergwerk befand, sich Schätze heben ließen, wenn man den richtigen Zauberspruch wüßte, ist ein noch heute im Aelplervolke lebender Glaube. Aber es müßten drei Personen sein, die sich vereinigt haben und die beim Suchen und Heben des Schatzes gewisse Formen zu beobachten hätten. Würden diese aber nicht haarscharf eingehalten, so verfielen die drei dem Tode und ihre Seelen hole sich der Böse. E. K.     

Die Chalifengräber zu Kairo. (Zu dem Bilde S. 217.) Eine merkwürdige Stadt erstreckt sich im Südosten Kairos um den Fuß den Mokattamberges, eine Gräberstadt voll prächtiger Grabmale, Moscheen und Minarets. Es sind die sogenannten „Chalifengräber“, kunstvolle Mausoleen, welche sich die Mamelukensultane hier erbaut haben, jene gewaltthätigen Herrscher, die 550 Jahre bald mehr bald minder unumschränkt über Aegypten geboten und deren Macht erst 1799 in der „Schlacht an den Pyramiden“ der Kriegskunst Napoleons I. erlag.

Heute freilich sind diese stolzen Zeichen einstiger Größe stark im Verfalle begriffen. Das zeigt auch das Bild des Malers Perlberg, das wir heute unsern Lesern vorführen. Prächtig ragen an dem zunächst liegenden Grabdenkmale der erhabene Kuppelbau, das schlanke, reich verzierte Minaret zum Himmel empor; aber an dem Fuße des letzteren hat der nagende Zahn der Zeit schon so viel Mauerwerk abgebröckelt, daß fast ein Drittel des mächtigen, sonst noch ziemlich unversehrten Thurmes ohne Unterlage frei in der Luft schwebt. Wie lange wird es dauern, bis das schlanke Bauwerk umstürzen und die kleinen Hütten der armen Fellahin, die sich in seiner Nähe angesiedelt haben, unter seinen Trümmern begraben wird. Der Künstler hat es verstanden, die Straße dieser zeitweise so öden Gräberstadt reizvoll zu beleben. Rechts im Vordergrund hat vor der armseligen Hütte eines Geflügelhändlers ein kaffeeschenkender Moslem ein buntfarbiges, schon ziemlich zerfetztes Zeltdach aufgeschlagen, unter welchem einige Araber auf dem Boden Platz genommen haben, um sich an dem braunen Lieblingsgetränk zu laben.

Vor ihnen, den arabischen Gästen zugewandt, hat ihr Diener mit den bepackten Kamelen Halt gemacht und wartet geduldig, bis die Gäste sich zur Fortsetzung der unterbrochenen Wanderung wieder von dem sandigen Boden dieser Kaffeeschänke einfachster Art erheben. Ihr gegenüber in der anderen Ecke des Bildes bemerken wir eine nicht minder malerische Gruppe von Obst- und Taubenhändlern, zu welchen sich eine tiefverschleierte ägyptische Frau, den Wasserkrug auf dem Kopfe tragend, gesellt hat, während im Hintergrund der Straße eine heranziehende Karawane durch die aufwirbelnden Staubwolken hindurch sichtbar wird.

Unmittelbar hinter dem Friedhofe der Könige beginnt die syrische Wüste, und oft in der Nacht, wenn tiefe Stille über der Todtenstadt liegt und der Mond und die ewigen Sterne mitleidig auf die verfallenden Riesengräber jener Mamelukenfürsten herabblicken, tönt das heisere Geheul der Schakale aus der dürren Ebene herüber, als ein trauriges Schlummerlied für die vermodernden Beherrscher Aegyptens, welche einst diese großen und herrlichen Mausoleen erbauten. George Morin.     

Hand- und Zungenfertigkeit sind uns ganz geläufige Dinge, die uns im Leben oft Nutzen oder Schaden bringen, über die wir uns freuen oder ärgern – je nachdem! Ueber meinem Arbeitszimmer rast gerade eine schöne zarte Hand unbarmherzig auf den elfenbeinernen Klaviertasten, ich aber erdulde, um mit dem Afrikaforscher Dr. Junker zu reden, einen schwachen Theil der vielen Leiden und Greuel wieder, welche der Elfenbeintransport im dunklen Welttheil verursacht hat, und ich erliege der Fertigkeit einer schwachen Damenhand. Aus der „Melodie“, die zu mir heruntertönt, kann ich herausrechnen, daß die Dame eine „geübte“ Hand hat und dieselbe mindestens 360 mal in einer Minute oder sechsmal in der Sekunde beugen kann. Das ist gewiß eine hübsche Fertigkeit, aber die Finger sind mitunter noch „fertiger“ als die Hand, und unter ihnen steht der Mittelfinger in dieser Hinsicht obenan; denn ein geübter Violinspieler kann den der linken Hand in einer Sekunde zehn Mal bewegen.

Wir bewundern solche Kunstfertigkeiten, aber bewundernswerther ist noch die Zungenfertigkeit. Ein Laut der menschlichen Sprache erscheint sehr einfach, aber um ihn hervorzubringen, muß eine ganze Reihe von Muskeln im Kehlkopf, in der Zunge, in den Lippen etc. in Bewegung gesetzt werden. Ein Physiologe hat sich selbst beobachtet und gefunden, daß er einen Hexameter, der aus 45 Buchstaben bestand, deutlich in zwei Sekunden hersagen konnte, und er rechnete heraus, daß, um jeden Buchstaben auszusprechen, das heißt um die jedesmal nothwendige Gruppe von Muskeln in Bewegung zu setzen und diese Bewegung abzuschließen, nur der winzige Zeitraum von 0,044 Sekunden erforderlich war. Es giebt aber noch geübtere Zungen und gelenkigere Sprachwerkzeuge, die einen noch tolleren Muskeltanz in einer einzigen Sekunde hervorzuzaubern vermögen – und diese würden gewiß unerträglich sein, wenn nicht die weise Natur ihrer Leistungsfähigkeit in der Ermüdung eine Grenze gesetzt hätte. *     

Blitzschläge in Gas- und Wasserleitungen. Für die Verhütung der Blitzgefahr ist es von hoher Bedeutung, das Verhalten des Blitzes Gas- und Wasserleitungen gegenüber genauer, als das bisher der Fall war, kennen zu lernen. Da die weitverzweigten Röhrensysteme als Ableiter dienen, so verlaufen die meisten Blitzschläge in dieselben gefahrlos und gelangen darum selten zur öffentlichen Kenntniß. Der „Elektrotechnische Verein“ in Berlin hat nun seiner Zeit einen Unterausschuß für die Untersuchungen über die Blitzgefahr eingesetzt und dieser hält es für sehr wichtig, Beschreibungen von Fällen der oben erwähnten Art zu sammeln. Es wird darum öffentlich ersucht, Mittheilungen über solche Blitzschläge an Prof. Dr. von Bezold, im Königlichen Meteorologischen Institut, Berlin W., Schinkelplatz Nr. 6, zu senden. *     

Desinfektion der Personenwagen. Unsere Leser sind durch den Artikel „Gesundheitspflege und Eisenbahnverkehr“ im vorigen Jahrgang der „Gartenlaube“ (Seite 494) darauf aufmerksam gemacht worden, wie viel in Bezug auf Verhütung von Ansteckung durch die Eisenbahn noch zu thun ist. Ein gutes Beispiel hat die nordamerikanische Pennsylvaniabahn gegeben, indem sie verschiedene sehr beachtenswerthe Vorsichtsmaßregeln angeordnet hat. Es müssen nämlich die Personenwagen wenigstens einmal wöchentlich von Grund aus gereinigt, desinfiziert und der Kehricht daraus muß, soweit möglich, verbrannt werden. Große Vorsicht wird ferner angewendet bei Erneuerung des – in allen amerikanischen Personenzügen vorhandenen – Trinkwassers; es sind Einrichtungen getroffen, um solches vorher zu kochen. Wird ein Fall einer ansteckenden Krankheit festgestellt, so ist der betreffende Wagen sofort auszusetzen und gründlich zu durchräuchern.


Kleiner Briefkasten.
(Anfragen ohne volle Namensangabe werden nicht berücksichtigt.)

M. M. in Innsbruck. Das Wort „Bauer“ kommt nicht vom „bebauen“ des Bodens her, sondern vom eingefriedigten Hof, der althochdeutsch „bûr“ genannt wurde. Diesem Wortstamm entsprechen noch: Nachbar, Vogelbauer, die Ortsnamen auf „beuren“ und „büren“, sowie die „Buren“ in Südafrika. „Bauer“ heißt also Hofbesitzer und ist deshalb ein viel stolzerer und besserer Name als die Bezeichnungen „Oekonom“ oder „Ackerbürger“, welche heutzutage so vielfach umschreibend für den Stand gebraucht werden, der sich seines uralten Namens wahrlich nicht zu schämen hat.

E. K. in Brünn. Der Ausdruck „ein Schnippchen schlagen“ ist der Jägersprache entnommen. Sieht sich ein Rebhühnervolk verfolgt, so pflegen immer einige der Hühner, die zwischen den Schollen Wache halten, die Schwänze unruhig auf- und abzubewegen, sie „wippen“ oder „schnippen“. Will der Jäger zum Schuß kommen, so muß er warten, bis sich die Thiere beruhigt haben; ist er aber zu voreilig, so „schlagen die Hühner ein Schnippchen“ und entkommen.

Allb. in Durlach. Die Brüche in den Bildnissen des Kaiserpaares und den anderen Kunstbeilagen lassen sich am besten durch sorgfältiges Aufziehen der einzelnen Blätter auf Karton beseitigen. Die Arbeit besorgt jeder geschickte Buchbinder oder Bildereinrahmer.

Prietzel. Nicht zu empfehlen. Nur der Arzt kann helfen.

R. G. in Cincinnati. Sie fragen uns, ob die in Halbheft 18 des Jahrgangs 1888 der „Gartenlaube“ gesuchte Geige des berühmten Geigenmachers Tieffenbrucker oder Duiffobruggar inzwischen gefunden worden sei. Leider ist dies bis jetzt nicht gelungen. Elise Polko hat trotz aller ihr zugegangenen Briefe aus aller Herren Ländern sich noch nicht von der Entdeckung der verloren gegangenen fünften Geige Tieffenbruckers überzeugen können. Keine der angegebenen Spuren hat zu einem Ziele geführt. Die verschwundene Geige bleibt nach wie vor eine offene Frage.

Elisabeth. Die Erzählung von Stefanie Keyser „Deutsche Art, treu gewahrt“ ruht in der That auf geschichtlichem Grunde. Zusammenstöße zwischen den Rittern des Palmenordens und den Anhängern des französischen Schäferspiels, wie ein solcher in der Novelle geschildert wird, haben wirklich stattgefunden; die kulturgeschichtlichen Einzelheiten sind Werken jener Zeit entnommen. Doch wurden die Vertreter beider Richtungen aus den Mitgliedern der sich feindlich gegenüberstehenden Gesellschaften frei gewählt, der Schauplatz verlegt.

M. A. R. in Konstantinopel und Förster bei Moskau, Rußland. Wir bitten um Angabe Ihrer genauen Adresse, damit wir Ihnen brieflich antworten können.



Auflösung der Entzifferungsaufgabe auf S. 196: Auflösung des Logogryphs auf S. 196:
Schilderhaus – Schillerhaus.
Auflösung des Hieroglyphenräthsels
auf S. 196:

Die Welt ist lieblich anzuschauen,
Vorzüglich aber schön die Welt der Dichter;
Auf bunten, hellen oder silbergrauen
Gefilden, Tag und Nacht, erglänzen Lichter.
Heut’ ist mir Alles herrlich! Wenn’s nur bliebe!
Ich sehe heut’ durch’s Augenglas der Liebe.


Goethe. (Westöstlicher Divan.)
Auflösung des Kreuzräthsels auf S. 196:
Ueber Vieles kann

Der Mensch zum Herrn sich machen, seinen Sinn
Bezwinget kaum die Noth und lange Zeit.
(Goethe, „Torquato Tasso“ V. 1.)

Auflösung der Domino-Patience auf S. 196:




Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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