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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890)

aller amtlichen Versicherungen immer noch betriebene Geschäft nicht mehr recht gedeihen. Es bleiben noch Tripolis und Marokko, wo der Sklavenhandel sicher so lange fortbestehen wird, als die Eifersucht der Mittelmeerstaaten Europas diesen beiden Ländern die Selbständigkeit wahrt. Auch mit den Ansichten, Sitten und Gebräuchen der mohammedanischen Bewohner des Sudans ist das Bestehen der Sklaverei eng verknüpft. Es läßt sich allerdings nicht leugnen, daß die Behandlung des Sklaven in mohammedanischen Ländern fast immer eine sehr menschliche ist, die Art der Beschaffung der Sklaven aber, wie sie unter dem Einfluß, gegenwärtig zumeist auch unter der Leitung von Mohammedanern betrieben wird, ist, wie schon angedeutet, das gerade Gegentheil von allem, was menschlich genannt werden kann. Und im Sudan ist Europa ohne alle Macht. Wohl war unter europäischem Einfluß Aegypten, so lange ihm die ungeheuren Gebiete zu beiden Ufern des Nils bis an die Quellen dieses Stromes hinan gehörten, durch Gordon, Gessi, Munzinger, Emin und so manchen andern bemüht, dem schmählichen Handel ein Ende zu machen. Hier bildete der Sklavenhandel schon seit alten Zeiten ein Monopol der arabischen Elfenbeinhändler, welche ihre kostbare Ware durch gekaufte Sklaven bis zur Küste bringen ließen und dann Träger und Lasten zugleich verkauften. Ehe Dar Fur von ägyptischen Paschas erobert wurde, ertheilte der dortige Sultan den Händlern förmliche Erlaubnißscheine zum Betrieb der Sklavenjagd in den südlichen Grenzländern seines Gebiets.

Die Gebiete des afrikanischen Sklavenhandels.
Nach Dr. E. Jung.

Seitdem die ägyptische Herrschaft durch die Mahdisten gestürzt wurde, steht Sklavenraub und Sklavenhandel wie zuvor in vollster Blüthe, und es ist sicher, daß gerade die Sklavenhändler es gewesen sind, welche dieser theils religiösen, theils nationalen mahdistischen Bewegung einen starken Antrieb gaben. Würde doch auch durch das Aufhören der Zufuhr von Sklaven die materielle Wohlfahrt der Länder des Sudans in entschiedener Weise bedroht, und sah sich doch Gordon selber veranlaßt, sein letztes Auftreten in Khartum, das ein so unglückliches Ende nahm, mit dem Widerruf aller früher gegen den Sklavenhande1 erlassenen Verbote zu beginnen! Freilich ohne die hereinbrechende Katastrophe aufhalten zu können!

Heute ist das ganze große Gebiet im Süden des Sudans vom Westen bis zum Osten Afrikas ein großes Sklavenjagdgebiet, ebenso die großen, ehemals so dicht bevölkerten, jetzt auf große Strecken fast menschenleeren Landschaften an beiden Ufern des oberen Kongos bis zu den großen Seen Tanganjika und Njassa. Araber sind es, welche bis hierher vorgedrungen sind, ihre Stationen inmitten einer fleißigen und friedliebenden Bevölkerung errichtet haben und mit Hilfe von Pulver und Blei ihre Verwüstungen in das ehedem gesegnete Land tragen konnten.

Nachtigal war Zeuge solcher Sklavenjagden und schildert uns haarsträubende Scenen, die sich bei der Einnahme und Niederbrennung von Negerdörfern, bei dem Kampf mit den hoch in den Wipfeln der Bäume wohnenden Eingeborenen abspielten. Noch entsetzlicher fast sind die Schilderungen, welche der verdiente Livingstone von den Greueln entwirft, die zum Theil unter seinen Augen in dem südlicheren Seengebiet verübt wurden. Stanley fand auf seinen Reisen am Kongo in einem einzigen Lager von Sklavenjägern 2300 gefangene Weiber und Kinder, deren Väter und erwachsene Brüder todt in den niedergebrannten Dörfern zurückgelassen waren. Und dies war die Beute aus einem Bezirk, so groß nur wie Bayern und Württemberg zusammengenommen! In einem

andern Lager war eine noch größere Zahl untergebracht und diese 5000 zum Theil völlig nutzlosen Geschöpfe, von denen vielleicht

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890). Leipzig: Ernst Keil, 1890, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1890)_191.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)