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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890)

Aufenthaltes in Abessinien im Anfange des 17. Jahrhunderts an die Quellen des Blauen Nils gelangte - eine Entdeckung, die von Jerome Lobo, der 1625 bis 1632 Abessinien bereiste, bestätigt wurde. Beider Angaben fanden jedoch nicht den genügenden Glauben, und 1768 bis 1773 unternahm der Schotte James Bruce von Kinnaird eine Reise nach Abessinien, besuchte den Tanasee, dem der Blaue Nil entströmt, und wurde zu dem Nilbrunnen geführt, den er folgendermaßen beschreibt:

„Ich kam an die Raseninsel, welche die Gestalt eines Altars hatte und offenbar ein Werk der Kunst war, und stand voll Entzücken an der stärksten Quelle, die in der Mitte entspringt. Man kann sich nicht denken, was in diesem Augenblicke in meiner Seele vorging; ich stand an der Stelle, welche seit beinahe dreitausend Jahren sich dem Geiste und der Forschung der ausgezeichnetsten Männer entzogen hatte.

Vorläufige Skizze der Nilquellen nach den neuesten Angaben Stanleys.

Könige hatten an der Spitze ihrer Heere diese Entdeckung versucht, aber ihre Versuche unterschieden sich nur von einander durch die größere oder geringere Zahl von Menschen, welche dabei zu Grunde gingen. Reichthum, Ehre und Ruhm waren seit einer Reihe von Jahrhunderten demjenigen geboten, der diese Aufgabe lösen würde, und es fand sich keiner, der die Neugierde der Fürsten zu befriedigen, die Wünsche der Geographen zu erfüllen und diesen Flecken von der Thatkraft der Menschen abzuwischen vermochte. Ich triumphirte hier als ein einfacher britischer Privatmann über Könige und ihre Heere und jede Vergleichung machte mich stolzer."

Zu Ehren Bruces wurde in England eine Medaille geschlagen, auf welcher ein weiblicher Genius die Hülle von dem Haupte des Flußgottes hebt, während die Inschrift lautet: "Niemand war es bis jetzt gelungen , dieses Haupt zu schauen!" Es fanden sich auch Kritiker, welche das Verdienst Bruces nicht anerkennen wollten. Außerdem blieb lange Zeit unentschieden, welcher der beiden Flüsse, der Weiße oder der Blaue Nil, der Hauptarm des Nilstromes sei.

Die Frage kam von neuem in Fluß, als zu Anfang dieses Jahrhunderts die ägyptischen Paschas den Nil entlang auf Eroberungen auszogen. Längs des Stromes wurden türkische Forts errichtet und eines derselben, gerade an dem Zusammenflusse der beiden Nilarme, Chartum, schwang sich schon im Jahre 1830 zu einer Handelsmetropole von Nordostafrika empor. Im Jahre 1838 besuchte Mehemet-Ali seine neugewonnenen Länder. Als er den gewaltigen Weißen Nil erblickte, begann er sich von neuem für die uralte Frage des Caput Nili zu interessiren, und da er hörte, daß die weiterhin nach Süden gelegenen Länder nicht nur an Elfenbein, sondern auch an Gold reich sein sollten, beschloß er, Expeditionen zur Erforschung des Weißen Nils und seiner Nebenländer auszurüsten. Alle diese Unternehmungen erreichten nicht das gesteckte Ziel und kamen über den 4° n. Br. nicht hinaus. Die Nachrichten aber, welche über den ägyptischen Sudan verbreitet wurden, lockten nicht nur Naturforscher, sondern auch Händler dorthin; ein Strom von Elfenbeinhändlern, die später Räuber und Skavenhändler wurden, bemächtigte sich des unglücklichen Landes. Es waren das Leute, mit denen später Gordon und Emin zu kämpfen hatten.

Den Fluß hinauf sollte man jedoch die Nilquellen nicht entdecken; auf einem anderen Wege wurde das uralte Räthsel gelöst.

Deutsche Missionäre, die in englischen Diensten in Mombasa an der Ostküste von Afrika thätig waren, brachten die überraschende Kunde von schneebedeckten Bergen, die sie in Aequatorialafrika entdeckt hatten. Der Kilimandscharo und der Kenia bestätigten die Angaben des Ptolemäus von den Schneebergen an den Quellen des Nils und außerdem

berichteten Krapf, Rebmann und Erhardt, daß sie von arabischen Handelsleuten, die mit dem Innern bekannt wären, Mitteilungen von einem oder mehreren großen Seen erhalten hätten. Erhardt fertigte sogar eine Karte dieser Seen an, die in den Verhandlungen der Königl. Geographischen Gesellschaft zu London 1856 veröffentlicht wurde. Dieser Anregung folgten die Forschungsreisenden Burton und Speke und erblickten und entdeckten am 13. Februar 1858 den Tanganikasee. Während nun Burton nach verschiedenen Fahrten auf dem See, dessen Ende nicht erreicht wurde, auf seinen Lorbeeren ausruhte, unternahm der ihm untergebene Lieutenant Speke auf eigene Faust einen Forschungszug nach Norden. Am 30. Juli 1858 kam er an das Südende eines Sees, welchen die Eingeborenen „Nyansa“, d.h. See, die Araber „Ukerewe“ nannten. Von einem 200 Fuß hohen Standpunkt überblickte er nothdürftig die ungeheure Wasserfläche und war fest überzeugt, daß der See zu seinen Füßen die Geburtsstätte des Nilstromes sei. Er kehrte zu Burton zurück, dieser aber trat seltsamerweise der Meinung seines Untergebenen nicht bei, erklärte vielmehr, daß der See, den Speke Viktoria Nyansa getauft hat, nur aus einer Reihe von Tümpeln und Teichen bestehe, und vertrat diese Ansicht auch nach der Rückkehr nach Europa aufs leidenschaftlichste. Die „Royal Geographical Society“ entsandte infolge dessen Speke zum zweitenmal nach Afrika, und dieser trat in Begleitung Grants die denkwürdige Reise an, auf der er durch die Gebiete, die heute Deutsch-Ostafrika bilden, an den Kitangele, den mächtigsten westlichen Zufluß des Ukerewe, und an diesen selbst gelangte. Er befand sich hier im Gebiete Mtesas, des mächtigen Herrschers von Uganda, an dessen Hofe er allerlei Erlebnisse zu bestehen hatte. Es gelang ihm jedoch, sich den Durchmarsch nach Norden zu erzwingen, und am 21. Juli 1862 stand er endlich am Ufer des Nils und erreichte die Stelle, wo dieser den großen Nyansa bei den Riponfällen verläßt. In seinem Tagebuch schildert Speke den denkwürdigen Augenblick wie folgt. „Wir waren gut belohnt; denn die ‚Steine‘, wie die Waganda die Fälle nennen, waren

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1890). Leipzig: Ernst Keil, 1890, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1890)_017.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)