Seite:Die Gartenlaube (1889) 835.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

(Kin-ta-ro, Schi-Yu-Ten, Ka-ra-fu, Fi-Fi-Tse etc.)! Ob sich unsere Kleinen auch mit denen befreunden werden?

Geschichtenbücher für die Kleinen. Für das zartere Kindesalter den richtigen Ton zu treffen, ist nur wenigen Jugendschriftstellern gelungen und deshalb gerade an Geschichtenbüchern für sie ein empfindlicher Mangel. Herangezogen werden können jedoch: Auch ein Schatzkästlein. 50 Erzählungen, gesammelt von Klara Reichner, mit 4 Buntbildern von P. Wagner (Stuttgart, Gustav Weise). – Vier Erzählungen aus der Kinderwelt von Th. v. Gumpert (Stuttgart, W. Effenberger). – Warm empfehlend verweisen wir auf ein älteres Geschichtenbuch für die Kleinen: Aus der Kinderwelt von Ottilie Wildermuth, illustrirt von Oskar Pletsch, E. Kepler und E. Klimsch (Stuttgart, Gebrüder Kröner).

Märchenbücher. Zu den altbekannten Märchensammlungen hat der Büchermarkt einen Zuwachs gebracht, der hocherfreulich ist: Aus der Jugend für die Jugend. Märchen von Friedrich Polack, illustrirt von E. Rancillio (Wittenberg, H. Herrosé). Ein hochverdienter Jugenderzieher, „dessen Haar grau geworden, aber dessen Herz jung geblieben“, ist hier der Erzähler. Aus enem unerschöpflichen Jungbrunnen holt er seine Stoffe, die ganze goldene, gedanken- und gemüthstiefe, kindlich schlichte Poesie der Märchenwelt tritt uns in seinem Buche entgegen, zaubervoll und bezaubernd. Ein echtes Jugendbuch, schlicht zwar im äußeren Gewande, desto köstlicher aber in seinem Kern!

Vermischte Bücher für Knaben und Mädchen von 9 bis 14 Jahren. Der Jugendgarten. Eine Festgabe für die Jugend. Gegründet von Ottilie Wildermuth. (Stuttgart, Gebrüder Kröner). Zum 14. Male tritt dieses ausgezeichnete Jahrbuch für die reifere Jugend seinen Weg in die deutsche Familie an, reich ausgestattet wie immer und wie in früheren Jahren auf freundliche Aufnahme hoffend. Wer den stattlichen Band durchblättert, wird überrascht sein von der Fülle des Gebotenen. Erzählungen, Plaudereien, Charakterbilder aus der Geschichte, Lebensbilder, Sagen, Gedichte und Räthsel wechseln in bunter Reihenfolge ab; acht farbige und zwölf Tondruckbilder, alle ganzseitig, geben einen ebenso mannigfaltigen als künstlerisch schönen Schmuck. Der „Jugendgarten“ ist ein Schatzkästlein für unsere Knaben und Mädchen, das immer neue Anregung gewährt, so oft der jugendliche Leser auch zu ihm zurückkehren mag, und dessen Werth ein bleibender ist auch für die nachwachsenden Kleinen. – Deutsche Jugend. Herausgegeben von Julius Lohmeyer. Neue Folge. VII. Band. (Ebenda.) Die bereits seit 16 Jahren bestehende Zeitschrift ist so allbekannt und beliebt und so oft von den berufensten Männern und Frauen den Eltern ans Herz gelegt worden, daß eine weitere empfehlende Einführung kaum mehr nothwendig ist. Julius Lohmeyer ist einer der verdientesten Jugenddichter, der wohl weiß, was der Jugend frommt, und wenn seine Zeitschrift als ein „Muster der Jugendlitteratur“ bezeichnet wurde, so ist damit nur eine Anerkennung ausgesprochen, die seit langen Jahren wohlverdient ist. – Goetz von Berlichingen mit der eisernen Hand. Von Jul. Pederzani-Weber. (Leipzig, Ambrosius Abel.) Wie schon der Titel andeutet, ein Kulturbild aus dem 16. Jahrhundert. „Ich will ein Schützer aller Rechtlosen sein,“ hat Goetz schon in seiner Jugend gelobt, und in diesem Sinne führt den tapferen Haudegen das Buch vor. 10 Tonbilder von Eduard Kämpffer gereichen dem Buche nicht nur zum Schmuck, sondern erleichtern auch das Verständniß der unserer heutigen Anschauung fernliegenden Zeit.

Knabenbücher. Die nachstehend aufgeführten Bücher, meistens aus der Länder- und Völkerkunde, sind in erster Reihe für Knaben bestimmt und geeignet, was natürlich nicht ausschließt, daß das eine oder andere auch von Mädchen gelesen werden kann. – Ein afrikanischer Lederstrumpf. Von C. Falkenhorst. II. Band: Der Löwe vom Tanganyika. III. Band: Raubthier-Araber. (Stuttgart, Gebr. Kröner.) Im vorigen Jahre erschien der erste Band des „afrikanischen Lederstrumpfes“ und mit den jetzt vorliegenden Bänden II und III ist derselbe abgeschlossen. Je mehr durch die Ereignisse der letzten Jahre die Aufmerksamkeit auf Innerafrika hingelenkt wurde, in um so höherem Maße wuchs auch das Interesse unserer Jugend an dem „dunkeln Erdtheil“, und der „afrikanische Lederstrumpf“ hat sich die Aufgabe gestellt, diesem Wissensdrang mit anschaulichen Schilderungen entgegenzukommen. Viele Gebiete Innerafrikas sind noch vollständig unerschlossen; was aber annähernd zuverlässig festgestellt werden konnte, hat C. Falkenhorst gewissenhaft für seine lebensvollen Schilderungen herangezogen. – Im Kielwasser des Piraten. Von Friedrich Meister, mit in den Text gedruckten Illustrationen und 8 Vollbildern von A. v. Roeßler. (Leipzig, Ambrosius Abel.) Der Verfasser schildert die Abenteuer zweier Schulkameraden zu Schiff und in den Wildnissen von Süd-Amerika. Die Erzählung ist lebendig und spannend, ebenso die folgende: Bob, der Fallensteller. Eine Erzählung aus dem Westen Nord-Amerikas von Friedrich J. Pajeken, mit Abbildungen von Joh. Gehrts (Leipzig, Ferdinand Hirt und Sohn). – Die Geißel der Südsee. Leben und Thaten eines Freibeuters der Jetztzeit. Von J. H. O. Kern, mit Abbildungen von Joh. Gehrts. (Leipzig, Ferdinand Hirt und Sohn.) Eine fesselnde Schilderung des Lebens jenes entschlossenen Freibeuters James William Hayes oder, wie ihn der Volksmund nannte: Bully Hayes, der ein Vierteljahrhundert hindurch in der Südsee sein verbrecherisches Wesen trieb und trotz der Verfolgung durch die Kreuzer der dort vertretenen Mächte bis zum Jahre 1878 sich behauptete. – In des Königs Rock. Bilder von Richard Knötel, Text von Fedor v. Köppen. (Leipzig, Meißner u. Buch.) Mit Textillustrationen und zahlreichen gut ausgeführten Farbendruckbildern versehene Darstellung des Soldatenlebens vom Eintritt des Rekruten an bis zum Schluß der militärischen Dienstjahre. Das Buch wird überall da Freude erregen, wo Sinn für soldatisches Wesen herrscht.

Mädchenbücher. Gertruds Wanderjahre. Erlebnisse eines deutschen Mädchens im Elsaß, in Spanien, Italien und Frankreich. Von Brigitte Augusti. Mit Abbildungen von Otto Gerlach. (Leipzig, Ferdinand Hirt und Sohn.) Bunte Bilder aus Nähe und Ferne mit besonderer Berücksichtigung des häuslichen und Frauenlebens in den verschiedenen Ländern. Anziehende Schilderungen, für die reifere Mädchenwelt vorzüglich geeignet. – Im Kampfe des Lebens. Eine Geschichte aus dem amerikanischen Leben. Von Brigitte Augusti. (Ebenda.) Freie Uebersetzung der englischen Erzählung „Die Mädchen von Quinnebasset“ von Sophia May, mit Bildern nach englischen Originalen. Die deutsche Jugend ist mit fragwürdigen Uebertragungen vielfach geplagt worden, diese neue Arbeit von B. Augusti aber ist werthvoll.

Schriften für herangewachsene Mädchen. Wir beschränken uns hier auf die Angabe einiger weniger Titel: Als Stütze der Hausfrau. Eine Erzählung von Eva Hartner. (Berlin, F. Fontane.) – Kleine Bilder im engen Rahmen. Märchen von M. vom Walde, illustrirt von E. Giebe. (Leipzig, Georg Wigand.) – Der Trotzkopf. Eine Pensionsgeschichte von Emmy v. Rhoden. 7. Aufl. (Stuttgart, Gustav Weise.) – Unsere Aelteste. Erzählung von E. Biller. (Stuttgart, K. Thienemann.) – Album für Deutschlands Töchter. Lieder und Romanzen. Mit Illustrationen von Kaulbach, Thumann, Grot Johann, Edm. Kanoldt, A. Zick u. a. 11. Auflage. (Leipzig, C. F. Amelangs Verlag.) Dietrich Theden.




Blätter und Blüthen.


Christnacht. (Zu dem Bilde S. 833.) Es giebt kein schöneres Fest als Weihnachten, und selbst das frohe Knospen des heitern Frühlingsfestes Pfingsten muß zurücktreten vor dem Lichterstrahlen der kalten und verschneiten Christnacht. Für ein Kind nun gar bedeutet das Weihnachtsfest den Inbegriff aller Seligkeit. Sein Herz schlägt höher, wenn der Weihnachtsmann genannt wird, und mit den holden Gestalten der Weihnachtsengel belebt sich dem frommen Gemüth des Kindes die ganze in seinem engen Gesichtskreise liegende Welt. Bevor es abends in seinem Bettchen die müden Augen schließt, faltet es die Hände zum Gebete – die Weihnachtsengel sehen es ja und freuen sich darüber; je näher das Christfest heranrückt, um so gehaltener wird das Thun und Denken des Kindes, kommen doch des Abends die Engel und erkundigen sich danach. Haus und Hof und Garten, das weite verschneite Feld, der schneeschwere Wald, der weite Himmelsraum mit seinen funkelnden Lichtern sind belebt mit den strahlenden Gestalten der Engel. Und am Christabend selbst – die Erfüllung des bescheidensten Wunsches ist dem Kinde eine Quelle der Seligkeit und seine Phantasiewelt unerschöpflich in freundlichen, alles verklärenden Bildern.

Und mit dem Auge des Künstlers hat Hermann Vogel, der verständnißvolle Freund der Kinderwelt, so ein bezauberndes Phantasiebild festgehalten; aus ihm heraus strahlt und leuchtet uns die ganze weihevolle Stimmung des Kindergemüthes am Christabend entgegen. An der alten, verfallenen Kapelle im Walde, mit dem die Geburt des Christuskindes darstellenden Fries, führt der Weg der kleinen Wanderer vorüber, die von den Großeltern kommen und reichbeschenkt zurück dem Heim der Eltern zustapfen, neuer Freude entgegen. Da ist selbst die sonst gern gemiedene Stätte des Verfalles vom Zauber der Christnacht verklärt und Engel halten lockend all die Herrlichkeiten, nach denen das Kinderherz Verlangen trägt: den schlichten Hampelmann mit rother Zipfelmütze, den zähnebleckenden Nußknacker, Puppen, goldige Früchte, – und wer weiß, was alles in der geheimnißvollen großen Schachtel sich verbirgt – – o heilige, unergründliche, ewig junge Poesie der unschuldsvollen Kindheit! **

Berliner Weihnachtstage. (Zu dem Bilde S. 824 u. 825.) Es kann beinahe als ein Wunder erscheinen, daß es in unserm immer mehr dem egoistischen Fürsichselbstsorgen zudrängenden Leben einen kurzen Zeitabschnitt giebt, in dem fast ausnahmslos in jeder Brust der Drang emporsteigt, zu geben, zu erfreuen! Ja, es giebt Stunden, in denen die Erwachsenen mit ihren Gefühlen und Empfindungen wieder zu Kindern werden, in denen sie die ruhelos den Tagesansprüchen zugewandten Gedanken abschütteln und ihre „Herzen“ zu ihrem Recht kommen lassen. Das Einfach-Menschliche, das in der Kinderseele seinen Wohnsitz hat, verpflanzt sich noch einmal auf die Erwachsenen; wo im Zusammenleben die Bindemittel zerrissen sind, das Gefühl der Zusammengehörigkeit nur noch dem Namen nach besteht, – in der Weihnachszeit legt sich die lang zurückgezogene Hand in die Hand des Nächsten, Groll, Unfriede weichen sanfteren, versöhnlichen Empfindungen. Was auch das Jahr brachte, und wenn auch noch die letzten vorübergegangenen Tage Gegensätze schufen, der Weihnachtsabend löscht alles aus.

Anders gestalten sich die äußeren Vorbereitungserscheinungen zu dem „Feste des Gebens“ in den kleinen Städten als in den großen, aber die Bewegung der Gemüther ist dieselbe.

An das Schlüsselloch des seit Tagen abgesperrten Zimmers schlüpfen, vorsichtig um sich spähend, die Kinder. Der feine Tannenduft dringt durch die Ritzen der Thür, die unbeschreiblich süße Ahnung des Kommenden steigt ist ihnen auf, das kleine Herz jauchzt und ist voll Ungeduld.

„Wie lange ist’s noch? Warum nicht schon morgen, Mama?“

Mein eigener kleiner Bube rief im vorigen Jahr weinend, im höchsten Zorn, und ich mußte ihn wegen seiner rührenden Einfalt ans Herz ziehen:

„Wenn ich mal groß bin und kleine Kinder habe, sollen sie nicht so lange warten!“

Selige Zeit, in der wir alle noch so genußfähig, so fröhlich, so glücklich waren! – Gleiches vermag nicht mehr in unsere Brust einzuziehen; wir sahen die Welt zu unverhüllt vor uns, in ihr lernten wir unsere Illusionen, das ungetrübte Genießen abstreifen; aber Aehnliches, Verwandtes

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 835. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_835.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)