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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

Von der Deutschen Allgemeinen Ausstellung für Unfallverhütung.

Von C. Falkenhorst.
II. Unfallverhütung im Hause.

Im bürgerlichen Haushalt giebt es keine Maschinen, wenigstens keine gefährlichen; denn die Küchenmaschinen und die Nähmaschine sind harmlos. Verletzungen, wie sie in Fabriken vorkommen, sind hier unmöglich, aber selbst in dem stillsten Hause sind Unfälle nicht ausgeschlossen. Wir haben keine Statistik über diese Art von Verunglückungen, man braucht aber nur die Tageszeitungen daraufhin zu prüfen, um zu sehen, daß ihre Zahl eine überaus große sein muß.

Unter den Ursachen derselben steht der Städtefeind des Mittelalters, das Feuer, obenan. Wir spielen viel zu viel mit dem Feuer. Die preußische Regierung hat eine lehrreiche Statistik der Brände zusammenstellen lassen, deren Ursache ein unvorsichtiges Umgehen mit Streichhölzern war, und diese Statistik ergab, daß alljährlich im Königreich Preußen etwa 1500 Brände infolge dieser Nachlässigkeit entstehen. Solche fahrlässige Brandstifter sind zumeist Kinder, und jedermann weiß es, wie viele derselben den Mangel an Aufsicht und warnender Erziehung mit dem Leben büßen müssen. Man kann die Streichhölzer nicht aus der Welt schaffen; wenn man aber bedenkt, daß ein fahrlässiges Umgehen mit denselben in Deutschland alljährlich mehrere tausend Brände zur Folge hat, so scheint es wohl der Mühe werth, auf Mittel zu sinnen, die einem solchen Uebelstande abhelfen könnten.

Fig. 1   Fig. 2   Fig. 3   Fig. 4
Die Shaftesbury-Lampe.

Seitdem die Petroleumlampen eingeführt sind, hat selbst die dürftigste Stube der Nähterin besseres und billigeres Licht als vorher; aber seit jener Zeit hören wir auch von Explosionen, die nicht nur feuergefährlich sind, sondern auch das Menschenleben in erster Linie bedrohen. Trotz der schmerzhasteften Brandwunden, trotz der zahlreichen Todesfälle gehen die meisten noch viel zu leichtsinnig mit dem Petroleum um, und fast unausrottbar ist in weiten Schichten der Unfug des Feueranzündens vermittelst dieses explodirbaren Stoffes. Gefährlicher noch ist das Benzin, das schon so manches Mädchen, welches billig seine Handschuhe waschen wollte, in jämmerlicher Weise verbrannte.

Fig. 5
Nach innen und außen schlagendes Fenster.

Diese Andeutungen mögen genügen, um uns in Erinnerung zurückzurufen, wie sehr uns das Feuer in unseren vier Wänden bedroht; aber das Feuer ist nicht die alleinige Ursache der Unfälle.

„Gestürzt beim Fensterputzen!“ Auch dies ist eine stehende Rubrik in der Chronik der Unfälle. Man hört von Vergiftungen, die zufällig geschehen sind, weil jemand aus Versehen eine Flasche mit Gift geöffnet und den Inhalt für eine harmlose Flüssigkeit gehalten hat. Wir wollen die Aufzählung nicht fortsetzen. Es sind ja kleine Versehen, die jedermann kennt und mit einiger Umsicht vermeiden kann. Doch dies schmälert keineswegs die Bedeutung derselben, denn kleine Versehen sind in der Regel die Ursachen großer Unfälle, und diese Unfälle im Hause, die ebenso tödlich verlaufen können wie die Unfälle an rasselnden Dampfmaschinen, bedrohen jedermann, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer, reich und arm.

Die Ausstellung für Unfallverhütung ist das Werk der gewerblichen Berufsgenossenschaften und wir finden nur zerstreut hier und dort in derselben einige Gegenstände, welche die Verhütung von Unfällen im Hause betreffen. Wir wollen auf diejenigen, die uns besonders aufgefallen sind oder die wir in der Masse anderer Geräthe gefunden haben, die allgemeine Aufmerksamkeit lenken. Sie werden namentlich diejenigen interessiren, welche keiner Berufsgenossenschaft angehören, vor allem aber unsere Frauen. Zuvörderst wollen wir ihnen eine Sicherheitslampe fürs Haus vorführen, über die wir folgendes erfahren haben:

In dem Schauspiel „Pleasure“, das im Drury-Lane-Theater in London gegeben wird, kommt auch ein – Erdbeben vor. In dieser Scene kracht alles zusammen, und auch ein gedeckter Tisch fällt um. Auf dem Tische aber steht eine brennende Petroleumlampe, die mit dem übrigen Geschirr gleichfalls zu Boden stürzt. Das ist etwas stark, könnte man meinen. Die Gefahr einer Explosion und eines Theaterbrandes liegt dabei so nahe! Und die Polizei duldet so etwas? Nun, es ist eine besonders konstruirte Lampe, die hier angewandt wird, eine Lampe, die sofort erlischt, wenn sie umfällt, und darum nicht explodiren kann. Dabei zählt diese Lampe nicht zu den sogenannten Bühneneffekten, die im praktischen Leben nutz- und werthlos sind; sie ist nicht als Dekoration für ein theatralisches Erdbeben erfunden worden, sondern für den häuslichen Gebrauch bestimmt.

Sie heißt Shaftesbury-Lampe und ihr Erfinder Phillips. Nachdem sie sich in ihrer britischen Heimath bewährt hat, wird sie jetzt auch in Deutschland eingeführt und verdient in der That, daß das große Publikum auf sie aufmerksam gemacht werde.

Fig. 6
Schutzvorrichtung für Schlosser u. s. w.

In Fig. 1 stellen wir die Shaftesbury-Lampe im Durchschnitt unsern Lesern vor. Wir bemerken zunächst, daß an dem Brenner neben dem Dochte eine Metallklappe angebracht ist. Diese Metallklappe ist beweglich und steht mit einer Drahtstange in Verbindung. Deutlicher ist die Anordnung in Fig. 2 zu sehen. Was geschieht nun, wenn wir die Drahtstange nach unten ziehen? Durch den Zug wird die Metallklappe in die Höhe gehoben und nimmt diejenige Stellung über dem Dochte an, die wir in Fig. 3 finden, das heißt, sie bedeckt den Docht und löscht die Flamme aus, da sich gleichzeitig auf der entgegengesetzten Seite ein senkrecht stehendes Blech emporschiebt, das auf unserer Abbildung nur schwach angedeutet werden konnte. Diesen Theil der Lampe nennt man den „Auslöscher“, und der Erfinder hat dafür Sorge getragen, daß dieser im gegebenen Fall von selbst wirkt. Die Stange geht, wie wir in Fig. 1 sehen, mitten durch die Lampe bis zu dem Fuß derselben und ist an ihrem Ende durch eine Kugel beschwert. Der Mechanismus des Auslöschers ist nun so angepaßt, daß, wenn die Lampe auf dem Tische steht, die Kugel auf dem Tische ruht und der Auslöschapparat die in Fig. 2 angedeutete

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 717. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_717.jpg&oldid=- (Version vom 29.3.2020)