Seite:Die Gartenlaube (1889) 646.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

Wasserdämpfe von mindestens 100° C. das sicherste Mittel seien, Gebrauchsgegenstände zu desinfizieren, da sie imstande sind, in verhältnißmäßig kurzer Zeit auch die Keime der meisten mikroskopischen Lebewesen zu zerstören.

In der ersten öffentlichen Desinfektionsanstalt in Berlin.

Der Schimmelsche Apparat wurde inzwischen in mehreren Krankenhäusern eingeführt, und da er sich dort bewährte, so wandte man ihm doppelte Aufmerksamkeit zu. Er bestand siegreich alle Prüfungen und Versuche, die man mit ihm anstellte, und man entschloß sich im Jahre 1886, eine öffentliche Desinfektionsanstalt zu gründen und mit diesem Apparat auszurüsten. Der deutschen Reichshauptstadt gebührt der Ruhm, diese gemeinnützige Neuerung ins Leben gerufen zu haben.

Heute besitzt Berlin bereits zwei derartige Anstalten, die fortwährend von besonders abgesandten Sachverständigen der größten Städte des In- und Auslandes besichtigt werden, und auch in anderen Großstädten findet man dergleichen Einrichtungen. Es ist aber im Interesse der Volkswohlfahrt zu wünschen, daß die Bewegung sich ausbreite und selbst in die kleineren Städte dringe. Gleichzeitig ist auch erforderlich, daß breite Volksschichten mit dem Nutzen der öffentlichen Desinfektionsanstalten vertraut gemacht werden und von ihnen in entsprechender Weise Gebrauch machen.

Wie ist eine solche Anstalt beschaffen wie geht es in derselben zu? Wir wollen versuchen, es in aller Kürze zu schildern.

Zunächst wollen wir den Desinfektionsapparat selbst ins Auge fassen.

Unsere Abbildung S. 645 veranschaulicht uns die Konstruktion der neuesten Form desselben. Wir haben einen cylindrischen eisernen Kasten vor uns. Die Rohre, die in denselben münden oder von ihm aufsteigen, dienen zum Vorwärmen des Apparates, zum Zuführen heißer Dämpfe oder zur Ableitung derselben und zur schließlichen Lüftung. Der Dampfdruck wird durch Ventile geregelt. Im Innern des Kastens, der selbstverständlich in beliebiger Größe hergestellt werden kann, befindet sich ein verschiebbares Wagengestell, auf welches die zu desinfizierenden Gegenstände wie Matratzen, Betten, Wäsche, Kleider etc. gelegt werden. Ist das Wagengestell gefüllt, so wird es auf Schienen in den Apparat hineingeschoben, die Thür luftdicht verschlossen und heißer Dampf unter einem bestimmten Druck etwa eine Viertelstunde lang in den Apparat hineingelassen. Während dieser Zeit wird selbst das dickste Polster der größten Matratzen derartig erhitzt, daß die Temperatur über 100° C. beträgt, und somit ist in dieser Zeit der gesammte Inhalt des Wagengestells aufs gründlichste desinfiziert.

Schematischer Grundriß einer öffentlichen Desinfektionsanstalt.

Außer den cylindrischen Apparaten werden auch viereckige gebaut. Wir sehen sie auf unserer obenstehenden Abbildung wiedergegeben. Im Hintergrunde ist an einem derselben das Wagengestell vorgeschoben und wird gerade gefüllt. Die mit II und III bezeichneten Apparate sind geschlossen, befinden sich in Thätigkeit. Die Abbildung stellt einen der Desinfektionsräume der ersten öffentlichen Desinfektionsanstalt in Berlin dar.

Die Einzelheiten des Bildes werden unseren Lesern sofort klar,

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 646. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_646.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)