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verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

Pflanze einen Tag außerhalb des Topfes stehen. 3) In leichter, lockerer Erde trocknen die Pflanzen mehr aus als in schwerer, müssen deshalb in ersterer mehr und öfter, als in letzterer begossen werden. Unter leichter Erde verstehen die Gärtner die zum größten Theil aus Humus, verwesten organischen Stoffen und viel Sand bestehenden Bodenarten, besonders sogenannte Heideerde, Moorerde und manche Art von Laub- und Holzerde, vorzugsweise Heideerde. Dieselbe nimmt, wenn sie stark ausgetrocknet ist, so schwer Wasser an, daß man stark durchwurzelte Pflanzen stundenlang ins Wasser stellen muß, bis die Erde sich vollgesogen hat, was man an der Schwere des Topfes erkennt. Man kann dabei die ganze Pflanze unter Wasser tauchen, damit der durch die Blätter verlorene Saft ersetzt wird. Unter schwerer Erde versteht man solche, welche größtentheils aus Lehm besteht. Schwere Erde lieben alle Pflanzen mit fleischigen dicken Wurzeln, leichte dagegen die mit feinen Wurzeln.

Das Begießen der Zimmerpflanzen kann jederzeit vorgenommen werden, doch ist es gut, sich eine gewisse Zeit festzustellen. Den Feuchtigkeitszustand erkennt man durch das Ansehen, Befühlen und bei freistehenden Töpfen durch das Gehör, indem trockene Töpfe beim Beklopfen mit dem Finger oder einem Stück Holz heller klingen als nasse. Sieht man bei dem Begießen, daß auf einem Topfe, welcher für trocken gehalten wurde, das Gießwasser nicht einsickert, so muß es sofort wieder abgegossen werden. In wenig geheizten Zimmern, Kellern u. s. w. brauchen im Winter die Pflanzen kaum wöchentlich einmal begossen zu werden.

Höhlenwohnungen bei Langenstein im Harz. Gelegentlich eines recht lohnenden Ausfluges von Halberstadt nach dem 1/2 Stunde entfernten Spiegelberge, welcher jedem Harzreisenden zu empfehlen ist, fand ich in Meyers „Wegweiser durch den Harz“, daß in den nahen Klusbergen uralte, in Felsen gehauene menschliche Wohnungen vorhanden seien. Als ich mich näher danach erkundigte, wurde mir angerathen, nicht nur diese, welche nicht mehr als Wohnungen benutzt werden, sondern auch das 1 Stunde südlich gelegene Dorf Langenstein zu besuchen; dort seien noch jetzt von Menschen bewohnte Höhlen zu sehen.

Die Höhlenwohungen bei Langenstein im Harz. Nach einer Zeichnung von E. Krell.

Höhlenbewohner fast mitten im Herzen unseres hochcivilisirten Deutschen Reiches! Diese merkwürdige Thatsache bestimmte mich, nach genanntem Orte zu pilgern. Und richtig, oberhalb des großen, wohlhabenden Dorfes Langenstein, und zu diesem gehörig, liegen etwa 10 in den Felsen gehauene Wohnungen; das Ganze wird „die Burg“ genannt, und einige 40 Menschen haben darin Unterkunft gefunden.

An der dem Felsen abgetriebenen Frontseite sieht man eine Reihe regelrecht angebrachter Hausthüren und Fenster, fast immer eine Thür und nur ein Fenster zu einer Wohnung gehörig. Die älteste dieser Höhlenwohnungen ist vor 29 Jahren von einem armen jungen Ehepaar, welches in Langenstein kein Unterkommen finden konnte, angelegt und nach und nach erweitert worden, ein recht beachtenswerthes Theil Arbeit, wenn man bedenkt, daß der Mann erst ein bedeutendes Stück Felsen abtreiben mußte, um eine Front zu erhalten. Und zwar mußte er diese Frontfläche sowie die Wohnräume mit einem einfachen Werkzeug, der „Picke“, Stückchen für Stückchen „auspicken“, wie man dort sagt, während der Frau das Wegschaffen der Schuttmassen oblag.

Durch die Eingangsthür der sehr sauber gehaltenen, wenn auch ärmlichen unterirdischen Wohnung gelangt man zunächst auf einen geradeaus führenden Gang (Hausflur), von welchem rechts eine Thüröffnung in die geräumige, mit einem großen Fenster, dem einzigen der Wohnung, und einem Ofen ausgestattete Stube führt. Dieser gegenüber, links vom Gange, befindet sich ein muschelartig ausgehauener Schlafraum, in welchem man sich den Luxus einer Bettstelle erspart und als Unterlage Stroh unmittelbar auf den Felsen gelegt hat. Hinter diesem Schlafraum, links vom Gange, dem Innern des Felsens zu, ist ein großer Vorrathsraum; rechts hinter der Stube die Küche mit Herd und darüber der Schornstein, welcher außen an der Erdoberfläche mit großen Steinen umlagert ist, damit niemand hineinstürzt. Hinter der Küche ist noch ein Schlafraum, und obwohl diese hinteren Räume kein unmittelbares Licht haben, so sind sie doch durch den Schornstein und durch die in der bessern Jahreszeit meist offenstehende Hausthür leidlich erhellt. Die stehen gebliebenen Wände sind natürlicherweise Felsen, und die Stärke der obern Decke bewegt sich je nach der äußern Form des Felsens zwischen 1 und 2 Metern.

Grundriß einer Höhlenwohnung.

Sämmtliche Räume sind vollständig trocken, und da man über der Eingangsthür eine schmale Oeffnung gelassen hat und keiner der Räume noch durch eine besondere Thür abgeschlossen ist, so geht, auch wenn Hausthür und Fenster nicht geöffnet sind, immer ein leichter Luftzug durch die ganze Wohnung und hinten zum Schornstein hinaus.

Die Wohnungen sind im Winter warm, im Sommer kühl und nach den Versicherungen der Bewohner, welche meist recht kräftige, rothbäckige Leute sind, vollständig gesund.

Da nun einige Familien die Front ihres Heims weiß getüncht haben und oben aus den Felsspalten Gras und Wiesenblumen herausschauen, auch theilweise vor den Wohnungen winzige Gärtchen angelegt sind, so ist das Aeußere gar nicht so unfreundlich. Jedenfalls sind diese Höhlenwohnungen bei weitem gesünder als die vielen Kellergeschoßwohnungen, die gemauerten Höhlen unserer Großstädte.

E. Krell.     


Die Sitte des Anstoßens mit Gläsern hat ihren Ursprung unzweifelhaft von dem Gebrauche des Zutrinkens abzuleiten, das hauptsächlich unter der Bedingung erfolgte, daß der Annehmende ebensoviel zu bewältigen hatte, als der Vorgänger mit einem Zuge zu leisten beliebte. Die Sitte des Zutrinkens, die später zur Unsitte auswuchs, ist uralt. Im Propheten Jesaias liest man, daß die Juden beim Leichenschmause sich gegenseitig einen Becher Weins zugetrunken und dabei einander getröstet haben. Die Griechen weihten ihren Trunk dem Preise einer seligen Gottheit, der Verherrlichung des Schönen und Guten, dem Heile der Geliebten. Die Römer erfanden die Galanterie des Namentrinkens, indem sie so viele Becher leerten, als der Name der Geliebten Buchstaben enthielt. Ueber das Zechtalent der alten Franken berichtet der Dichter Benantius Fortunatus, um 530 Bischof zu Poitiers: „Sänger sangen Lieder und spielten die Harfe dazu. Umher saßen Zuhörer bei ahornen Bechern und tranken wie Rasende Gesundheiten um die Wette. Wer nicht mitmachte, ward für einen Thoren gehalten. Man mußte sich glücklich preisen, nach dem Gelage noch zu leben.“ Das Zutrinken ward bei den Deutschen allmählich zum Wetttrinken, so daß Luther nicht unrecht hatte, als er in seiner Auslegung des 101. Psalmes sagte: „Es muß ein jeglich Land seinen eignen Teufel haben – unser deutscher Teufel wird ein guter Weinschlauch sein und muß ‚Sauf‘ heißen.“ Dieser Teufel „Sauf“ war die Veranlassung des Gebotes Karls des Großen, daß kein Graf, der nicht nüchtern sei, zu Gericht sitzen solle, und der an jeden Kaiser vor der Krönung in Rom gerichteten Frage: „Willst du mit Gottes Hilfe dich nüchtern halten?“ Zu Anfang des 16. Jahrhunderts hatte die Unsitte des Zutrinkens so um sich gegriffen, daß im Jahre 1513 Kurfürst Friedrich von Sachsen und sein Bruder Johann von Weimar aus eine Verordnung gegen das Laster des Zutrinkens erließen; andere Fürsten folgten mit ähnlichen Verordnungen, Mäßigkeitsorden wurden gestiftet, und auch die Schriftsteller kämpften gegen diesen Feind. Bei allen größeren Zechgelagen der Vorzeit ist es sehr laut hergegangen, und es bedurfte nur eines Schrittes, um vom Zutrinken zum Anstoßen zu kommen, dessen Töne den allgemeinen Lärm und damit die allgemeine Heiterkeit nur zu erhöhen geeignet waren. Es ist wahrscheinlich, daß das Anstoßen aber erst dann zur allgemeinen Sitte ward, als man

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