Seite:Die Gartenlaube (1888) 709.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

Deutsche Art, treu gewahrt.
Eine Hofgeschichte aus dem 17. Jahrhundert von Stefanie Keyser.

(Fortsetzung.)

Im Residenzhause der Dornburg regte sich früh das Leben. Das Audienzgemach wurde aufgethan. Lakaien stäubten mit langen Binsenwedeln die kostbare Tapezerei ab, welche hinter dem Thronstuhl der Frau Witwe die Wand bedeckte und das sächsische Wappen, den Rautenkranz, darstellte, und rückten den niedrigen Sessel für die junge Herzogin Dorothea neben den Ehrensitz ihrer Mutter. Die Pagen trieben mit einer Räucherpfanne die eingeschlossene Luft hinaus.

Als der Zeiger der Sonnenuhr am Thurm die zehnte Stunde wies, rollte das Hofceremoniell wie ein Uhrwerk ab.

Der Zug der fürstlichen Frauen ging nach dem Audienzgemach. Anna Maria in schwarzem Moorkleid, das blasse Gesicht vom Witwenschleier halb verhüllt, ließ sich auf den Thronstuhl nieder, Dorothea, eine weiße Straußfeder in der Hand, nahm ihren Sessel ein. Wie Automaten reihten sich an der einen Seite des Gemaches Hofmeisterin und Hofjungfrauen, überein gekleidet, als trügen sie eine Livrei, andern der der Schloßhauptmann und ein Hofjunker aneinander.

Die Pagen öffneten die Thür. Auf der Schwelle stand, tief sich neigend, Achatius. Dann glitt er unhörbar vor und verbeugte sich abermals.

„Tretet näher, Herr von Krombsdorff,“ sprach Anna Maria in leisem gnädigen Tone. „Wir sind gewärtig, die Botschaft zu vernehmen, mit welcher unsere lieben Neffen, die Herzöge von Weimar, Euch zu uns gesendet haben.“

Zwei Finger der linken Hand am Degengriff, mit der rechten den federgeschmückten Hut gesenkt haltend, hub Achatius seine Rede an:

„Eurer fürstlichen Gnaden sendet meine gnädige Herrschaft ehrfürchtigen Gruß und läßt kund thun, daß meine gnädigen Herzöge beschlossen haben, in der Mitte des Wonnemondes eine Sitzung der Fruchtbringenden Gesellschaft in Weimar abzuhalten, und die Frau Herzogin Eleonore gedenkt, zur gleichen Zeit die hoch- und wohlgeborenen Damen zu sich zu laden, welche dem Bund der Tugendlichen angehören. Es ist meiner Herrschaft vornehmlichster Wunsch, bei selbiger Occasion Eure fürstlichen Gnaden einmal wieder zu sehen. Zu mehrerer Anfeuerung hat die Frau Herzogin mir dieses Gesellschaftsbrieflein mitgegeben.“ Das Knie beugend, überreichte er dem fürstlichen Fräulein ein von mächtigem Wachssiegel geschlossenes Schreiben.

Dorotheas Augen waren während seiner Rede aufgestrahlt.

Auch über die schwermüthigen Züge der Frau Witwe hatte sich ein Lächeln gebreitet. Voll warmer Anerkennung sprach sie:

„Unsere lieben Vettern von Weimar bleiben immer die ernsten Fürsten, selbst wenn sie gesellige Freuden planen. Sie berufen die Fruchtbringende Gesellschaft, die

Meteorologisches Observatorium auf dem Pic du Midi.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 709. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_709.jpg&oldid=- (Version vom 6.6.2018)