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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

Derselbe ist aus starkem Hanfgewebe hergestellt, hat eine Länge von 20–25 Metern und einen lichten Durchmesser von etwa 80 Centimetern. Am oberen Ende wird der Schlauch mit einer Durchschubstange und mit festen Stricken befestigt. Am unteren Ende befindet sich ein ungefähr zwei Meter langer Schlitz.

Die zu rettende Person wird in diesen Schlauch oben hineingesteckt und gleitet, wie wir dies auf unserem Hauptbilde links sehen, in demselben sicher herab. – Die unten den Schlauch sicher und fest haltende Feuerwehrmannschaft läßt den Schlauch nach, sobald die gerettete Person unten angekommen ist und durch die schlitzartige Oeffnung entsteigen will. Die Rettung ist eine durchaus einfache und sichere.

Wo es sich um Massenrettungen handelt, würden sowohl der Rettungssack, welcher bei Häusern mit vorspringenden Gesimstheilen überhaupt nicht immer mit Sicherheit zur Anwendung gelangen kann, wie auch der Rettungsschlauch nicht mehr genügen. Man kann durch diese Utensilien immer nur eine Person nach der anderen retten, welches zu viel Zeit erfordern würde. In solchen Fällen findet zweckdienlich das Rutschtuch Anwendung, wie wir dies rechtsseitig aus unserem Bilde im Gebrauche sehen.

Im Schlafsaal der Feuerwehr.

Dasselbe bildet seit mehr als 20 Jahren ein Specialgeräth der freiwilligen Feuerwehr in Reichenberg und ist in einer großen Zahl von Feuerwehren anderer Städte in Gebrauch. – Es ist ein treffliches Hilfsmittel für größere Orte und Städte mit hohen Häusern, Theatern etc., wo viele Menschen im Brandfalle in möglichst schneller Weise gerettet werden sollen. Ist das Tuch befestigt, so wird eine zu rettende Person nach der anderen auf dasselbe gesetzt, auf welchem sie ohne Gefahr und eigenes Hinzuthun herabgleitet. Beim Anblick der Höhe ängstlichwerdende und sich gegen die Feuerwehrmannschaft oben beim Aufsetzen sträubende Personen werden zwangsweise darauf geworfen, und auch in solchem Falle ist es möglich, die zu rettenden Personen ohne jede Beschädigung herunterzuschaffen.

Als ich mit dem Rutschtuch zum ersten Male an meinem Hauptfeuerwehrdepôt übte, kam gerade die Schuljugend aus der Schule. Nicht lange sah diese unseren Rettungsübungen zu, als sich erst einer, dann noch einer, schließlich eine ganze Schar von Kindern an mich mit der Bitte wandte, auch einmal „herunterrutschen“ zu dürfen. Mit Vergnügen erlaubte ich dies und ließ die Kinder auf der Treppe hinaufgehen und dann vom dritten Stock aus, erst auf dem Arme eines Feuerwehrmannes, dann zugleich neben einem Feuerwehrmann und schließlich allein in das Rutschtuch springen und heruntergleiten. Die Freude war groß und durch solche Uebung habe ich erreicht, daß man hier bei Jung und Alt Vertrauen zu solchen Rettungen durch uns gewonnen hat. In einer der nächsten Nummern werden wir weiteres über die Organisation der Feuerwehren und über Selbstrettungen aus den verschiedenen Feuersgefahren berichten, um unseren Lesern zu veranschaulichen, wie auch der Laie in Feuersgefahr durch entsprechendes Vorgehen sein und seiner Mitmenschen Leben zu retten vermag.




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Die Alpenfee.
Roman von E. Werner.
(Fortsetzung.)

Wolfgang sah bei der kategorischen Erklärung seines Schwiegervaters finster zu Boden; er überlegte die Folgen des Entweder – oder; ja freilich, er war ein guter Rechner gewesen, er wußte ganz genau, daß ihm mit seiner Braut Millionen verloren gingen, der Reichthum, die glänzende Zukunft, für die er alles eingesetzt, um derentwillen er sein Glück verkauft hatte. Jetzt kam der Moment, wo er noch etwas anderes verkaufen sollte, und plötzlich stand jene Stunde am Wolkenstein wieder vor ihm, in der mondbeglänzten Mittsommernacht, wo ihm dieser Moment mit ahnungsvoller Warnung verkündet wurde. Jetzt ist der Preis die Freiheit, einst wird es die Ehre sein!

Nordheim deutete dies Schweigen in seiner Weise; er legte dem jungen Chefingenieur die Hand auf die Schultern und sagte in bedeutend gemildertem Tone:

„Sei vernünftig, Wolfgang! Wir verlieren beide bei einer Trennung und ich wünsche sie am wenigsten, aber ich kann und muß von meinem Schwiegersohn verlangen, daß er Hand in Hand mit mir gehe und mein Interesse zu dem seinigen mache. Du giebst Deine Unterschrift und ich übernehme die Verantwortlichkeit für alles andere. Dann wollen wir beide diese Stunde vergessen und den Gewinn theilen, der auch Dich zum reichen unabhängigen Manne macht.“

„Um den Preis meiner Ehre!“ brach Wolfgang in leidenschaftlicher Empörung aus. „Nein, beim Himmel, so weit soll es denn doch nicht kommen! Ich hätte es freilich längst wissen können, wohin Deine Grundsätze, Deine Geschäftspraxis führen, denn Du hast Dir wenig Zwang auferlegt, seit Alice meine Braut ist; aber ich wollte nichts sehen und wissen, weil ich Thor genug war, mir einzubilden, daß ich trotz alledem meinen eigenen Weg gehen, meinem eigenen Willen folgen könne. Jetzt sehe ich, daß es keinen Halt mehr giebt auf der abschüssigen Bahn, daß, wer sich Dir verbündet, seine Ehre nicht rein bewahren kann. Ich bin ehrgeizig und rücksichtslos gewesen – ja, ich habe gerechnet bei unserer geplanten Verbindung, wie Du es thatest, und habe ihr schon mehr Opfer gebracht, als ich vor meinem Gewissen verantworten kann, aber zum Betrüger will ich denn doch nicht herabsinken. Wenn Du mir zumuthest, ein Schurke zu werden, um Deines Reichthums willen; wenn die Zukunft, die ich mir

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 695. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_695.jpg&oldid=- (Version vom 17.1.2018)