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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

angemachten Kartoffeln und rühre das Ganze leicht um. Hierauf bedeckt man dasselbe mit runden Trüffelscheiben ‚wie mit einem Doktorhut‘. Die Trüffeln werden in Champagner gekocht. Der Salat muß zwei Stunden vor dem Diner fertig sein, damit er gehörig abgekühlt aufgetragen werde. Die Salatschüssel darf nicht in Eis gestellt werden, denn die Komposition ist sehr empfindlich und alle ihre Arome müssen sich in Ruhe verbinden.“

Das ist die Vorschrift, nach welcher der französische „Akademiker“ den japanischen Salat hergestellt wissen will! Der Salat soll außerordentlich wohlschmeckend, eine wahre Gourmandise sein. Leider hat Dumas, der sich den Anschein eines sachkundigen Küchengenies giebt, vergessen, das Rezept durch jene Angaben zu vervollständigen, welche für das Wohl und Wehe des Salats ausschlaggebend sind: die Quantitäten, und es liegt auf der Hand, daß dieses Rezept die Ausbeutung der sensationellen Erfindung noch nicht ermöglicht; auch dürfte jede Köchin allgemeine Angaben wie „man thue kleingehackte Krauter hinzu“ nur belächeln, denn man müßte doch erfahren, welche Kräuter gemeint sind.

Nun hat man in Berlin mehrfach versucht, den Francillon-Salat zuzubereiten; doch es wollte nicht gelingen. Merkwürdiger ist die Thatsache der bedauerlichen Abhängigkeit von Pariser Anregungen: man guckt den Franzosen ab, wie sie sich räuspern und wie sie spucken, und läuft dem jüngern Dumas in die Küche nach, und nicht bloß in die dramatische, wo er manchen schwerverdaulichen Salat hergerichtet hat.






Das Brennen der Epileptischen. In der humoristischen Novelle „Amicitia“, welche die „Gartenlaube" vor kurzem gebracht hat, klagt einer der Schuljungen, daß ihn seine Kameraden „per Brennglas verwundet haben.“ Dieser Tertianerstreich bringt uns eine Verwendung des Brennglases zu Heilzwecken in Erinnerung, welche wenig bekannt ist und einen großen Theil unserer Leser interessiren dürfte.

Das Brennen mit glühendem Eisen war seit uralten Zeiten in der Medizin eingebürgert und auch heute wird die galvanokaustische (durch den elektrischen Strom glühend gemachte) Schlinge bei einer großen Reihe chirurgischer Operationen mit Vortheil angewandt. Die humane Richtung der neueren Medizin hat das Feuer als Heilmittel längst aller Schrecken entkleidet, in früheren Zeilen aber wurde mit dem Brenneisen mancher Mißbrauch getrieben, und als eine solche Verirrung muß auch das Brennen der Nervenkranken, namentlich der Epileptischen bezeichnet werden. Nur in den seltensten Fällen wurde dieses Mittel richtig und mit Erfolg angewandt, wie z. B. von dem berühmten Arzt H. Boerhave. Dieser beseitigte bekanntlich eine unter den Kindern einer Armenanstalt in Harlem überhand nehmende, durch psychische Ansteckung verbreitete Epilepsie dadurch, daß er Gluthpfannen und Brenneisen ins Zimmer setzen ließ und den Kindern mit der Anwendung des Glüheisens drohte.

Mitunter wurde in Deutschland das Brenneisen durch das Brillen- oder Brennglas ersetzt. Wir verdanken diese Nachricht Dr. M. Höfler in Tölz, der sie in seinem verdienstlichen Werke „Volksmedizin und Aberglaube in Oberbayerns Gegenwart und Vergangenheit“ mittheilt. Durch eine Urkunde aus dem Jahre 1452 wird den Mönchen von Tegernsee die Anwendung des „Brillglases“ zum Brennen der Epileptischen gestattet, wobei den Kranken eingeschärft werden sollte, daß die Heilung nicht durch ein Wunder, sondern die „natürliche Eigenschaft“ des Brillglases erfolge.

Es ist möglich, daß die Mönche von Tegernsee mit diesem neuen Mittel Heilerfolge erzielten, aber die Einschränkung der Urkunde giebt uns den Fingerzeig, welche Kraft hier als eine heilende zu betrachten ist. Die Kinder der Armenanstalt in Harlem wurden ohne Zweifel infolge des Schreckens gesund und die Patienten von Tegernsee durch ihren Glauben geheilt.

„Vielleicht,“ fügt Dr. Höfler hinzu, „hatte auch das Tragen und Beschauen des glänzenden Beryllsteines eine hypnotisirende, die epileptischen Anfälle hindernde Wirkung.“






Maß und Gewicht für New-Yorker Polizisten. Die New-Yorker Polizei gehört zu den bestbezahlten in den großen Hauptstädten. Früher lag sie sehr im Argen und war in hohem Maße bestechlich und politischen Umtrieben zugänglich. Seit dem Jahre 1851 ist sie neu organisirt worden und steht unter vier vom Stadtoberhaupt gewählten Kommissären, welche die Oberaufsicht führen. Außerdem giebt es einen Oberinspektor mit einem Gehalte von 30 000 Franken, vier Inspektoren mit je 17 500 Franken, während die Patrol-men, das Gros der Polizisten, in drei Klassen zerfallen, die zwischen 5000 bis 6000 Franken Gehalt beziehen. Der Gesammtbestand der Polizei beträgt 3216 Beamte; das Budget der Stadt ist dadurch mit einer Ausgabe von 22 Millionen Franken belastet.

Die Beamten dieser jetzt durchweg tüchtigen Polizei brauchen nicht Nachweise einer besondern Bildung zu liefern, nur eine leserliche Handschrift wird verlangt; aber auf Rechtschaffenheit und auf Körperstärke wird gesehen. Wer in ihre Reihen einrücken, ihrer hohen Besoldung theilhaft werden will, der muß die Berechtigung dazu sich von dem Zollstock und der Wage holen; es ist als Bedingung vorgeschrieben eine Größe von 1 Meter 72 Centimetern, mindestens 87 Centimeter Brustweite, ein Körpergewicht von 62½ Kilo. Unseres Wissens ist die New-Yorker Polizei die einzige, welche ihre Beamten mit solcher Genauigkeit mißt und wägt.

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Schach-Aufgabe Nr. 8.
Von F. Dubbe in Rostock.

Weiß zieht an und setzt mit dem vierten Zuge matt.

Auflösung der Schach-Aufgabe Nr. 7 auf S. 356:
Weiß:   Schwarz:
1. D h 5 – h 8 K d 5 – c 4:
2. D h 8 – c 8 † beliebig.
3. D oder L setzt matt.

Varianten: a) 1. . . . S : D, 2. E 3 † etc. – b) 1. . . . b 5 : S, 2. E 4 † etc. – c) 1. . . . T : L, 2. S e 3 † etc. Es sind zwei Drohungen vorhanden: 2. D d 8 † oder 2. S e 3 † etc. – Die Ueberdeckung des Feldes e 4, bedingt durch 1. . . . S : L, schädigt etwas, namentlich mit Bezug auf das Sekondespiel (1. . . . . S : D), die schön angelegte Aufgabe. Der Verfasser hat übrigens den Grundgedanken schon in verschiedenen Ausarbeitungen dargestellt, wie unseren Schachfreunden nicht entgangen sein dürfte.

Auflösung der Damespiel-Aufgabe auf S. 408:
1. e 1 – d 2   1. d H 6 – c 1 †
2. a 1 – b 2 2. D c 1 – a 3 †
3. c 5 – b 6 3. D a 3 – e 7 †
4. e 5 – f 6 4. D e 7 – g 5 †
5. h 4 – h 8 † † und gewinnt.
4. . . . 4 D g 7 – e 5 †, 5 d 4 – d 8 † † D und gewinnt.





Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)




Fr. Fr. Sch. in Koburg. Es ist selbstverständlich nur ein Druckfehler, der in einem Theil der Auflage der Nr. 19 unseres Blattes in dem Artikel über „Friedrich Rückerts Gedenktag“ unbemerkt blieb, wo statt „Sein Denkmal in Schweinfurt etc.“ – in „Neuses“ steht. Das Denkmal in Neuses, die in dreifacher Lebensgröße ausgeführte Marmorbüste des Meininger Bildhauers Müller nach dem Originalgipsmodell Ernst Conrads in Hildburghausen, ist schon am 28. Oktober 1869 festlich enthüllt worden. Eine Abbildung desselben, zugleich mit der des Rückertschen Wohnhauses in Neuses, brachte die „Gartenlaube“ im Jahrgang 1874, Nr. 20, S. 326 und 327. Eine erfolgreiche Würdigung widmete unser Blatt dem Dichter zum 16. Mai 1863; der Artikel „Deutschlands Barde und Brahmane“ (S. 85) mit Rückerts Bildniß nach Karl Barths Zeichnung, gab die Anregung zu der großen Feier seines fünfundsiebzigsten Geburtstages, für die er seinen poetischen „Dank an die Glückwünschenden etc.“ in der „Gartenlaube“ (S. 385) und zugleich in einem Gedicht „An Friedrich Hofmann“, den Verfasser jenes Artikels, aussprach. Letzterer führte, nach des Dichters Tode (am 31. Januar 1866), unsere Leser noch einmal „in Rückerts Haus“, indem er in einen Artikel (Jahrg. 1866, S. 105) seinen „letzten Gang zum Alten“ und in einem andern (S. 261) „Die letzten Tage des Alten in Neuses“ schilderte. Das beigefügte Porträt von dem allzu früh gestorbenen Maler Hohnbaum, einem Liebling Rückerts, stellt den Dichter in seinem letzten Lebensjahr, auf seinem Arbeitsplatze die „Gartenlaube“ lesend, dar. – Das nächste Jahr wird uns die Gelegenheit geben, auch der Denkmalfeier in der Vaterstadt des Dichters uns würdig anzuschließen.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 428. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_428.jpg&oldid=- (Version vom 11.8.2018)