Seite:Die Gartenlaube (1888) 164.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

Wie volksthümlich sind einzelne seiner Lieder geworden, z. B.:

„In einem kühlen Grunde,
Da geht ein Mühlenrad.“

In allen diesen Liedern ist bald etwas Anheimelndes, bald spricht sich in ihnen die Sehnsucht aus nach der duftigen Ferne! Wie gern verträumt der Dichter die Nacht im stillen Wald; dann lockt’s ihn wieder, vom Söller herabzulauschen in den Grund,

„Wo die vielen Bäche gehen
Wunderbar im Mondenschein.“

Doch wie die mondhelle Nacht feiert der Dichter auch den Abend, der rosige Flocken streut, und die früheste Morgenstunde, wo er auf hohem Berg nach dem ersten Strahle schaut, kühle Schauer in tiefster Brust. Dies innige Naturgefühl, dem er einen so weichen schwärmerischen Ausdruck zu geben weiß, das Leise, Hingehauchte des dichterischen Wortes giebt Eichendorff die eigenartige, hervorragende Stellung unter unseren lyrischen Dichtern.

Frische Wanderlust und verweilendes Behagen, auch in lyrische Stimmung getaucht, sind charakteristisch für seine reizende Idylle „Aus dem Leben eines Taugenichts“, deren Held, ein harmloser Müßiggänger von kindlicher Unschuld, in allerlei schalkhaft beleuchtete Verwickelungen geräth. In dem Roman „Dichter und ihre Gesellen“ versammelt Eichendorff eine Gemeinde künstlerischer Müßiggänger und führt sie in bunte Liebesabenteuer; doch sind die Gestalten in seinen Romanen, auch in „Ahnung und Gegenwart“, blaß und verträumt. Auch für seine großen Dichtungen „Julian“ und „Robert und Guiskard“ ist seine Beleuchtungsart träumerisch, sind seine Helden zu schattenhaft gezeichnet.

Eichendorff lebt in seinen Liedern fort; was er sonst gedacht und gewollt, ist zum Theil durch engherzige konfessionelle Anschauungen getrübt; wir aber feiern an seinem Ehrentage den Sänger, der uns einen Strauß unverwelklicher Liederblüthen geboten hat und der dabei von dem Berufe des Dichters eine so hohe Meinung hatte:

„Der Ehre sei er recht zum Horte,
Der Schande leucht’ er ins Gesicht!
Viel Wunderkraft liegt in dem Worte,
Das hell aus reinem Herzen bricht!“

†     

Das erste deutsche überseeische Unternehmen. Gebührt heute den beiden norddeutschen Städten Hamburg und Bremen naturgemäß die führende Rolle in den überseeischen Unternehmungen, so ist die erste überseeische Unternehmung Deutscher nachweislich von einer süddeutschen Reichsstadt, Augsburg, gemacht worden.

Den süddeutschen Handelsstädten warf der über Italien gehende Levantehandel schon lange nicht mehr genug ab. Ihre großen Handelshäuser verfolgten daher von Anfang an die überseeischen Unternehmungen der Spanier und Portugiesen mit gespanntester Aufmerksamkeit, und Anton Welser, der Chef der Welser-Kompagnie, sowie der berühmte Gelehrte Dr. Konrad Peutinger sammelten gewissenhaft alle Nachrichten über jene Fahrten, welche die Kommis der Kompagnie besonders im Süden erhalten konnten. Die Kompagnie errichtete darauf in Lissabon eine Faktorei, und in den entscheidenden Jahren stand einer ihrer thatkräftigsten und fähigsten Vertreter an deren Spitze in der Person des Lukas Rem.

Erst Ende 1502 nach der Hauptstadt Portugals geschickt, schloß derselbe bereits 1504 mit dem Könige von Portugal einen Vertrag ab, wonach die Welser-Kompagnie gegen die Verpflichtung, 40% vom Reingewinn abzugeben und in Indien die Spezereien nur vom Statthalter des Königs zu entnehmen, die Erlaubniß erhielt, gegen sofortige Barzahlung aus der königlichen Flotille drei Schiffe für 21 000 Cruzados (nach dem wirklichen, nicht dem Nennwerthe, etwa 120 000 Reichsmark) zu kaufen und sich mit diesen auf eigene Rechnung an der nächsten Indiafahrt zu betheiligen. Jene Erlaubniß wurde denn ausgenutzt und die Indiafahrt, an der auch die drei von der Kompagnie gecharterten Schiffe theilnehmen sollten, stand nahe bevor, als unter dem 5. Januar 1505 Peutinger triumphirend an den kaiserlichen Sekretarius Blasius Hölzl schrieb: „Meines Schwagers Brief wollt Ihr auch abfertigen, weil die Schiffe von Portugal bald nach Indien fahren werden und es für uns Augsburger ein groß Lob ist, als für die ersten Deutschen, die India besuchen. Und königlicher Majestät zu Ehren hab ich in die Briefe gesetzt, daß er als der erste römische König dies entsende, wie denn solches nie zuvor von einem römischen Könige geschehen ist. Ich möchte auch wohl leiden, daß in den Briefen stünde, daß der Anwalt des Königs von Portugal in Indien den indischen Königen im Auftrage Seiner königlichen Majestät anzeigte, die Deutschen seien königlicher Majestät zugehörig.“

Am 25. März 1505 gingen denn die drei Schiffe der Kompagnie mit der Flotille des ersten Vicekönigs von Indien, Francesco d’ Almeida, in See, und zwei davon kehrten bereits am 22. März, das dritte im November 1506 zurück; das Geschäft aber war trotz der bedeutenden Auslagen ein so glänzendes, daß sich das Anlagekapital mit 150% verzinste.

Wie die beiden an der Fahrt theilnehmenden Kommis der Kompagnie berichten, hatte die Flotille mehrere Städte erobert und dabei eine Beute von mindestens 22 000 Cruzados gemacht; den Antheil an dieser aber, den die Kompagnie für ihre drei am Kampfe betheiligten Schiffe erwartete, wollte man ihr vorenthalten und Rem sah sich gezwungen, in dieser Angelegenheit einen langen Prozeß gegen die Krone zu führen. Er erschien oft bei Hofe, und da er beim König selbst sehr beliebt war, wurde der Prozeß auch endlich zu Gunsten der Kompagnie entschieden

Welcher Unterschied zwischen damals und heut! Heute brauchen deutsche Kaufleute nicht persönlich fremde Höfe um Berechtigungen anzuliegen und Uebervortheilungen zu fürchten; heute schafft Ihnen eine überall geachtete und rastlos für ihre Unterthanen wirkende, starke kaiserlich deutsche Regierung Handelsberechtigungen und ihr gutes Recht; heute segeln von selbst Seiner Majestät Schiffe durch alle Meere und legen durch den Mund ihrer Kanonen ein von allen verstandenes Zeugniß ab von des jetzigen Reiches Machtfülle.


Eisenbahnbrücke über den Kanal zwischen Frankreich und England. Nachdem die Ausführung eines unterseeischen Tunnels zwischen Frankreich und England, besonders in Folge der militärischerseits erhobenen Bedenken in unabsehbare Ferne gerückt ist, hat der bereits vor mehreren Jahren aufgetauchte Plan einer Ueberbrückung des Kanals zwischen Frankreich und England neuerdings durch Bildung eines Ausführungsausschusses greifbarere Gestalt angenommen. Die Eisenbahnbrücke soll unweit vom Kap Gris-Nez beginnen und nach Folkestone führen; sie würde 35 Kilometer lang werden und auf 70 mit Leuchtthürmen versehenen Pfeilern ruhen. Vier Schienengeleise sollen in einer Höhe von 56 Metern über dem Meeresspiegel die direkte Eisenbahnverbindung zwischen England und dem Festlande herstellen, und die Kosten dieses Riesenwerks, an dessen Ausführbarkeit die damit vertrauten Techniker nicht zweifeln, sind auf eine Milliarde Franken veranschlagt worden.


Eine kostbare Perle. Die Kenntniß der Diamanten ist sehr alt; noch früher als diese aber kannte man die Perlen. Die größte und schönste Perle befindet sich im spanischen Kronschatz und ist unter dem Namen „der Pilgrim“ berühmt. Ein Kaufmann soll sie in Persien für die Summe von hunderttausend Kronen erworben haben, um sie dem Könige Philipp V. von Spanien zum Kauf anzubieten. Erstaunt über den geforderten ungeheuren Preis fragte der König, wie er das Wagniß habe auf sich nehmen können, ein ganzes Vermögen für einen so kleinen Gegenstand auszugeben, aber der Kaufmann erwiderte, er habe gewußt, daß es einen König von Spanien gebe. Dieser Ausspruch schmeichelte dem König und er ließ dem Besitzer der Perle den geforderten hohen Preis sofort auszahlen.


Schach-Aufgabe Nr. 4.
Von Dr. Fritz Hofmann in München.

WEISS

Weiß zieht an und setzt mit dem dritten Zuge matt.


Auflösung der Schach-Aufgabe Nr. 3 auf S. 100:
Weiß: Schwarz: Weiß: Schwarz:
1. S c 2 — e 3 K e 5 — d 4 1. . . . . d 6 — d 5
2. D g 6 — g 3 (K d 4 — c 3:) 2. S eg 4 † K e 5 — f 4 (d 4)
3. S e 3 — c 2 aufged. † matt. 3. S c 3 — e 2 matt.
Varianten. a) 1 . . . T c 2. S e 2 etc. — b) 1. . . . . T c 7 (K f 4), 2. S e d 5 (†) etc. — c)1. . . L e 7 2. D e 4 † etc. — d) 1. . . . . beliebig anders. 2. S e 2 oder 2. S e d 5 etc. — Einfach und leicht, interessiert das Problem durch die Mannigfaltigkeit der Wendungen — die gute Konstruktion läßt es reizvoll erscheinen.




Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)



G. H. in Paris. Die gewünschten Angaben finden Sie in dem Artikel „Berühmte Weinfässer“ (Jahrg. 1885, S. 686 der „Gartenlaube“).

R. S. in Mainz. Ueber die Frau des französischen Präsidenten Sadi Carnot ist im Ganzen noch wenig berichtet worden: nur die eine Thatsache steht fest, daß sie eine der belesensten Frauen Frankreichs ist und große Kenntnisse in neueren Sprachen besitzt.

P. K. in Stralsund. Die skandinavische Geschichte kennt außer dem mit dem Prinzen Oskar von Schweden verlobte Fräulein Ebba von Munck noch ein Fräulein Christine von Munck, welches mit einem König von Dänemark, Christian IV., verehelicht war. Nach dem Tode der ersten Gemahlin wurde sie ihm am 31. Dezember 1615 morganatisch angetraut und erhielt den Titel einer Gräfin von Schleswig-Holstein; im Jahre 1630 wurde sie indeß von ihm wieder geschieden; ihr Geist und Charakter wird gerühmt.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_164.jpg&oldid=- (Version vom 6.6.2018)